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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Von der Ehrenachtbarkeit Das XV.
het alles durch und ineinander confus, daß man sich auff nichts
verlassen kan/ und wird auch endlich nichts daraus.

§. 13. Diese Vestigkeit wenn sie mit einem beym gemeinen
Wesen nützlichen Thun ausbricht/ heist sie Meritum, der Ver-
dienst;
Allwo die Quantität wiederum unterschiedene Species
macht/ nach dem einer sich wohl oder schlecht/ mehr oder minder
im gemeinem Wesen verdient gemacht. So fern aber von der
Gemeine nu davor gehalten zu werden beschlossen worden/ daß
dieser oder jener wohl verdient sey/ wenn er gleich noch nichts ge-
than/ zum Exempel wenn er von verdienten Eltern gebohren/
denen zur Belohnung man ihre meriten auch ihren Nachkommen
zurechnet; so wird es lateinisch nicht meritum, sondern Dignitas,
genennet.

§. 14. Die meriten, weil sie mehrentheils mühesam sind/
müssen mit proportionirten praemien oder Belohnungen an Lob/
Ehre/ Macht/ oder Geld etc. verglichen werden/ damit niemand zu
wenig geschehe. Da denn die Rechen-Kunst wieder Anweisung
geben muß/ daß man die proportion treffe/ man mag es gleich
künstlich ausrechnen oder nur an den Fingern abzehlen.

§. 15. Hingegen so spielet dieser Material und innerlichen
Qualität einer vest und auffrichtigen Person allhier/ dort in der
Affter-Welt die Durchbrüchigkeit (penetrabilität) und Un-
treu eines Verbrechers entgegen/ gleichsam die Degenuität so
der Ingenuität zu wieder stehet. Dero deswegen billig die Ver-
achtbarkeit/
an statt der Achtbarkeit/ vom gemeinen Wesen
zur Seite gesetzet wird. Welche beyde Miß-Qualitäten/ wenn
sie gleicher Gestalt gemessen und also genau betrachtet werden/
wie sie sich in der That ereignen/ so stellen sie nach dem Ebenmaß
der 4. ursprünglichen Elementar-Qualitäten/ auch 4. ursprüng-
liche Miß-Qualitäten/ als 4. Miß-Elemente der Affter-Welt
dar/ nehmlich

1. die groß Verachtbarkeit.
2. die minder Verachtbarkeit.
3. die viel Schuldhabung.
4. die minder Schuldhabung.

Nach welcher Quantität die Zurückziehung des Verbre-

chers

Von der Ehrenachtbarkeit Das XV.
het alles durch und ineinander confus, daß man ſich auff nichts
verlaſſen kan/ und wird auch endlich nichts daraus.

§. 13. Dieſe Veſtigkeit wenn ſie mit einem beym gemeinen
Weſen nuͤtzlichen Thun ausbricht/ heiſt ſie Meritum, der Ver-
dienſt;
Allwo die Quantitaͤt wiederum unterſchiedene Species
macht/ nach dem einer ſich wohl oder ſchlecht/ mehr oder minder
im gemeinem Weſen verdient gemacht. So fern aber von der
Gemeine nu davor gehalten zu werden beſchloſſen worden/ daß
dieſer oder jener wohl verdient ſey/ wenn er gleich noch nichts ge-
than/ zum Exempel wenn er von verdienten Eltern gebohren/
denen zur Belohnung man ihre meriten auch ihren Nachkommen
zurechnet; ſo wird es lateiniſch nicht meritum, ſondern Dignitas,
genennet.

§. 14. Die meríten, weil ſie mehrentheils muͤheſam ſind/
muͤſſen mit proportionirten præmien oder Belohnungen an Lob/
Ehre/ Macht/ oder Geld ꝛc. verglichen werden/ damit niemand zu
wenig geſchehe. Da denn die Rechen-Kunſt wieder Anweiſung
geben muß/ daß man die proportion treffe/ man mag es gleich
kuͤnſtlich ausrechnen oder nur an den Fingern abzehlen.

§. 15. Hingegen ſo ſpielet dieſer Material und innerlichen
Qualitaͤt einer veſt und auffrichtigen Perſon allhier/ dort in der
Affter-Welt die Durchbruͤchigkeit (penetrabilitaͤt) und Un-
treu eines Verbrechers entgegen/ gleichſam die Degenuitaͤt ſo
der Ingenuitaͤt zu wieder ſtehet. Dero deswegen billig die Ver-
achtbarkeit/
an ſtatt der Achtbarkeit/ vom gemeinen Weſen
zur Seite geſetzet wird. Welche beyde Miß-Qualitaͤten/ wenn
ſie gleicher Geſtalt gemeſſen und alſo genau betrachtet werden/
wie ſie ſich in der That ereignen/ ſo ſtellen ſie nach dem Ebenmaß
der 4. urſpruͤnglichen Elementar-Qualitaͤten/ auch 4. urſpruͤng-
liche Miß-Qualitaͤten/ als 4. Miß-Elemente der Affter-Welt
dar/ nehmlich

1. die groß Verachtbarkeit.
2. die minder Verachtbarkeit.
3. die viel Schuldhabung.
4. die minder Schuldhabung.

Nach welcher Quantitaͤt die Zuruͤckziehung des Verbre-

chers
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[106/0116] Von der Ehrenachtbarkeit Das XV. het alles durch und ineinander confus, daß man ſich auff nichts verlaſſen kan/ und wird auch endlich nichts daraus. §. 13. Dieſe Veſtigkeit wenn ſie mit einem beym gemeinen Weſen nuͤtzlichen Thun ausbricht/ heiſt ſie Meritum, der Ver- dienſt; Allwo die Quantitaͤt wiederum unterſchiedene Species macht/ nach dem einer ſich wohl oder ſchlecht/ mehr oder minder im gemeinem Weſen verdient gemacht. So fern aber von der Gemeine nu davor gehalten zu werden beſchloſſen worden/ daß dieſer oder jener wohl verdient ſey/ wenn er gleich noch nichts ge- than/ zum Exempel wenn er von verdienten Eltern gebohren/ denen zur Belohnung man ihre meriten auch ihren Nachkommen zurechnet; ſo wird es lateiniſch nicht meritum, ſondern Dignitas, genennet. §. 14. Die meríten, weil ſie mehrentheils muͤheſam ſind/ muͤſſen mit proportionirten præmien oder Belohnungen an Lob/ Ehre/ Macht/ oder Geld ꝛc. verglichen werden/ damit niemand zu wenig geſchehe. Da denn die Rechen-Kunſt wieder Anweiſung geben muß/ daß man die proportion treffe/ man mag es gleich kuͤnſtlich ausrechnen oder nur an den Fingern abzehlen. §. 15. Hingegen ſo ſpielet dieſer Material und innerlichen Qualitaͤt einer veſt und auffrichtigen Perſon allhier/ dort in der Affter-Welt die Durchbruͤchigkeit (penetrabilitaͤt) und Un- treu eines Verbrechers entgegen/ gleichſam die Degenuitaͤt ſo der Ingenuitaͤt zu wieder ſtehet. Dero deswegen billig die Ver- achtbarkeit/ an ſtatt der Achtbarkeit/ vom gemeinen Weſen zur Seite geſetzet wird. Welche beyde Miß-Qualitaͤten/ wenn ſie gleicher Geſtalt gemeſſen und alſo genau betrachtet werden/ wie ſie ſich in der That ereignen/ ſo ſtellen ſie nach dem Ebenmaß der 4. urſpruͤnglichen Elementar-Qualitaͤten/ auch 4. urſpruͤng- liche Miß-Qualitaͤten/ als 4. Miß-Elemente der Affter-Welt dar/ nehmlich 1. die groß Verachtbarkeit. 2. die minder Verachtbarkeit. 3. die viel Schuldhabung. 4. die minder Schuldhabung. Nach welcher Quantitaͤt die Zuruͤckziehung des Verbre- chers

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/116>, abgerufen am 26.04.2024.