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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835.

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ten fest, und Sie kommen mir nicht los. Ein
reicher Mann, wie Sie, braucht einmal einen
Schatten, das ist nicht anders, Sie sind nur
darin zu tadeln, daß Sie es nicht früher einge-
sehen haben." --

Ich setzte meine Reise auf derselben Straße
fort; es fanden sich bei mir alle Bequemlichkei-
ten des Lebens und selbst ihre Pracht wieder
ein; ich konnte mich frei und leicht bewegen, da
ich einen, obgleich nur erborgten, Schatten be-
saß, und ich flößte überall die Ehrfurcht ein,
die der Reichthum gebietet; aber ich hatte den
Tod im Herzen. Mein wundersamer Begleiter,
der sich selbst für den unwürdigen Diener des
reichsten Mannes in der Welt ausgab, war von
einer außerordentlichen Dienstfertigkeit, über die
Maßen gewandt und geschickt, der wahre In-
begriff eines Kammerdieners für einen reichen
Mann, aber er wich nicht von meiner Seite,
und führte unaufhörlich das Wort gegen mich,
stets die größte Zuversicht an den Tag legend,
daß ich endlich, sei es auch nur, um ihn los zu
werden, den Handel mit dem Schatten abschlies-
sen würde. -- Er war mir eben so lästig als

ten feſt, und Sie kommen mir nicht los. Ein
reicher Mann, wie Sie, braucht einmal einen
Schatten, das iſt nicht anders, Sie ſind nur
darin zu tadeln, daß Sie es nicht früher einge-
ſehen haben.» —

Ich ſetzte meine Reiſe auf derſelben Straße
fort; es fanden ſich bei mir alle Bequemlichkei-
ten des Lebens und ſelbſt ihre Pracht wieder
ein; ich konnte mich frei und leicht bewegen, da
ich einen, obgleich nur erborgten, Schatten be-
ſaß, und ich flößte überall die Ehrfurcht ein,
die der Reichthum gebietet; aber ich hatte den
Tod im Herzen. Mein wunderſamer Begleiter,
der ſich ſelbſt für den unwürdigen Diener des
reichſten Mannes in der Welt ausgab, war von
einer außerordentlichen Dienſtfertigkeit, über die
Maßen gewandt und geſchickt, der wahre In-
begriff eines Kammerdieners für einen reichen
Mann, aber er wich nicht von meiner Seite,
und führte unaufhörlich das Wort gegen mich,
ſtets die größte Zuverſicht an den Tag legend,
daß ich endlich, ſei es auch nur, um ihn los zu
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[112/0128] ten feſt, und Sie kommen mir nicht los. Ein reicher Mann, wie Sie, braucht einmal einen Schatten, das iſt nicht anders, Sie ſind nur darin zu tadeln, daß Sie es nicht früher einge- ſehen haben.» — Ich ſetzte meine Reiſe auf derſelben Straße fort; es fanden ſich bei mir alle Bequemlichkei- ten des Lebens und ſelbſt ihre Pracht wieder ein; ich konnte mich frei und leicht bewegen, da ich einen, obgleich nur erborgten, Schatten be- ſaß, und ich flößte überall die Ehrfurcht ein, die der Reichthum gebietet; aber ich hatte den Tod im Herzen. Mein wunderſamer Begleiter, der ſich ſelbſt für den unwürdigen Diener des reichſten Mannes in der Welt ausgab, war von einer außerordentlichen Dienſtfertigkeit, über die Maßen gewandt und geſchickt, der wahre In- begriff eines Kammerdieners für einen reichen Mann, aber er wich nicht von meiner Seite, und führte unaufhörlich das Wort gegen mich, ſtets die größte Zuverſicht an den Tag legend, daß ich endlich, ſei es auch nur, um ihn los zu werden, den Handel mit dem Schatten abſchlieſ- ſen würde. — Er war mir eben ſo läſtig als

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/128>, abgerufen am 28.03.2024.