Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.

Bild:
<< vorherige Seite

nichts gegessen. Ich stieß von mir mit Unwillen und
Ueberdruß dieses Gold, an dem ich kurz vorher mein thörich-
tes Herz gesättiget; nun wußt' ich verdrießlich nicht, was
ich damit anfangen sollte. Es durfte nicht so liegen
bleiben -- ich versuchte, ob es der Beutel wieder verschlingen
wollte -- Nein. Keines meiner Fenster öffnete sich über
die See. Ich mußte mich bequemen, es mühsam und
mit sauerm Schweiß zu einem großen Schrank, der in
einem Kabinet stand, zu schleppen, und es darin zu verpacken.
Ich ließ nur einige Handvoll da liegen. Nachdem ich mit
der Arbeit fertig geworden, legt' ich mich erschöpft in einen
Lehnstuhl, und erwartete, daß sich Leute im Hause zu
regen anfingen. Ich ließ, sobald es möglich war, zu essen
bringen und den Wirth zu mir kommen.

Ich besprach mit diesem Manne die künftige Einrich-
tung meines Hauses. Er empfahl mir für den näheren
Dienst um meine Person einen gewissen Bendel, dessen
treue und verständige Physiognomie mich gleich gewann.
Derselbe war's, dessen Anhänglichkeit mich seither tröstend
durch das Elend des Lebens begleitete und mir mein
düstres Loos ertragen half. Ich brachte den ganzen Tag
auf meinen Zimmern mit herrenlosen Knechten, Schustern,
Schneidern und Kaufleuten zu, ich richtete mich ein, und
kaufte besonders sehr viele Kostbarkeiten und Edelsteine,
um nur Etwas des vielen aufgespeicherten Goldes los zu
werden; es schien mir aber gar nicht, als könne der Haufen
sich vermindern.

Ich schwebte indeß über meinen Zustand in den

nichts gegeſſen. Ich ſtieß von mir mit Unwillen und
Ueberdruß dieſes Gold, an dem ich kurz vorher mein thoͤrich-
tes Herz geſaͤttiget; nun wußt’ ich verdrießlich nicht, was
ich damit anfangen ſollte. Es durfte nicht ſo liegen
bleiben — ich verſuchte, ob es der Beutel wieder verſchlingen
wollte — Nein. Keines meiner Fenſter oͤffnete ſich uͤber
die See. Ich mußte mich bequemen, es muͤhſam und
mit ſauerm Schweiß zu einem großen Schrank, der in
einem Kabinet ſtand, zu ſchleppen, und es darin zu verpacken.
Ich ließ nur einige Handvoll da liegen. Nachdem ich mit
der Arbeit fertig geworden, legt’ ich mich erſchoͤpft in einen
Lehnſtuhl, und erwartete, daß ſich Leute im Hauſe zu
regen anfingen. Ich ließ, ſobald es moͤglich war, zu eſſen
bringen und den Wirth zu mir kommen.

Ich beſprach mit dieſem Manne die kuͤnftige Einrich-
tung meines Hauſes. Er empfahl mir fuͤr den naͤheren
Dienſt um meine Perſon einen gewiſſen Bendel, deſſen
treue und verſtaͤndige Phyſiognomie mich gleich gewann.
Derſelbe war’s, deſſen Anhaͤnglichkeit mich ſeither troͤſtend
durch das Elend des Lebens begleitete und mir mein
duͤſtres Loos ertragen half. Ich brachte den ganzen Tag
auf meinen Zimmern mit herrenloſen Knechten, Schuſtern,
Schneidern und Kaufleuten zu, ich richtete mich ein, und
kaufte beſonders ſehr viele Koſtbarkeiten und Edelſteine,
um nur Etwas des vielen aufgeſpeicherten Goldes los zu
werden; es ſchien mir aber gar nicht, als koͤnne der Haufen
ſich vermindern.

Ich ſchwebte indeß uͤber meinen Zuſtand in den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <p><pb facs="#f0036" n="250"/>
nichts gege&#x017F;&#x017F;en. Ich &#x017F;tieß von mir mit Unwillen und<lb/>
Ueberdruß die&#x017F;es Gold, an dem ich kurz vorher mein tho&#x0364;rich-<lb/>
tes Herz ge&#x017F;a&#x0364;ttiget; nun wußt&#x2019; ich verdrießlich nicht, was<lb/>
ich damit anfangen &#x017F;ollte. Es durfte nicht &#x017F;o liegen<lb/>
bleiben &#x2014; ich ver&#x017F;uchte, ob es der Beutel wieder ver&#x017F;chlingen<lb/>
wollte &#x2014; Nein. Keines meiner Fen&#x017F;ter o&#x0364;ffnete &#x017F;ich u&#x0364;ber<lb/>
die See. Ich mußte mich bequemen, es mu&#x0364;h&#x017F;am und<lb/>
mit &#x017F;auerm Schweiß zu einem großen Schrank, der in<lb/>
einem Kabinet &#x017F;tand, zu &#x017F;chleppen, und es darin zu verpacken.<lb/>
Ich ließ nur einige Handvoll da liegen. Nachdem ich mit<lb/>
der Arbeit fertig geworden, legt&#x2019; ich mich er&#x017F;cho&#x0364;pft in einen<lb/>
Lehn&#x017F;tuhl, und erwartete, daß &#x017F;ich Leute im Hau&#x017F;e zu<lb/>
regen anfingen. Ich ließ, &#x017F;obald es mo&#x0364;glich war, zu e&#x017F;&#x017F;en<lb/>
bringen und den Wirth zu mir kommen.</p><lb/>
          <p>Ich be&#x017F;prach mit die&#x017F;em Manne die ku&#x0364;nftige Einrich-<lb/>
tung meines Hau&#x017F;es. Er empfahl mir fu&#x0364;r den na&#x0364;heren<lb/>
Dien&#x017F;t um meine Per&#x017F;on einen gewi&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#g">Bendel</hi>, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
treue und ver&#x017F;ta&#x0364;ndige Phy&#x017F;iognomie mich gleich gewann.<lb/>
Der&#x017F;elbe war&#x2019;s, de&#x017F;&#x017F;en Anha&#x0364;nglichkeit mich &#x017F;either tro&#x0364;&#x017F;tend<lb/>
durch das Elend des Lebens begleitete und mir mein<lb/>
du&#x0364;&#x017F;tres Loos ertragen half. Ich brachte den ganzen Tag<lb/>
auf meinen Zimmern mit herrenlo&#x017F;en Knechten, Schu&#x017F;tern,<lb/>
Schneidern und Kaufleuten zu, ich richtete mich ein, und<lb/>
kaufte be&#x017F;onders &#x017F;ehr viele Ko&#x017F;tbarkeiten und Edel&#x017F;teine,<lb/>
um nur Etwas des vielen aufge&#x017F;peicherten Goldes los zu<lb/>
werden; es &#x017F;chien mir aber gar nicht, als ko&#x0364;nne der Haufen<lb/>
&#x017F;ich vermindern.</p><lb/>
          <p>Ich &#x017F;chwebte indeß u&#x0364;ber meinen Zu&#x017F;tand in den<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0036] nichts gegeſſen. Ich ſtieß von mir mit Unwillen und Ueberdruß dieſes Gold, an dem ich kurz vorher mein thoͤrich- tes Herz geſaͤttiget; nun wußt’ ich verdrießlich nicht, was ich damit anfangen ſollte. Es durfte nicht ſo liegen bleiben — ich verſuchte, ob es der Beutel wieder verſchlingen wollte — Nein. Keines meiner Fenſter oͤffnete ſich uͤber die See. Ich mußte mich bequemen, es muͤhſam und mit ſauerm Schweiß zu einem großen Schrank, der in einem Kabinet ſtand, zu ſchleppen, und es darin zu verpacken. Ich ließ nur einige Handvoll da liegen. Nachdem ich mit der Arbeit fertig geworden, legt’ ich mich erſchoͤpft in einen Lehnſtuhl, und erwartete, daß ſich Leute im Hauſe zu regen anfingen. Ich ließ, ſobald es moͤglich war, zu eſſen bringen und den Wirth zu mir kommen. Ich beſprach mit dieſem Manne die kuͤnftige Einrich- tung meines Hauſes. Er empfahl mir fuͤr den naͤheren Dienſt um meine Perſon einen gewiſſen Bendel, deſſen treue und verſtaͤndige Phyſiognomie mich gleich gewann. Derſelbe war’s, deſſen Anhaͤnglichkeit mich ſeither troͤſtend durch das Elend des Lebens begleitete und mir mein duͤſtres Loos ertragen half. Ich brachte den ganzen Tag auf meinen Zimmern mit herrenloſen Knechten, Schuſtern, Schneidern und Kaufleuten zu, ich richtete mich ein, und kaufte beſonders ſehr viele Koſtbarkeiten und Edelſteine, um nur Etwas des vielen aufgeſpeicherten Goldes los zu werden; es ſchien mir aber gar nicht, als koͤnne der Haufen ſich vermindern. Ich ſchwebte indeß uͤber meinen Zuſtand in den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2749/36
Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2749/36>, abgerufen am 28.11.2024.