Und wir kamen zur Insel Aiolia. Diese bewohnte V. 1. Aiolos, Hippotes Sohn, ein Freund der unsterblichen Götter Undurchdringlich erhebt sich rings um das schwimmende Eiland Eine Mauer von Erz, und ein glattes Felsengestade. Kinder waren ihm zwölf in seinem Palaste geboren, 5 Lieblicher Töchter sechs, und sechs der blühenden Söhne. Und er hatte die Töchter den Söhnen zu Weibern gegeben. Bei dem geliebten Vater und ihrer herlichen Mutter Schmausen sie stets, bewirtet mit tausend köstlichen Speisen. Und das duftende Haus erschallt von Tönen der Flöte 10 Tages, aber des Nachts ruht neben der züchtigen Gattin Jeder auf prächtigen Decken im schöngebildeten Bette. Und wir kamen zu ihrer Stadt und schönem Palaste. Einen Monat bewirtet' er mich, und forschte nach allem, Ilions Macht, der Achaier Schiffen, und unserer Heimfahrt; 15 Und ich erzählt' ihm darauf umständlich die ganze Geschichte.
V. 1. Diese schwimmende Insel lag diesmal unter der südlichen Spize Sizi- liens; das zweitemal hinter der westlichen. Ihr König Aiolos verstand die Kunst, Winde wehn und ruhn zu lassen. In der neuern Fabel ist er ein Gott, und seine Insel die Wohnung der Winde.
Oduͤßee. Zehnter Geſang.
Und wir kamen zur Inſel Aiolia. Dieſe bewohnte V. 1. Aiolos, Hippotes Sohn, ein Freund der unſterblichen Goͤtter Undurchdringlich erhebt ſich rings um das ſchwimmende Eiland Eine Mauer von Erz, und ein glattes Felſengeſtade. Kinder waren ihm zwoͤlf in ſeinem Palaſte geboren, 5 Lieblicher Toͤchter ſechs, und ſechs der bluͤhenden Soͤhne. Und er hatte die Toͤchter den Soͤhnen zu Weibern gegeben. Bei dem geliebten Vater und ihrer herlichen Mutter Schmauſen ſie ſtets, bewirtet mit tauſend koͤſtlichen Speiſen. Und das duftende Haus erſchallt von Toͤnen der Floͤte 10 Tages, aber des Nachts ruht neben der zuͤchtigen Gattin Jeder auf praͤchtigen Decken im ſchoͤngebildeten Bette. Und wir kamen zu ihrer Stadt und ſchoͤnem Palaſte. Einen Monat bewirtet' er mich, und forſchte nach allem, Ilions Macht, der Achaier Schiffen, und unſerer Heimfahrt; 15 Und ich erzaͤhlt' ihm darauf umſtaͤndlich die ganze Geſchichte.
V. 1. Dieſe ſchwimmende Inſel lag diesmal unter der ſuͤdlichen Spize Sizi- liens; das zweitemal hinter der weſtlichen. Ihr Koͤnig Aiolos verſtand die Kunſt, Winde wehn und ruhn zu laſſen. In der neuern Fabel iſt er ein Gott, und ſeine Inſel die Wohnung der Winde.
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Oduͤßee.
Zehnter Geſang.
Und wir kamen zur Inſel Aiolia. Dieſe bewohnte V. 1.
Aiolos, Hippotes Sohn, ein Freund der unſterblichen Goͤtter
Undurchdringlich erhebt ſich rings um das ſchwimmende Eiland
Eine Mauer von Erz, und ein glattes Felſengeſtade.
Kinder waren ihm zwoͤlf in ſeinem Palaſte geboren,
Lieblicher Toͤchter ſechs, und ſechs der bluͤhenden Soͤhne.
Und er hatte die Toͤchter den Soͤhnen zu Weibern gegeben.
Bei dem geliebten Vater und ihrer herlichen Mutter
Schmauſen ſie ſtets, bewirtet mit tauſend koͤſtlichen Speiſen.
Und das duftende Haus erſchallt von Toͤnen der Floͤte
Tages, aber des Nachts ruht neben der zuͤchtigen Gattin
Jeder auf praͤchtigen Decken im ſchoͤngebildeten Bette.
Und wir kamen zu ihrer Stadt und ſchoͤnem Palaſte.
Einen Monat bewirtet' er mich, und forſchte nach allem,
Ilions Macht, der Achaier Schiffen, und unſerer Heimfahrt;
Und ich erzaͤhlt' ihm darauf umſtaͤndlich die ganze Geſchichte.
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V. 1. Dieſe ſchwimmende Inſel lag diesmal unter der ſuͤdlichen Spize Sizi-
liens; das zweitemal hinter der weſtlichen. Ihr Koͤnig Aiolos verſtand die Kunſt,
Winde wehn und ruhn zu laſſen. In der neuern Fabel iſt er ein Gott, und ſeine
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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/189>, abgerufen am 03.12.2024.
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