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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851.

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abgehen; ihre Kiefer sind sehr dick und stark gezähnt; in der Ruhe
rollen sie sich meist spiralförmig auf und spritzen, sobald man sie be-
rührt, einen unangenehm riechenden Saft aus feinen, seitlichen Oeff-
nungen, die unter den Luftlöchern liegen. Alle diese Larven sind
äußerst gefräßig, und manche richten an den Blättern der Bäume und
Kräuter große Verheerungen an. Die meisten spinnen sich in der
Erde, oder unter abgefallenen Blättern ein, und manche bleiben sehr
lange Zeit als Larven in ihren Gespinnsten. Tenthredo; Lophyrus;
Lyda; Xyela; Cephus; Cimbex; Hylotoma; Schizocera; Dolerus;
Selandria
.

Sämmtliche Hautflügler, die wir jetzt folgen lassen, sind im
weiblichen Geschlechte nicht mit einer Legeröhre, sondern mit einem
Giftstachel bewaffnet, der mit einer eigenen Drüse und einer Blase
in Verbindung steht, welche im Momente des Stiches das Gift in die
Wunde abfließen läßt, das nach neueren Beobachtungen allgemein aus
wasserfreier Ameisensäure bestehen soll. Der Stachel ist übrigens genau
aus denselben Theilen zusammengesetzt, wie die Legeröhre, und nament-
lich unterscheidet man stets eine gezähnelte, feine Halbrinne, in welcher
zwei dünne, ebenfalls gezähnelte Stachelborsten vorgeschoben werden
können. Auch die verkümmerten Weibchen, welche zur Fortpflanzung
untauglich sind, haben diesen Stachel, der den Männchen ganz allge-
mein abgeht, und der besonders deßhalb für den Haushalt dieser In-
sekten von Wichtigkeit erscheint, weil diejenigen Arten, deren Larven
sich von lebenden Insekten nähren, sich des Stachels zur Lähmung
ihrer Beute bedienen.

Reihe der Wespen.

Wir unterscheiden unter den Wespen vor allen eine Gruppe,
deren Lebensart viele gemeinsame Eigenthümlichkeiten hat, weßhalb
wir sie mit dem gemeinschaftlichen Namen der Grabwespen be-
zeichnen. Alle diese Thiere leben einsam, niemals in Gesellschaft;
beide Geschlechter sind vollkommen geflügelt, und die Weibchen tragen
Sorge, den an einem geschützten Orte lebenden Larven die bis zu
ihrer Einpuppung nöthige Nahrung beizugeben, welche immer aus
lebenden Insekten besteht. Die meisten dieser Thiere bohren zu diesem
Zwecke Gänge in der Erde, oder im Holze, wo sie der Larve nebst
ihrem Proviante ein Nest bereiten; andere mauern selbst mit Sand

abgehen; ihre Kiefer ſind ſehr dick und ſtark gezähnt; in der Ruhe
rollen ſie ſich meiſt ſpiralförmig auf und ſpritzen, ſobald man ſie be-
rührt, einen unangenehm riechenden Saft aus feinen, ſeitlichen Oeff-
nungen, die unter den Luftlöchern liegen. Alle dieſe Larven ſind
äußerſt gefräßig, und manche richten an den Blättern der Bäume und
Kräuter große Verheerungen an. Die meiſten ſpinnen ſich in der
Erde, oder unter abgefallenen Blättern ein, und manche bleiben ſehr
lange Zeit als Larven in ihren Geſpinnſten. Tenthredo; Lophyrus;
Lyda; Xyela; Cephus; Cimbex; Hylotoma; Schizocera; Dolerus;
Selandria
.

Sämmtliche Hautflügler, die wir jetzt folgen laſſen, ſind im
weiblichen Geſchlechte nicht mit einer Legeröhre, ſondern mit einem
Giftſtachel bewaffnet, der mit einer eigenen Drüſe und einer Blaſe
in Verbindung ſteht, welche im Momente des Stiches das Gift in die
Wunde abfließen läßt, das nach neueren Beobachtungen allgemein aus
waſſerfreier Ameiſenſäure beſtehen ſoll. Der Stachel iſt übrigens genau
aus denſelben Theilen zuſammengeſetzt, wie die Legeröhre, und nament-
lich unterſcheidet man ſtets eine gezähnelte, feine Halbrinne, in welcher
zwei dünne, ebenfalls gezähnelte Stachelborſten vorgeſchoben werden
können. Auch die verkümmerten Weibchen, welche zur Fortpflanzung
untauglich ſind, haben dieſen Stachel, der den Männchen ganz allge-
mein abgeht, und der beſonders deßhalb für den Haushalt dieſer In-
ſekten von Wichtigkeit erſcheint, weil diejenigen Arten, deren Larven
ſich von lebenden Inſekten nähren, ſich des Stachels zur Lähmung
ihrer Beute bedienen.

Reihe der Wespen.

Wir unterſcheiden unter den Wespen vor allen eine Gruppe,
deren Lebensart viele gemeinſame Eigenthümlichkeiten hat, weßhalb
wir ſie mit dem gemeinſchaftlichen Namen der Grabwespen be-
zeichnen. Alle dieſe Thiere leben einſam, niemals in Geſellſchaft;
beide Geſchlechter ſind vollkommen geflügelt, und die Weibchen tragen
Sorge, den an einem geſchützten Orte lebenden Larven die bis zu
ihrer Einpuppung nöthige Nahrung beizugeben, welche immer aus
lebenden Inſekten beſteht. Die meiſten dieſer Thiere bohren zu dieſem
Zwecke Gänge in der Erde, oder im Holze, wo ſie der Larve nebſt
ihrem Proviante ein Neſt bereiten; andere mauern ſelbſt mit Sand

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[695/0701] abgehen; ihre Kiefer ſind ſehr dick und ſtark gezähnt; in der Ruhe rollen ſie ſich meiſt ſpiralförmig auf und ſpritzen, ſobald man ſie be- rührt, einen unangenehm riechenden Saft aus feinen, ſeitlichen Oeff- nungen, die unter den Luftlöchern liegen. Alle dieſe Larven ſind äußerſt gefräßig, und manche richten an den Blättern der Bäume und Kräuter große Verheerungen an. Die meiſten ſpinnen ſich in der Erde, oder unter abgefallenen Blättern ein, und manche bleiben ſehr lange Zeit als Larven in ihren Geſpinnſten. Tenthredo; Lophyrus; Lyda; Xyela; Cephus; Cimbex; Hylotoma; Schizocera; Dolerus; Selandria. Sämmtliche Hautflügler, die wir jetzt folgen laſſen, ſind im weiblichen Geſchlechte nicht mit einer Legeröhre, ſondern mit einem Giftſtachel bewaffnet, der mit einer eigenen Drüſe und einer Blaſe in Verbindung ſteht, welche im Momente des Stiches das Gift in die Wunde abfließen läßt, das nach neueren Beobachtungen allgemein aus waſſerfreier Ameiſenſäure beſtehen ſoll. Der Stachel iſt übrigens genau aus denſelben Theilen zuſammengeſetzt, wie die Legeröhre, und nament- lich unterſcheidet man ſtets eine gezähnelte, feine Halbrinne, in welcher zwei dünne, ebenfalls gezähnelte Stachelborſten vorgeſchoben werden können. Auch die verkümmerten Weibchen, welche zur Fortpflanzung untauglich ſind, haben dieſen Stachel, der den Männchen ganz allge- mein abgeht, und der beſonders deßhalb für den Haushalt dieſer In- ſekten von Wichtigkeit erſcheint, weil diejenigen Arten, deren Larven ſich von lebenden Inſekten nähren, ſich des Stachels zur Lähmung ihrer Beute bedienen. Reihe der Wespen. Wir unterſcheiden unter den Wespen vor allen eine Gruppe, deren Lebensart viele gemeinſame Eigenthümlichkeiten hat, weßhalb wir ſie mit dem gemeinſchaftlichen Namen der Grabwespen be- zeichnen. Alle dieſe Thiere leben einſam, niemals in Geſellſchaft; beide Geſchlechter ſind vollkommen geflügelt, und die Weibchen tragen Sorge, den an einem geſchützten Orte lebenden Larven die bis zu ihrer Einpuppung nöthige Nahrung beizugeben, welche immer aus lebenden Inſekten beſteht. Die meiſten dieſer Thiere bohren zu dieſem Zwecke Gänge in der Erde, oder im Holze, wo ſie der Larve nebſt ihrem Proviante ein Neſt bereiten; andere mauern ſelbſt mit Sand

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1851, S. 695. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe01_1851/701>, abgerufen am 22.12.2024.