Das Herz ist ganz im Dunklen, ganz allein, möchte man sagen, und weiß ganz allein alles besser. Nur wenn man dahin sieht, findet man Erkenntniß; weil die verwirren- den Lichter der ganzen Welt nicht hingelangen; und es wie ein Maß einer andern Welt in uns lebt; als ein Ja, oder Nein: sonst nichts. --
Vernunft weiß nur, daß sie Vernunft ist, wenn sie bis zum Herzenswunsch, zum letzten Wollen hinführen kann: und so ist Zusammenhang da für ein Meer von Dasein, vor und hinter uns; und nicht kommt es auf unser schwankendes, un- glückseliges Schiff an, in welches wir gebannt sind, welches uns vor den guten und schlechten Ufern vorbeiführt, über wel- ches wir keine Leitung üben. So sind auch die Ufer nur alles für die, die das Element nicht kennen und sehen, welches sie führt: nur die Orte, wo sie vorbei geführt werden. Für die Besten ist das Element nur Trost und Leitung, in der har- ten, schmeichelnden, unbesiegten Fahrt. Die sich umbringen, stürzen sich in das Element. Dies enthält aber für uns keine Bilder: und bildergierig, bilderschaffend, nachbildend, sind wir gemacht. Alles ist Zwang; Zwang zur höchsten Freiheit und Zusammenstimmung. --
Freitag, den 8. Februar 1822.
Das Herz iſt ganz im Dunklen, ganz allein, möchte man ſagen, und weiß ganz allein alles beſſer. Nur wenn man dahin ſieht, findet man Erkenntniß; weil die verwirren- den Lichter der ganzen Welt nicht hingelangen; und es wie ein Maß einer andern Welt in uns lebt; als ein Ja, oder Nein: ſonſt nichts. —
Vernunft weiß nur, daß ſie Vernunft iſt, wenn ſie bis zum Herzenswunſch, zum letzten Wollen hinführen kann: und ſo iſt Zuſammenhang da für ein Meer von Daſein, vor und hinter uns; und nicht kommt es auf unſer ſchwankendes, un- glückſeliges Schiff an, in welches wir gebannt ſind, welches uns vor den guten und ſchlechten Ufern vorbeiführt, über wel- ches wir keine Leitung üben. So ſind auch die Ufer nur alles für die, die das Element nicht kennen und ſehen, welches ſie führt: nur die Orte, wo ſie vorbei geführt werden. Für die Beſten iſt das Element nur Troſt und Leitung, in der har- ten, ſchmeichelnden, unbeſiegten Fahrt. Die ſich umbringen, ſtürzen ſich in das Element. Dies enthält aber für uns keine Bilder: und bildergierig, bilderſchaffend, nachbildend, ſind wir gemacht. Alles iſt Zwang; Zwang zur höchſten Freiheit und Zuſammenſtimmung. —
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Freitag, den 8. Februar 1822.
Das Herz iſt ganz im Dunklen, ganz allein, möchte
man ſagen, und weiß ganz allein alles beſſer. Nur wenn
man dahin ſieht, findet man Erkenntniß; weil die verwirren-
den Lichter der ganzen Welt nicht hingelangen; und es wie
ein Maß einer andern Welt in uns lebt; als ein Ja, oder
Nein: ſonſt nichts. —
Vernunft weiß nur, daß ſie Vernunft iſt, wenn ſie bis
zum Herzenswunſch, zum letzten Wollen hinführen kann: und
ſo iſt Zuſammenhang da für ein Meer von Daſein, vor und
hinter uns; und nicht kommt es auf unſer ſchwankendes, un-
glückſeliges Schiff an, in welches wir gebannt ſind, welches
uns vor den guten und ſchlechten Ufern vorbeiführt, über wel-
ches wir keine Leitung üben. So ſind auch die Ufer nur alles
für die, die das Element nicht kennen und ſehen, welches ſie
führt: nur die Orte, wo ſie vorbei geführt werden. Für die
Beſten iſt das Element nur Troſt und Leitung, in der har-
ten, ſchmeichelnden, unbeſiegten Fahrt. Die ſich umbringen,
ſtürzen ſich in das Element. Dies enthält aber für uns keine
Bilder: und bildergierig, bilderſchaffend, nachbildend, ſind wir
gemacht. Alles iſt Zwang; Zwang zur höchſten Freiheit und
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/69>, abgerufen am 20.11.2024.
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