dem Wesen, welche den Menschen eigen- thümlich ist, oder in demjenigen, worinn der Mensch von den Thieren unterschieden ist, seinen hinreichenden Grund hat; so heist es das den Menschen eigene Recht(ius hominum proprium); bey den Römischen Rechtsgelehrten das Völcker-Recht(jus gentium.). Wenn es endlich in demjenigen seinen hinreichenden Grund hat, welches in einigen einzelnen Menschen, oder in einem be- findlich, so nennt man es, einiger Men- schen, oder eines einigen, eigenes Recht(jus qvorundam, aut unius proprium). Daher erhellet zugleich, welche Verbindlich- keiten allen Menschen gemein(obliga- tiones omnium hominum communes), und welche einigen oder einem allein ei- gen sind(qvorundam, vel unius propriae). Eben dieses muß man auch von den Rechten annehmen, die aus diesen Verbindlichkeiten fliessen (§. 46.). Und daher sind einige Menschen zu mehreren Dingen ver- bunden, als die übrigen; wie an seinem Orte deutlicher gelehret wird.
§. 57.
Erklä- rung und Einthei- lung der Pflicht.
Eine Handlung, die nach dem Gesetz be- stimmt ist, in so weit als wir verbunden sind die- selbe also zu bestimmen, wird die Pflicht (officium) genennet; und besonders die Pflicht gegen sich selbst, welche der Mensch sich selbst schuldig ist; die Pflicht gegen andere, welche er andern schuldig
ist,
I. Th. 2. H. Von der Verbindlichkeit,
dem Weſen, welche den Menſchen eigen- thuͤmlich iſt, oder in demjenigen, worinn der Menſch von den Thieren unterſchieden iſt, ſeinen hinreichenden Grund hat; ſo heiſt es das den Menſchen eigene Recht(ius hominum proprium); bey den Roͤmiſchen Rechtsgelehrten das Voͤlcker-Recht(jus gentium.). Wenn es endlich in demjenigen ſeinen hinreichenden Grund hat, welches in einigen einzelnen Menſchen, oder in einem be- findlich, ſo nennt man es, einiger Men- ſchen, oder eines einigen, eigenes Recht(jus qvorundam, aut unius proprium). Daher erhellet zugleich, welche Verbindlich- keiten allen Menſchen gemein(obliga- tiones omnium hominum communes), und welche einigen oder einem allein ei- gen ſind(qvorundam, vel unius propriae). Eben dieſes muß man auch von den Rechten annehmen, die aus dieſen Verbindlichkeiten flieſſen (§. 46.). Und daher ſind einige Menſchen zu mehreren Dingen ver- bunden, als die uͤbrigen; wie an ſeinem Orte deutlicher gelehret wird.
§. 57.
Erklaͤ- rung und Einthei- lung der Pflicht.
Eine Handlung, die nach dem Geſetz be- ſtimmt iſt, in ſo weit als wir verbunden ſind die- ſelbe alſo zu beſtimmen, wird die Pflicht (officium) genennet; und beſonders die Pflicht gegen ſich ſelbſt, welche der Menſch ſich ſelbſt ſchuldig iſt; die Pflicht gegen andere, welche er andern ſchuldig
iſt,
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I. Th. 2. H. Von der Verbindlichkeit,
dem Weſen, welche den Menſchen eigen-
thuͤmlich iſt, oder in demjenigen, worinn
der Menſch von den Thieren unterſchieden
iſt, ſeinen hinreichenden Grund hat; ſo heiſt
es das den Menſchen eigene Recht (ius
hominum proprium); bey den Roͤmiſchen
Rechtsgelehrten das Voͤlcker-Recht (jus
gentium.). Wenn es endlich in demjenigen
ſeinen hinreichenden Grund hat, welches in
einigen einzelnen Menſchen, oder in einem be-
findlich, ſo nennt man es, einiger Men-
ſchen, oder eines einigen, eigenes
Recht (jus qvorundam, aut unius proprium).
Daher erhellet zugleich, welche Verbindlich-
keiten allen Menſchen gemein (obliga-
tiones omnium hominum communes), und
welche einigen oder einem allein ei-
gen ſind (qvorundam, vel unius propriae).
Eben dieſes muß man auch von den Rechten
annehmen, die aus dieſen Verbindlichkeiten
flieſſen (§. 46.). Und daher ſind einige
Menſchen zu mehreren Dingen ver-
bunden, als die uͤbrigen; wie an ſeinem
Orte deutlicher gelehret wird.
§. 57.
Eine Handlung, die nach dem Geſetz be-
ſtimmt iſt, in ſo weit als wir verbunden ſind die-
ſelbe alſo zu beſtimmen, wird die Pflicht
(officium) genennet; und beſonders die
Pflicht gegen ſich ſelbſt, welche der
Menſch ſich ſelbſt ſchuldig iſt; die Pflicht
gegen andere, welche er andern ſchuldig
iſt,
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/72>, abgerufen am 21.11.2024.
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