blos, wie Sie denken. Oder hab' ich Ihnen etwa irgend wann den Daumen auf die Gurgel gedrückt, um Ihre wertheste Seele, zu der ich einmal Lust habe, an mich zu bringen! Hab' ich von wegen meines ausgetauschten Säckels einen Diener auf Sie losgelassen, hab' ich Ih- nen damit durchzugehen versucht?" Ich hatte dagegen nichts zu erwiedern; er fuhr fort: "Schon recht, mein Herr, schon recht! Sie kön- nen mich nicht leiden; auch das begreife ich wohl, und verarge es Ihnen weiter nicht. Wir müssen scheiden, das ist klar, und auch Sie fan- gen an, mir sehr langweilig vorzukommen. Um sich also meiner ferneren beschämenden Gegen- wart völlig zu entziehen, rathe ich es Ihnen noch einmal: Kaufen Sie mir das Ding ab." -- Ich hielt ihm den Säckel hin. "Um den Preis" -- "Nein!" -- Ich seufzte schwer auf und nahm wieder das Wort: "Auch also. Ich dringe darauf, mein Herr, laßt uns scheiden, vertreten Sie mir länger nicht den Weg auf einer Welt, die hoffentlich geräumig genug ist für uns beide." Er lächelte und erwiederte: "Ich gehe, mein Herr, zuvor aber will ich Sie unterrichten, wie
blos, wie Sie denken. Oder hab’ ich Ihnen etwa irgend wann den Daumen auf die Gurgel gedrückt, um Ihre wertheſte Seele, zu der ich einmal Luſt habe, an mich zu bringen! Hab’ ich von wegen meines ausgetauſchten Säckels einen Diener auf Sie losgelaſſen, hab’ ich Ih- nen damit durchzugehen verſucht?„ Ich hatte dagegen nichts zu erwiedern; er fuhr fort: „Schon recht, mein Herr, ſchon recht! Sie kön- nen mich nicht leiden; auch das begreife ich wohl, und verarge es Ihnen weiter nicht. Wir müſſen ſcheiden, das iſt klar, und auch Sie fan- gen an, mir ſehr langweilig vorzukommen. Um ſich alſo meiner ferneren beſchämenden Gegen- wart völlig zu entziehen, rathe ich es Ihnen noch einmal: Kaufen Sie mir das Ding ab.„ — Ich hielt ihm den Säckel hin. “Um den Preis„ — “Nein!„ — Ich ſeufzte ſchwer auf und nahm wieder das Wort: “Auch alſo. Ich dringe darauf, mein Herr, laßt uns ſcheiden, vertreten Sie mir länger nicht den Weg auf einer Welt, die hoffentlich geräumig genug iſt für uns beide.„ Er lächelte und erwiederte: “Ich gehe, mein Herr, zuvor aber will ich Sie unterrichten, wie
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blos, wie Sie denken. Oder hab’ ich Ihnen
etwa irgend wann den Daumen auf die Gurgel
gedrückt, um Ihre wertheſte Seele, zu der ich
einmal Luſt habe, an mich zu bringen! Hab’
ich von wegen meines ausgetauſchten Säckels
einen Diener auf Sie losgelaſſen, hab’ ich Ih-
nen damit durchzugehen verſucht?„ Ich hatte
dagegen nichts zu erwiedern; er fuhr fort:
„Schon recht, mein Herr, ſchon recht! Sie kön-
nen mich nicht leiden; auch das begreife ich
wohl, und verarge es Ihnen weiter nicht. Wir
müſſen ſcheiden, das iſt klar, und auch Sie fan-
gen an, mir ſehr langweilig vorzukommen. Um
ſich alſo meiner ferneren beſchämenden Gegen-
wart völlig zu entziehen, rathe ich es Ihnen
noch einmal: Kaufen Sie mir das Ding ab.„ —
Ich hielt ihm den Säckel hin. “Um den Preis„ —
“Nein!„ — Ich ſeufzte ſchwer auf und nahm
wieder das Wort: “Auch alſo. Ich dringe
darauf, mein Herr, laßt uns ſcheiden, vertreten
Sie mir länger nicht den Weg auf einer Welt,
die hoffentlich geräumig genug iſt für uns beide.„
Er lächelte und erwiederte: “Ich gehe, mein
Herr, zuvor aber will ich Sie unterrichten, wie
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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2754/128>, abgerufen am 16.02.2025.
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