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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835.

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nen mich nicht leiden; auch das begreife ich wohl,
und verarge es Ihnen weiter nicht. Wir müs-
sen scheiden, das ist klar, und auch Sie fangen
an, mir sehr langweilig vorzukommen. Um sich
also meiner ferneren beschämenden Gegenwart
völlig zu entziehen, rathe ich es Ihnen noch
einmal: Kaufen Sie mir das Ding ab." -- Ich
hielt ihm den Seckel hin: "Um den Preis" --
"Nein!" -- Ich seufzte schwer auf und nahm
wieder das Wort: "Auch also. Ich dringe dar-
auf, mein Herr, laßt uns scheiden, vertreten
Sie mir länger nicht den Weg auf einer Welt,
die hoffentlich geräumig genug ist für uns beide."
Er lächelte und erwiederte: "Ich gehe, mein
Herr, zuvor aber will ich Sie unterrichten, wie
Sie mir klingeln können, wenn Sie je Verlan-
gen nach Ihrem unterthänigsten Knecht tragen
sollten: Sie brauchen nur Ihren Seckel zu
schütteln, daß die ewigen Goldstücke darinnen
rasseln, der Ton zieht mich augenblicklich an.
Ein Jeder denkt auf seinen Vortheil in dieser
Welt; Sie sehen, daß ich auf Ihren zugleich
bedacht bin, denn ich eröffne Ihnen offenbar
eine neue Kraft. -- O dieser Seckel! -- Und
hätten gleich die Motten Ihren Schatten schon

nen mich nicht leiden; auch das begreife ich wohl,
und verarge es Ihnen weiter nicht. Wir müſ-
ſen ſcheiden, das iſt klar, und auch Sie fangen
an, mir ſehr langweilig vorzukommen. Um ſich
alſo meiner ferneren beſchämenden Gegenwart
völlig zu entziehen, rathe ich es Ihnen noch
einmal: Kaufen Sie mir das Ding ab.» — Ich
hielt ihm den Seckel hin: «Um den Preis» —
«Nein!» — Ich ſeufzte ſchwer auf und nahm
wieder das Wort: «Auch alſo. Ich dringe dar-
auf, mein Herr, laßt uns ſcheiden, vertreten
Sie mir länger nicht den Weg auf einer Welt,
die hoffentlich geräumig genug iſt für uns beide.»
Er lächelte und erwiederte: «Ich gehe, mein
Herr, zuvor aber will ich Sie unterrichten, wie
Sie mir klingeln können, wenn Sie je Verlan-
gen nach Ihrem unterthänigſten Knecht tragen
ſollten: Sie brauchen nur Ihren Seckel zu
ſchütteln, daß die ewigen Goldſtücke darinnen
raſſeln, der Ton zieht mich augenblicklich an.
Ein Jeder denkt auf ſeinen Vortheil in dieſer
Welt; Sie ſehen, daß ich auf Ihren zugleich
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[116/0132] nen mich nicht leiden; auch das begreife ich wohl, und verarge es Ihnen weiter nicht. Wir müſ- ſen ſcheiden, das iſt klar, und auch Sie fangen an, mir ſehr langweilig vorzukommen. Um ſich alſo meiner ferneren beſchämenden Gegenwart völlig zu entziehen, rathe ich es Ihnen noch einmal: Kaufen Sie mir das Ding ab.» — Ich hielt ihm den Seckel hin: «Um den Preis» — «Nein!» — Ich ſeufzte ſchwer auf und nahm wieder das Wort: «Auch alſo. Ich dringe dar- auf, mein Herr, laßt uns ſcheiden, vertreten Sie mir länger nicht den Weg auf einer Welt, die hoffentlich geräumig genug iſt für uns beide.» Er lächelte und erwiederte: «Ich gehe, mein Herr, zuvor aber will ich Sie unterrichten, wie Sie mir klingeln können, wenn Sie je Verlan- gen nach Ihrem unterthänigſten Knecht tragen ſollten: Sie brauchen nur Ihren Seckel zu ſchütteln, daß die ewigen Goldſtücke darinnen raſſeln, der Ton zieht mich augenblicklich an. Ein Jeder denkt auf ſeinen Vortheil in dieſer Welt; Sie ſehen, daß ich auf Ihren zugleich bedacht bin, denn ich eröffne Ihnen offenbar eine neue Kraft. — O dieſer Seckel! — Und hätten gleich die Motten Ihren Schatten ſchon

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/132>, abgerufen am 29.03.2024.