Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

umständlichen Brief über sich, Berlin, und all unsre Bekann-
ten, und Relationen, und Nebendinge schreiben. Von mir,
sprecht keinem, und -- ich bitte euch, laßt rathen -- sagt
es nicht -- ich käme gar nicht wieder. Hört ihr? gar nicht.
Gott wie hass' ich hier alles was ich sonst hassen sollte. Nun!
wenn ihr mich wiederseht. Ein Blasebalg aus einer Grob-
schmidt-Schmiede ist nichts! gegen mich.

Maimon todt! (es steht auch hier ziemlich lahm in
der Zeitung) und Selle, hat weg müssen! et son epouse?
Was macht und wo ist Prinz Louis? das will ich auch wis-
sen. Wie gehen die Opern? wie nimmt's die Marchetti?
Nichts ärgert mich mehr, als das Geprahle, was die Zim-
merleute
und die Deutschen alles werden in die Blätter
nach der Aufführung der Oper ihres deutschen Freundes wer-
den setzen lassen; und hinter dem dichtrischen Righini seiner
steht beinah immer nichts. Moritz, brauch doch meine Per-
rücke zur Redoute. Adieu!

Rahel.

Bunim, die Schulzen, die kleine Köchin und besonders
Achard zu grüßen.



An Frau von Boye, in Berlin.


Was geschieht dem Thätigen, Hülfreichen? Ein kleiner
Dank, und neue Last; neue Aufträge. Unsere Gemüthsart
ist der Kannevaß zu unserm ganzen Leben: deines muß also
ein Dienen, ein Besorgen sein und bleiben, und ein bischen
Verwirren -- nebenher. Aber, liebe Freundin, bei mir --

umſtändlichen Brief über ſich, Berlin, und all unſre Bekann-
ten, und Relationen, und Nebendinge ſchreiben. Von mir,
ſprecht keinem, und — ich bitte euch, laßt rathen — ſagt
es nicht — ich käme gar nicht wieder. Hört ihr? gar nicht.
Gott wie haſſ’ ich hier alles was ich ſonſt haſſen ſollte. Nun!
wenn ihr mich wiederſeht. Ein Blaſebalg aus einer Grob-
ſchmidt-Schmiede iſt nichts! gegen mich.

Maimon todt! (es ſteht auch hier ziemlich lahm in
der Zeitung) und Selle, hat weg müſſen! et son épouse?
Was macht und wo iſt Prinz Louis? das will ich auch wiſ-
ſen. Wie gehen die Opern? wie nimmt’s die Marchetti?
Nichts ärgert mich mehr, als das Geprahle, was die Zim-
merleute
und die Deutſchen alles werden in die Blätter
nach der Aufführung der Oper ihres deutſchen Freundes wer-
den ſetzen laſſen; und hinter dem dichtriſchen Righini ſeiner
ſteht beinah immer nichts. Moritz, brauch doch meine Per-
rücke zur Redoute. Adieu!

Rahel.

Bunim, die Schulzen, die kleine Köchin und beſonders
Achard zu grüßen.



An Frau von Boye, in Berlin.


Was geſchieht dem Thätigen, Hülfreichen? Ein kleiner
Dank, und neue Laſt; neue Aufträge. Unſere Gemüthsart
iſt der Kannevaß zu unſerm ganzen Leben: deines muß alſo
ein Dienen, ein Beſorgen ſein und bleiben, und ein bischen
Verwirren — nebenher. Aber, liebe Freundin, bei mir —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0233" n="219"/>
um&#x017F;tändlichen Brief über &#x017F;ich, Berlin, und <hi rendition="#g">all</hi> un&#x017F;re Bekann-<lb/>
ten, und Relationen, und Nebendinge &#x017F;chreiben. Von mir,<lb/>
&#x017F;precht keinem, und &#x2014; ich bitte euch, <hi rendition="#g">laßt rathen &#x2014; &#x017F;agt</hi><lb/>
es nicht &#x2014; ich käme gar nicht wieder. Hört ihr? <hi rendition="#g">gar</hi> nicht.<lb/>
Gott wie ha&#x017F;&#x017F;&#x2019; ich hier alles was ich &#x017F;on&#x017F;t ha&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollte. Nun!<lb/>
wenn ihr mich wieder&#x017F;eht. Ein Bla&#x017F;ebalg aus einer Grob-<lb/>
&#x017F;chmidt-Schmiede i&#x017F;t <hi rendition="#g">nichts</hi>! gegen mich.</p><lb/>
          <p>Maimon todt! (es &#x017F;teht auch hier <hi rendition="#g">ziemlich lahm</hi> in<lb/>
der Zeitung) und Selle, hat weg mü&#x017F;&#x017F;en! <hi rendition="#aq">et son épouse</hi>?<lb/>
Was <hi rendition="#g">macht</hi> und wo <hi rendition="#g">i&#x017F;t</hi> Prinz Louis? das will ich auch wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Wie gehen die Opern? wie nimmt&#x2019;s die Marchetti?<lb/>
Nichts ärgert mich mehr, als das Geprahle, was die <hi rendition="#g">Zim-<lb/>
merleute</hi> und die <hi rendition="#g">Deut&#x017F;chen</hi> alles werden in die Blätter<lb/>
nach der Aufführung der Oper ihres deut&#x017F;chen Freundes wer-<lb/>
den &#x017F;etzen la&#x017F;&#x017F;en; und hinter dem dichtri&#x017F;chen Righini &#x017F;einer<lb/>
&#x017F;teht beinah immer nichts. Moritz, brauch doch meine Per-<lb/>
rücke zur Redoute. Adieu!</p>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">Rahel.</hi> </salute>
          </closer><lb/>
          <postscript>
            <p>Bunim, die Schulzen, die kleine Köchin und be&#x017F;onders<lb/>
Achard zu grüßen.</p>
          </postscript>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>An Frau von Boye, in Berlin.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Paris, den 17. December 1800. Dienstag.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Was ge&#x017F;chieht dem Thätigen, Hülfreichen? Ein kleiner<lb/>
Dank, und neue La&#x017F;t; <hi rendition="#g">neue</hi> Aufträge. Un&#x017F;ere Gemüthsart<lb/>
i&#x017F;t der Kannevaß zu un&#x017F;erm ganzen Leben: deines muß al&#x017F;o<lb/><hi rendition="#g">ein</hi> Dienen, <hi rendition="#g">ein</hi> Be&#x017F;orgen &#x017F;ein und bleiben, und ein bischen<lb/>
Verwirren &#x2014; neben<hi rendition="#g">her</hi>. Aber, liebe Freundin, bei mir &#x2014;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0233] umſtändlichen Brief über ſich, Berlin, und all unſre Bekann- ten, und Relationen, und Nebendinge ſchreiben. Von mir, ſprecht keinem, und — ich bitte euch, laßt rathen — ſagt es nicht — ich käme gar nicht wieder. Hört ihr? gar nicht. Gott wie haſſ’ ich hier alles was ich ſonſt haſſen ſollte. Nun! wenn ihr mich wiederſeht. Ein Blaſebalg aus einer Grob- ſchmidt-Schmiede iſt nichts! gegen mich. Maimon todt! (es ſteht auch hier ziemlich lahm in der Zeitung) und Selle, hat weg müſſen! et son épouse? Was macht und wo iſt Prinz Louis? das will ich auch wiſ- ſen. Wie gehen die Opern? wie nimmt’s die Marchetti? Nichts ärgert mich mehr, als das Geprahle, was die Zim- merleute und die Deutſchen alles werden in die Blätter nach der Aufführung der Oper ihres deutſchen Freundes wer- den ſetzen laſſen; und hinter dem dichtriſchen Righini ſeiner ſteht beinah immer nichts. Moritz, brauch doch meine Per- rücke zur Redoute. Adieu! Rahel. Bunim, die Schulzen, die kleine Köchin und beſonders Achard zu grüßen. An Frau von Boye, in Berlin. Paris, den 17. December 1800. Dienstag. Was geſchieht dem Thätigen, Hülfreichen? Ein kleiner Dank, und neue Laſt; neue Aufträge. Unſere Gemüthsart iſt der Kannevaß zu unſerm ganzen Leben: deines muß alſo ein Dienen, ein Beſorgen ſein und bleiben, und ein bischen Verwirren — nebenher. Aber, liebe Freundin, bei mir —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/233
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/233>, abgerufen am 30.12.2024.