inwendig, bequem, behaglich, zweckmäßig. Die "Dachstube" (wie die armen litterarischen Französinnen unter Louis XIV. und XV, die doch die Gesellschaft sahen) im Größern fortge- sponnen. Das Andre gelänge doch nicht: und gelänge es, hätte ich eine Klasse Gesellschaft: und schrecklicher giebt's nichts. Ich habe es aus den Zeitungen schon gewußt, daß Karl Verdruß haben muß; schon wie du hier warst, und mir sagtest, wie er über Volksunterricht denkt -- du mit -- wußt' ich das Resultat: und bliebe es noch Jahrzehnte aus. Grüße Karl herzlich! ne fera-t-il point de voyage; ne voudra-t-il me donner un rendez-vous? que j'aimerais le voir! Adieu, mon amie. Portez-vous bien, c'est l'essentiel! Deine alte treue
R.
Mille belles choses a Louis. Varnh. vous embrasse dans la joie de ma guerison.
1829.
Zu Börne's Schriften, Theil 2. S. 198. Bei Hamlet hat sich Börne am meisten geirrt. Den hat er nicht gefaßt. Deß- halb redete er so viel, und sagte so wenig: fast nichts. Da, wo er endigt, hätte er anfangen sollen. Von dem Zu- stand eines deutschen Menschen von Geist hätte er sprechen sollen; von der modernen Abtheilung der Welt.
Es scheint noch gar nicht bekannt, daß zum Verliebtsein ein immerwährendes Verlieben erfordert ist; so wie dies nicht mehr Statt finden kann, geht der Zustand ein. Liebesleute -- verehlicht oder nicht -- verlangen meist eine unbedingte
inwendig, bequem, behaglich, zweckmäßig. Die „Dachſtube“ (wie die armen litterariſchen Franzöſinnen unter Louis XIV. und XV, die doch die Geſellſchaft ſahen) im Größern fortge- ſponnen. Das Andre gelänge doch nicht: und gelänge es, hätte ich eine Klaſſe Geſellſchaft: und ſchrecklicher giebt’s nichts. Ich habe es aus den Zeitungen ſchon gewußt, daß Karl Verdruß haben muß; ſchon wie du hier warſt, und mir ſagteſt, wie er über Volksunterricht denkt — du mit — wußt’ ich das Reſultat: und bliebe es noch Jahrzehnte aus. Grüße Karl herzlich! ne fera-t-il point de voyage; ne voudra-t-il me donner un rendez-vous? que j’aimerais le voir! Adieu, mon amie. Portez-vous bien, c’est l’essentiel! Deine alte treue
R.
Mille belles choses à Louis. Varnh. vous embrasse dans la joie de ma guérison.
1829.
Zu Börne’s Schriften, Theil 2. S. 198. Bei Hamlet hat ſich Börne am meiſten geirrt. Den hat er nicht gefaßt. Deß- halb redete er ſo viel, und ſagte ſo wenig: faſt nichts. Da, wo er endigt, hätte er anfangen ſollen. Von dem Zu- ſtand eines deutſchen Menſchen von Geiſt hätte er ſprechen ſollen; von der modernen Abtheilung der Welt.
Es ſcheint noch gar nicht bekannt, daß zum Verliebtſein ein immerwährendes Verlieben erfordert iſt; ſo wie dies nicht mehr Statt finden kann, geht der Zuſtand ein. Liebesleute — verehlicht oder nicht — verlangen meiſt eine unbedingte
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inwendig, bequem, behaglich, zweckmäßig. Die „Dachſtube“
(wie die armen litterariſchen Franzöſinnen unter Louis XIV.
und XV, die doch die Geſellſchaft ſahen) im Größern fortge-
ſponnen. Das Andre gelänge doch nicht: und gelänge es,
hätte ich eine Klaſſe Geſellſchaft: und ſchrecklicher giebt’s
nichts. Ich habe es aus den Zeitungen ſchon gewußt, daß
Karl Verdruß haben muß; ſchon wie du hier warſt, und mir
ſagteſt, wie er über Volksunterricht denkt — du mit — wußt’
ich das Reſultat: und bliebe es noch Jahrzehnte aus. Grüße
Karl herzlich! ne fera-t-il point de voyage; ne voudra-t-il
me donner un rendez-vous? que j’aimerais le voir! Adieu,
mon amie. Portez-vous bien, c’est l’essentiel! Deine alte
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R.
Mille belles choses à Louis. Varnh. vous embrasse dans
la joie de ma guérison.
1829.
Zu Börne’s Schriften, Theil 2. S. 198. Bei Hamlet hat
ſich Börne am meiſten geirrt. Den hat er nicht gefaßt. Deß-
halb redete er ſo viel, und ſagte ſo wenig: faſt nichts. Da,
wo er endigt, hätte er anfangen ſollen. Von dem Zu-
ſtand eines deutſchen Menſchen von Geiſt hätte er ſprechen
ſollen; von der modernen Abtheilung der Welt.
Es ſcheint noch gar nicht bekannt, daß zum Verliebtſein
ein immerwährendes Verlieben erfordert iſt; ſo wie dies nicht
mehr Statt finden kann, geht der Zuſtand ein. Liebesleute
— verehlicht oder nicht — verlangen meiſt eine unbedingte
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Ein Buch des Andenkens für ihre Freunde. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel03_1834/398>, abgerufen am 22.12.2024.
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