Rades an seiner Axe, weil der Widerstand, den der Stein in der Luft erleidet, und weil überdieß bei allen diesen Körpern die An- ziehung der Erde jene erste durch den Stoß erzeugte Bewegung ändert, hindert und endlich ganz aufhebt. Wenn aber alle diese Störungen nicht da wären, so würde der Körper bloß dem An- triebe jenes ersten Stoßes folgen, und wir können keine Ursache mehr angeben, warum er den geradlinigen Weg, den er einmal eingeschlagen, verlassen, warum er seine anfängliche Geschwindig- keit verändern, oder warum er nicht ohne Aufhören sich in derselben Art fortbewegen sollte.
Wenn wir also einen Körper sich in gerader Linie und so bewe- gen sähen, daß er in derselben Zeit, z. B. in einer jeden Sekunde, auch immer denselben Weg zurücklegte, oder daß seine Geschwin- digkeit beständig wäre, so würden wir daraus schließen, daß dieser Körper sich in Folge eines erhaltenen Stoßes, eines ursprünglichen Impulses bewegte. Allein solche Bewegungen gibt es, wie ge- sagt, in der Natur oder auf der Oberfläche unserer Erde nicht, weil hier immer mehrere Kräfte und zwar vorzüglich die Kraft der Erde selbst auf die Körper einwirken.
§. 16. (Freier Fall der Körper auf der Oberfläche der Erde.) Der einfachste Fall der Bewegungen, die wir auf der Oberfläche der Erde beobachten, ist ohne Zweifel der, den ein Stein oder überhaupt jeder Körper annimmt, wenn wir ihn seiner Unter- stützung berauben. Wir sehen ihn da sogleich in einer auf die Erdfläche senkrechten, d. h. in einer vertikalen Richtung zur Erde und zwar desto schneller fortgehen, je länger er geht. Hier ist also wohl noch eine geradlinige, aber keine gleichförmige Bewe- gung mehr; der Weg des zur Erde fallenden Körpers ist noch, wie dort, eine gerade Linie, aber die Geschwindigkeit des Falls ist nicht mehr gleichförmig, sondern sie wächst mit der Zeit.
Aber in welchem Verhältnisse nimmt diese Geschwindigkeit mit der Zeit zu? -- Dieß ist Sache der Beobachtung. Allein diese Beobachtungen sind schwer mit der hier nothwendigen Ge- nauigkeit anzustellen. Wir werden daher, wie dieß so oft in den Naturwissenschaften und besonders in der Astronomie geschieht, irgend eine, diesen Erscheinungen frei fallender Körper im Allge- meinen angemessene Hypothese annehmen und zusehen, ob diese
Eigenſchaften der Körper.
Rades an ſeiner Axe, weil der Widerſtand, den der Stein in der Luft erleidet, und weil überdieß bei allen dieſen Körpern die An- ziehung der Erde jene erſte durch den Stoß erzeugte Bewegung ändert, hindert und endlich ganz aufhebt. Wenn aber alle dieſe Störungen nicht da wären, ſo würde der Körper bloß dem An- triebe jenes erſten Stoßes folgen, und wir können keine Urſache mehr angeben, warum er den geradlinigen Weg, den er einmal eingeſchlagen, verlaſſen, warum er ſeine anfängliche Geſchwindig- keit verändern, oder warum er nicht ohne Aufhören ſich in derſelben Art fortbewegen ſollte.
Wenn wir alſo einen Körper ſich in gerader Linie und ſo bewe- gen ſähen, daß er in derſelben Zeit, z. B. in einer jeden Sekunde, auch immer denſelben Weg zurücklegte, oder daß ſeine Geſchwin- digkeit beſtändig wäre, ſo würden wir daraus ſchließen, daß dieſer Körper ſich in Folge eines erhaltenen Stoßes, eines urſprünglichen Impulſes bewegte. Allein ſolche Bewegungen gibt es, wie ge- ſagt, in der Natur oder auf der Oberfläche unſerer Erde nicht, weil hier immer mehrere Kräfte und zwar vorzüglich die Kraft der Erde ſelbſt auf die Körper einwirken.
§. 16. (Freier Fall der Körper auf der Oberfläche der Erde.) Der einfachſte Fall der Bewegungen, die wir auf der Oberfläche der Erde beobachten, iſt ohne Zweifel der, den ein Stein oder überhaupt jeder Körper annimmt, wenn wir ihn ſeiner Unter- ſtützung berauben. Wir ſehen ihn da ſogleich in einer auf die Erdfläche ſenkrechten, d. h. in einer vertikalen Richtung zur Erde und zwar deſto ſchneller fortgehen, je länger er geht. Hier iſt alſo wohl noch eine geradlinige, aber keine gleichförmige Bewe- gung mehr; der Weg des zur Erde fallenden Körpers iſt noch, wie dort, eine gerade Linie, aber die Geſchwindigkeit des Falls iſt nicht mehr gleichförmig, ſondern ſie wächst mit der Zeit.
Aber in welchem Verhältniſſe nimmt dieſe Geſchwindigkeit mit der Zeit zu? — Dieß iſt Sache der Beobachtung. Allein dieſe Beobachtungen ſind ſchwer mit der hier nothwendigen Ge- nauigkeit anzuſtellen. Wir werden daher, wie dieß ſo oft in den Naturwiſſenſchaften und beſonders in der Aſtronomie geſchieht, irgend eine, dieſen Erſcheinungen frei fallender Körper im Allge- meinen angemeſſene Hypotheſe annehmen und zuſehen, ob dieſe
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Eigenſchaften der Körper.
Rades an ſeiner Axe, weil der Widerſtand, den der Stein in der
Luft erleidet, und weil überdieß bei allen dieſen Körpern die An-
ziehung der Erde jene erſte durch den Stoß erzeugte Bewegung
ändert, hindert und endlich ganz aufhebt. Wenn aber alle dieſe
Störungen nicht da wären, ſo würde der Körper bloß dem An-
triebe jenes erſten Stoßes folgen, und wir können keine Urſache
mehr angeben, warum er den geradlinigen Weg, den er einmal
eingeſchlagen, verlaſſen, warum er ſeine anfängliche Geſchwindig-
keit verändern, oder warum er nicht ohne Aufhören ſich in derſelben
Art fortbewegen ſollte.
Wenn wir alſo einen Körper ſich in gerader Linie und ſo bewe-
gen ſähen, daß er in derſelben Zeit, z. B. in einer jeden Sekunde,
auch immer denſelben Weg zurücklegte, oder daß ſeine Geſchwin-
digkeit beſtändig wäre, ſo würden wir daraus ſchließen, daß dieſer
Körper ſich in Folge eines erhaltenen Stoßes, eines urſprünglichen
Impulſes bewegte. Allein ſolche Bewegungen gibt es, wie ge-
ſagt, in der Natur oder auf der Oberfläche unſerer Erde nicht,
weil hier immer mehrere Kräfte und zwar vorzüglich die Kraft
der Erde ſelbſt auf die Körper einwirken.
§. 16. (Freier Fall der Körper auf der Oberfläche der Erde.)
Der einfachſte Fall der Bewegungen, die wir auf der Oberfläche
der Erde beobachten, iſt ohne Zweifel der, den ein Stein oder
überhaupt jeder Körper annimmt, wenn wir ihn ſeiner Unter-
ſtützung berauben. Wir ſehen ihn da ſogleich in einer auf die
Erdfläche ſenkrechten, d. h. in einer vertikalen Richtung zur Erde
und zwar deſto ſchneller fortgehen, je länger er geht. Hier iſt
alſo wohl noch eine geradlinige, aber keine gleichförmige Bewe-
gung mehr; der Weg des zur Erde fallenden Körpers iſt noch,
wie dort, eine gerade Linie, aber die Geſchwindigkeit des Falls
iſt nicht mehr gleichförmig, ſondern ſie wächst mit der Zeit.
Aber in welchem Verhältniſſe nimmt dieſe Geſchwindigkeit
mit der Zeit zu? — Dieß iſt Sache der Beobachtung. Allein
dieſe Beobachtungen ſind ſchwer mit der hier nothwendigen Ge-
nauigkeit anzuſtellen. Wir werden daher, wie dieß ſo oft in den
Naturwiſſenſchaften und beſonders in der Aſtronomie geſchieht,
irgend eine, dieſen Erſcheinungen frei fallender Körper im Allge-
meinen angemeſſene Hypotheſe annehmen und zuſehen, ob dieſe
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 3. Stuttgart, 1836, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem03_1836/32>, abgerufen am 23.07.2024.
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