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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835.

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vorhatte, zu erfüllen. Ich schaute nicht hinter
mich zurück, und dachte auch nicht daran, an
Bendel, den ich reich zurückgelassen hatte, mich
zu wenden, welches ich allerdings gekonnt hätte.
Ich sah mich an auf den neuen Charakter, den
ich in der Welt bekleiden sollte: Mein Anzug
war sehr bescheiden. Ich hatte eine alte schwarze
Kurtka an, die ich schon in Berlin getragen,
und die mir, ich weiß nicht wie, zu dieser Reise
erst wieder in die Hand gekommen war. Ich
hatte sonst eine Reisemütze auf dem Kopf und
ein Paar alte Stiefeln an den Füßen. Ich er-
hob mich, schnitt mir an selbiger Stelle einen
Knotenstock zum Andenken, und trat sogleich
meine Wanderung an.

Ich begegnete im Wald einem alten Bauer,
der mich freundlich begrüßte, und mit dem ich
mich in Gespräch einließ. Ich erkundigte mich,
wie ein wißbegieriger Reisender, erst nach dem
Wege, dann nach der Gegend und deren Be-
wohner, den Erzeugnissen des Gebirges und der-
lei mehr. Er antwortete verständig und red-
selig auf meine Fragen. Wir kamen an das
Bette eines Bergstromes, der über einen wei-

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vorhatte, zu erfüllen. Ich ſchaute nicht hinter
mich zurück, und dachte auch nicht daran, an
Bendel, den ich reich zurückgelaſſen hatte, mich
zu wenden, welches ich allerdings gekonnt hätte.
Ich ſah mich an auf den neuen Charakter, den
ich in der Welt bekleiden ſollte: Mein Anzug
war ſehr beſcheiden. Ich hatte eine alte ſchwarze
Kurtka an, die ich ſchon in Berlin getragen,
und die mir, ich weiß nicht wie, zu dieſer Reiſe
erſt wieder in die Hand gekommen war. Ich
hatte ſonſt eine Reiſemütze auf dem Kopf und
ein Paar alte Stiefeln an den Füßen. Ich er-
hob mich, ſchnitt mir an ſelbiger Stelle einen
Knotenſtock zum Andenken, und trat ſogleich
meine Wanderung an.

Ich begegnete im Wald einem alten Bauer,
der mich freundlich begrüßte, und mit dem ich
mich in Geſpräch einließ. Ich erkundigte mich,
wie ein wißbegieriger Reiſender, erſt nach dem
Wege, dann nach der Gegend und deren Be-
wohner, den Erzeugniſſen des Gebirges und der-
lei mehr. Er antwortete verſtändig und red-
ſelig auf meine Fragen. Wir kamen an das
Bette eines Bergſtromes, der über einen wei-

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[121/0139] vorhatte, zu erfüllen. Ich ſchaute nicht hinter mich zurück, und dachte auch nicht daran, an Bendel, den ich reich zurückgelaſſen hatte, mich zu wenden, welches ich allerdings gekonnt hätte. Ich ſah mich an auf den neuen Charakter, den ich in der Welt bekleiden ſollte: Mein Anzug war ſehr beſcheiden. Ich hatte eine alte ſchwarze Kurtka an, die ich ſchon in Berlin getragen, und die mir, ich weiß nicht wie, zu dieſer Reiſe erſt wieder in die Hand gekommen war. Ich hatte ſonſt eine Reiſemütze auf dem Kopf und ein Paar alte Stiefeln an den Füßen. Ich er- hob mich, ſchnitt mir an ſelbiger Stelle einen Knotenſtock zum Andenken, und trat ſogleich meine Wanderung an. Ich begegnete im Wald einem alten Bauer, der mich freundlich begrüßte, und mit dem ich mich in Geſpräch einließ. Ich erkundigte mich, wie ein wißbegieriger Reiſender, erſt nach dem Wege, dann nach der Gegend und deren Be- wohner, den Erzeugniſſen des Gebirges und der- lei mehr. Er antwortete verſtändig und red- ſelig auf meine Fragen. Wir kamen an das Bette eines Bergſtromes, der über einen wei- 8 *

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/139>, abgerufen am 29.03.2024.