Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

thaler, das Tellertuch von Rolands Knappen,
ein Galgenmännlein zu beliebigem Preis; doch,
das wird wohl nichts für Sie sein: besser, For-
tunati Wünschhütlein, neu und haltbar wieder
restaurirt; auch ein Glücksseckel, wie der seine
gewesen." -- "Fortunati Glücksseckel," fiel ich ihm
in die Rede, und wie groß meine Angst auch war,
hatte er mit dem einen Wort meinen ganzen Sinn
gefangen. Ich bekam einen Schwindel, und es
flimmerte mir wie doppelte Dukaten vor den Au-
gen. --

"Belieben gnädigst der Herr diesen Seckel zu
besichtigen und zu erproben." Er steckte die Hand
in die Tasche und zog einen mäßig großen, fest-
genähten Beutel, von starkem Korduanleder, an
zwei tüchtigen ledernen Schnüren heraus und
händigte mir selbigen ein. Ich griff hinein, und
zog zehn Goldstücke daraus, und wieder zehn,
und wieder zehn, und wieder zehn; ich hielt ihm
schnell die Hand hin: "Topp! der Handel gilt,
für den Beutel haben Sie meinen Schatten."
Er schlug ein, kniete dann ungesäumt vor mir
nieder, und mit einer bewundernswürdigen Ge-
schicklichkeit sah ich ihn meinen Schatten, vom

thaler, das Tellertuch von Rolands Knappen,
ein Galgenmännlein zu beliebigem Preis; doch,
das wird wohl nichts für Sie ſein: beſſer, For-
tunati Wünſchhütlein, neu und haltbar wieder
reſtaurirt; auch ein Glücksſeckel, wie der ſeine
geweſen.» — «Fortunati Glücksſeckel,» fiel ich ihm
in die Rede, und wie groß meine Angſt auch war,
hatte er mit dem einen Wort meinen ganzen Sinn
gefangen. Ich bekam einen Schwindel, und es
flimmerte mir wie doppelte Dukaten vor den Au-
gen. —

«Belieben gnädigſt der Herr dieſen Seckel zu
beſichtigen und zu erproben.» Er ſteckte die Hand
in die Taſche und zog einen mäßig großen, feſt-
genähten Beutel, von ſtarkem Korduanleder, an
zwei tüchtigen ledernen Schnüren heraus und
händigte mir ſelbigen ein. Ich griff hinein, und
zog zehn Goldſtücke daraus, und wieder zehn,
und wieder zehn, und wieder zehn; ich hielt ihm
ſchnell die Hand hin: «Topp! der Handel gilt,
für den Beutel haben Sie meinen Schatten.»
Er ſchlug ein, kniete dann ungeſäumt vor mir
nieder, und mit einer bewundernswürdigen Ge-
ſchicklichkeit ſah ich ihn meinen Schatten, vom

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0039" n="31"/>
thaler, das Tellertuch von Rolands Knappen,<lb/>
ein Galgenmännlein zu beliebigem Preis; doch,<lb/>
das wird wohl nichts für Sie &#x017F;ein: be&#x017F;&#x017F;er, For-<lb/>
tunati Wün&#x017F;chhütlein, neu und haltbar wieder<lb/>
re&#x017F;taurirt; auch ein Glücks&#x017F;eckel, wie der &#x017F;eine<lb/>
gewe&#x017F;en.» &#x2014; «Fortunati Glücks&#x017F;eckel,» fiel ich ihm<lb/>
in die Rede, und wie groß meine Ang&#x017F;t auch war,<lb/>
hatte er mit dem einen Wort meinen ganzen Sinn<lb/>
gefangen. Ich bekam einen Schwindel, und es<lb/>
flimmerte mir wie doppelte Dukaten vor den Au-<lb/>
gen. &#x2014;</p><lb/>
        <p>«Belieben gnädig&#x017F;t der Herr die&#x017F;en Seckel zu<lb/>
be&#x017F;ichtigen und zu erproben.» Er &#x017F;teckte die Hand<lb/>
in die Ta&#x017F;che und zog einen mäßig großen, fe&#x017F;t-<lb/>
genähten Beutel, von &#x017F;tarkem Korduanleder, an<lb/>
zwei tüchtigen ledernen Schnüren heraus und<lb/>
händigte mir &#x017F;elbigen ein. Ich griff hinein, und<lb/>
zog zehn Gold&#x017F;tücke daraus, und wieder zehn,<lb/>
und wieder zehn, und wieder zehn; ich hielt ihm<lb/>
&#x017F;chnell die Hand hin: «Topp! der Handel gilt,<lb/>
für den Beutel haben Sie meinen Schatten.»<lb/>
Er &#x017F;chlug ein, kniete dann unge&#x017F;äumt vor mir<lb/>
nieder, und mit einer bewundernswürdigen Ge-<lb/>
&#x017F;chicklichkeit &#x017F;ah ich ihn meinen Schatten, vom<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0039] thaler, das Tellertuch von Rolands Knappen, ein Galgenmännlein zu beliebigem Preis; doch, das wird wohl nichts für Sie ſein: beſſer, For- tunati Wünſchhütlein, neu und haltbar wieder reſtaurirt; auch ein Glücksſeckel, wie der ſeine geweſen.» — «Fortunati Glücksſeckel,» fiel ich ihm in die Rede, und wie groß meine Angſt auch war, hatte er mit dem einen Wort meinen ganzen Sinn gefangen. Ich bekam einen Schwindel, und es flimmerte mir wie doppelte Dukaten vor den Au- gen. — «Belieben gnädigſt der Herr dieſen Seckel zu beſichtigen und zu erproben.» Er ſteckte die Hand in die Taſche und zog einen mäßig großen, feſt- genähten Beutel, von ſtarkem Korduanleder, an zwei tüchtigen ledernen Schnüren heraus und händigte mir ſelbigen ein. Ich griff hinein, und zog zehn Goldſtücke daraus, und wieder zehn, und wieder zehn, und wieder zehn; ich hielt ihm ſchnell die Hand hin: «Topp! der Handel gilt, für den Beutel haben Sie meinen Schatten.» Er ſchlug ein, kniete dann ungeſäumt vor mir nieder, und mit einer bewundernswürdigen Ge- ſchicklichkeit ſah ich ihn meinen Schatten, vom

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/39
Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/39>, abgerufen am 28.03.2024.