auch seinen Schatten mit, und noch so viele an- dere, als er mit zu nehmen Lust hat. Sehen Sie, heute führ' ich wieder ihrer zwei." -- Er lachte wieder. "Merken Sie Sich's, Schle- mihl, was man anfangs mit Gutem nicht will, daß muß man am Ende doch gezwungen. Ich dächte noch, Sie kauften mir das Ding ab, neh- men die Braut zurück, (denn noch ist es Zeit) und wir ließen den Rascal am Galgen bau- meln, das wird uns ein Leichtes, so lange es am Stricke nicht fehlt. -- Hören Sie, ich gebe Ih- nen noch meine Mütze in den Kauf."
Die Mutter trat heraus und das Gespräch begann. -- "Was macht Mina?" -- "Sie weint." -- "Einfältiges Kind! es ist doch nicht zu ändern!" -- "Freilich nicht; aber sie so früh einem Andern zu geben -- -- O Mann, Du bist grausam gegen Dein eigenes Kind." -- "Nein, Mutter, das siehst Du sehr falsch. Wenn sie, noch bevor sie ihre doch kindischen Thränen ausge- weint hat, sich als die Frau eines sehr reichen und geehrten Mannes findet, wird sie getröstet aus ihrem Schmerze wie aus einem Traum er-
auch ſeinen Schatten mit, und noch ſo viele an- dere, als er mit zu nehmen Luſt hat. Sehen Sie, heute führ’ ich wieder ihrer zwei.„ — Er lachte wieder. “Merken Sie Sich’s, Schle- mihl, was man anfangs mit Gutem nicht will, daß muß man am Ende doch gezwungen. Ich dächte noch, Sie kauften mir das Ding ab, neh- men die Braut zurück, (denn noch iſt es Zeit) und wir ließen den Rascal am Galgen bau- meln, das wird uns ein Leichtes, ſo lange es am Stricke nicht fehlt. — Hören Sie, ich gebe Ih- nen noch meine Mütze in den Kauf.„
Die Mutter trat heraus und das Geſpräch begann. — “Was macht Mina?„ — “Sie weint.„ — “Einfältiges Kind! es iſt doch nicht zu ändern!„ — “Freilich nicht; aber ſie ſo früh einem Andern zu geben — — O Mann, Du biſt grauſam gegen Dein eigenes Kind.„ — “Nein, Mutter, das ſiehſt Du ſehr falſch. Wenn ſie, noch bevor ſie ihre doch kindiſchen Thränen ausge- weint hat, ſich als die Frau eines ſehr reichen und geehrten Mannes findet, wird ſie getröſtet aus ihrem Schmerze wie aus einem Traum er-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0106"n="78"/>
auch ſeinen Schatten mit, und noch ſo viele an-<lb/>
dere, als er mit zu nehmen Luſt hat. Sehen<lb/>
Sie, heute führ’ ich wieder ihrer zwei.„— Er<lb/>
lachte wieder. “Merken Sie Sich’s, <hirendition="#g">Schle-<lb/>
mihl</hi>, was man anfangs mit Gutem nicht will,<lb/>
daß muß man am Ende doch gezwungen. Ich<lb/>
dächte noch, Sie kauften mir das Ding ab, neh-<lb/>
men die Braut zurück, (denn noch iſt es Zeit)<lb/>
und wir ließen den <hirendition="#g">Rascal</hi> am Galgen bau-<lb/>
meln, das wird uns ein Leichtes, ſo lange es am<lb/>
Stricke nicht fehlt. — Hören Sie, ich gebe Ih-<lb/>
nen noch meine Mütze in den Kauf.„</p><lb/><p>Die Mutter trat heraus und das Geſpräch<lb/>
begann. —“Was macht <hirendition="#g">Mina?</hi>„—“Sie<lb/>
weint.„—“Einfältiges Kind! es iſt doch nicht<lb/>
zu ändern!„—“Freilich nicht; aber ſie ſo früh<lb/>
einem Andern zu geben —— O Mann, Du biſt<lb/>
grauſam gegen Dein eigenes Kind.„—“Nein,<lb/>
Mutter, das ſiehſt Du ſehr falſch. Wenn ſie,<lb/>
noch bevor ſie ihre doch kindiſchen Thränen ausge-<lb/>
weint hat, ſich als die Frau eines ſehr reichen<lb/>
und geehrten Mannes findet, wird ſie getröſtet<lb/>
aus ihrem Schmerze wie aus einem Traum er-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[78/0106]
auch ſeinen Schatten mit, und noch ſo viele an-
dere, als er mit zu nehmen Luſt hat. Sehen
Sie, heute führ’ ich wieder ihrer zwei.„ — Er
lachte wieder. “Merken Sie Sich’s, Schle-
mihl, was man anfangs mit Gutem nicht will,
daß muß man am Ende doch gezwungen. Ich
dächte noch, Sie kauften mir das Ding ab, neh-
men die Braut zurück, (denn noch iſt es Zeit)
und wir ließen den Rascal am Galgen bau-
meln, das wird uns ein Leichtes, ſo lange es am
Stricke nicht fehlt. — Hören Sie, ich gebe Ih-
nen noch meine Mütze in den Kauf.„
Die Mutter trat heraus und das Geſpräch
begann. — “Was macht Mina?„ — “Sie
weint.„ — “Einfältiges Kind! es iſt doch nicht
zu ändern!„ — “Freilich nicht; aber ſie ſo früh
einem Andern zu geben — — O Mann, Du biſt
grauſam gegen Dein eigenes Kind.„ — “Nein,
Mutter, das ſiehſt Du ſehr falſch. Wenn ſie,
noch bevor ſie ihre doch kindiſchen Thränen ausge-
weint hat, ſich als die Frau eines ſehr reichen
und geehrten Mannes findet, wird ſie getröſtet
aus ihrem Schmerze wie aus einem Traum er-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2754/106>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.