freyung Agathons mit so lebhaftem Eifer anzunehmen, als es, obenerzählter massen, geschehen war.
Viertes Capitel. Etwas, das man ohne Divination vorhersehen konnte.
Agathon hatte zwar viel früher zu leben angefangen, als es gemeiniglich geschieht; aber er war doch noch lange nicht alt genug, um sich von der Welt gänzlich zurükzuziehen. Jndessen hielt er sich, nachdem er schon zu zweyen malen eine nicht unansehnliche Rolle auf dem Schauplaz des öffentlichen Lebens gespielt, und sie für einen jungen Mann gut genug gespielt hatte, be- rechtiget, so lange er keinen besondern Beruf erhalten würde, seiner Nation zu dienen, oder so lange sie sei- ner Dienste nicht schlechterdings vonnöthen hätte, sich in den Cirkel des Privat-Lebens zurükzuziehen; und hierinn stimmten die Grundsäze des weisen Archytas völlig mit seiner Art zu denken überein. Ein Mann von mehr als gewöhnlicher Fähigkeit, sagte Archytas, hat zu thun genug, an seiner eigenen Besserung und Vervollkom- nung zu arbeiten; er ist am geschiktesten zu dieser Be- schäftigung, nachdem er durch eine Reihe beträchtlicher Erfahrungen sich selbst und die Welt kennen zu lernen angefangen hat; und indem er solchergestalt an sich selbst arbeitet, arbeitet er würklich für die Welt, in-
dem
Agathon.
freyung Agathons mit ſo lebhaftem Eifer anzunehmen, als es, obenerzaͤhlter maſſen, geſchehen war.
Viertes Capitel. Etwas, das man ohne Divination vorherſehen konnte.
Agathon hatte zwar viel fruͤher zu leben angefangen, als es gemeiniglich geſchieht; aber er war doch noch lange nicht alt genug, um ſich von der Welt gaͤnzlich zuruͤkzuziehen. Jndeſſen hielt er ſich, nachdem er ſchon zu zweyen malen eine nicht unanſehnliche Rolle auf dem Schauplaz des oͤffentlichen Lebens geſpielt, und ſie fuͤr einen jungen Mann gut genug geſpielt hatte, be- rechtiget, ſo lange er keinen beſondern Beruf erhalten wuͤrde, ſeiner Nation zu dienen, oder ſo lange ſie ſei- ner Dienſte nicht ſchlechterdings vonnoͤthen haͤtte, ſich in den Cirkel des Privat-Lebens zuruͤkzuziehen; und hierinn ſtimmten die Grundſaͤze des weiſen Archytas voͤllig mit ſeiner Art zu denken uͤberein. Ein Mann von mehr als gewoͤhnlicher Faͤhigkeit, ſagte Archytas, hat zu thun genug, an ſeiner eigenen Beſſerung und Vervollkom- nung zu arbeiten; er iſt am geſchikteſten zu dieſer Be- ſchaͤftigung, nachdem er durch eine Reihe betraͤchtlicher Erfahrungen ſich ſelbſt und die Welt kennen zu lernen angefangen hat; und indem er ſolchergeſtalt an ſich ſelbſt arbeitet, arbeitet er wuͤrklich fuͤr die Welt, in-
dem
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Agathon.
freyung Agathons mit ſo lebhaftem Eifer anzunehmen,
als es, obenerzaͤhlter maſſen, geſchehen war.
Viertes Capitel.
Etwas, das man ohne Divination vorherſehen
konnte.
Agathon hatte zwar viel fruͤher zu leben angefangen,
als es gemeiniglich geſchieht; aber er war doch noch
lange nicht alt genug, um ſich von der Welt gaͤnzlich
zuruͤkzuziehen. Jndeſſen hielt er ſich, nachdem er
ſchon zu zweyen malen eine nicht unanſehnliche Rolle
auf dem Schauplaz des oͤffentlichen Lebens geſpielt, und
ſie fuͤr einen jungen Mann gut genug geſpielt hatte, be-
rechtiget, ſo lange er keinen beſondern Beruf erhalten
wuͤrde, ſeiner Nation zu dienen, oder ſo lange ſie ſei-
ner Dienſte nicht ſchlechterdings vonnoͤthen haͤtte, ſich in
den Cirkel des Privat-Lebens zuruͤkzuziehen; und hierinn
ſtimmten die Grundſaͤze des weiſen Archytas voͤllig mit
ſeiner Art zu denken uͤberein. Ein Mann von mehr als
gewoͤhnlicher Faͤhigkeit, ſagte Archytas, hat zu thun
genug, an ſeiner eigenen Beſſerung und Vervollkom-
nung zu arbeiten; er iſt am geſchikteſten zu dieſer Be-
ſchaͤftigung, nachdem er durch eine Reihe betraͤchtlicher
Erfahrungen ſich ſelbſt und die Welt kennen zu lernen
angefangen hat; und indem er ſolchergeſtalt an ſich
ſelbſt arbeitet, arbeitet er wuͤrklich fuͤr die Welt, in-
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Wieland, Christoph Martin: Geschichte des Agathon. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1767, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_agathon02_1767/330>, abgerufen am 16.07.2024.
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