Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.Sollte denn das Schicksal mit Ihnen so hart sein, daß Dieses Gespräch hatte einen tiefen Eindruck in mir "Auch Eurem alten Freunde ergeht es nun besser als Sollte denn das Schickſal mit Ihnen ſo hart ſein, daß Dieſes Geſpraͤch hatte einen tiefen Eindruck in mir 〟Auch Eurem alten Freunde ergeht es nun beſſer als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0113" n="323"/> Sollte denn das Schickſal mit Ihnen ſo hart ſein, daß<lb/> Sie zu ſterben begehrten?〞 — 〟Nein, Herr <hi rendition="#g">Bendel</hi>,<lb/> ſeit ich meinen langen Traum ausgetraͤumt habe, und in<lb/> mir ſelber erwacht bin, geht es mir wohl, ſeitdem wuͤnſche<lb/> ich nicht mehr und fuͤrchte nicht mehr den Tod. Seitdem<lb/> denke ich heiter an Vergangenheit und Zukunft. Iſt es<lb/> nicht auch mit ſtillem innerlichen Gluͤck, daß Sie jetzt auf<lb/> ſo gottſelige Weiſe Ihrem Herrn und Freunde dienen?〞<lb/> — 〟Sei Gott gedankt, ja, edle Frau. Es iſt uns doch<lb/> wunderſam ergangen, wir haben viel Wohl und bitteres<lb/> Weh unbedachtſam aus dem vollen Becher geſchluͤrft.<lb/> Nun iſt er leer; nun moͤchte Einer meinen, das ſei Alles<lb/> nur die Probe geweſen, und, mit kluger Einſicht geruͤſtet,<lb/> den wirklichen Anfang erwarten. Ein anderer iſt nun<lb/> der wirkliche Anfang, und man wuͤnſcht das erſte Gau-<lb/> kelſpiel nicht zuruͤck, und iſt dennoch im Ganzen froh, es,<lb/> wie es war, gelebt zu haben. Auch find’ ich in mir das<lb/> Zutrauen, daß es nun unſerm alten Freunde beſſer ergehen<lb/> muß, als damals.〞 — 〟Auch in mir,〞 erwiederte die<lb/> ſchoͤne Wittwe, und ſie gingen an mir voruͤber.</p><lb/> <p>Dieſes Geſpraͤch hatte einen tiefen Eindruck in mir<lb/> zuruͤckgelaſſen; aber ich zweifelte im Geiſte, ob ich mich<lb/> zu erkennen geben oder unerkannt von dannen gehen ſollte.<lb/> — Ich entſchied mich. Ich ließ mir Papier und Blei-<lb/> ſtift geben, und ſchrieb die Worte:</p><lb/> <cit> <quote> <hi rendition="#et">〟Auch Eurem alten Freunde ergeht es nun beſſer als<lb/> damals, und buͤßet er, ſo iſt es Buße der Verſoͤh-<lb/> nung.〞</hi> </quote> <bibl/> </cit><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [323/0113]
Sollte denn das Schickſal mit Ihnen ſo hart ſein, daß
Sie zu ſterben begehrten?〞 — 〟Nein, Herr Bendel,
ſeit ich meinen langen Traum ausgetraͤumt habe, und in
mir ſelber erwacht bin, geht es mir wohl, ſeitdem wuͤnſche
ich nicht mehr und fuͤrchte nicht mehr den Tod. Seitdem
denke ich heiter an Vergangenheit und Zukunft. Iſt es
nicht auch mit ſtillem innerlichen Gluͤck, daß Sie jetzt auf
ſo gottſelige Weiſe Ihrem Herrn und Freunde dienen?〞
— 〟Sei Gott gedankt, ja, edle Frau. Es iſt uns doch
wunderſam ergangen, wir haben viel Wohl und bitteres
Weh unbedachtſam aus dem vollen Becher geſchluͤrft.
Nun iſt er leer; nun moͤchte Einer meinen, das ſei Alles
nur die Probe geweſen, und, mit kluger Einſicht geruͤſtet,
den wirklichen Anfang erwarten. Ein anderer iſt nun
der wirkliche Anfang, und man wuͤnſcht das erſte Gau-
kelſpiel nicht zuruͤck, und iſt dennoch im Ganzen froh, es,
wie es war, gelebt zu haben. Auch find’ ich in mir das
Zutrauen, daß es nun unſerm alten Freunde beſſer ergehen
muß, als damals.〞 — 〟Auch in mir,〞 erwiederte die
ſchoͤne Wittwe, und ſie gingen an mir voruͤber.
Dieſes Geſpraͤch hatte einen tiefen Eindruck in mir
zuruͤckgelaſſen; aber ich zweifelte im Geiſte, ob ich mich
zu erkennen geben oder unerkannt von dannen gehen ſollte.
— Ich entſchied mich. Ich ließ mir Papier und Blei-
ſtift geben, und ſchrieb die Worte:
〟Auch Eurem alten Freunde ergeht es nun beſſer als
damals, und buͤßet er, ſo iſt es Buße der Verſoͤh-
nung.〞
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