Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Eitheile d. m. d. Embryonalkörper in Verbindung stehen.
den isolirten Faden, wie es Bischoff gethan (l. c. S. 57.), für das
Rudiment des Ganges zu halten, so lange man sich nicht mit Be-
stimmtheit davon überzeugt hat, dass es nicht die Arteria oder
Vena omphalo-mesenterica oder ein daran liegender Zellge-
websfaden sey. Noch Mehreres über die Nabelblase ist in dem
zweiten Abschnitte bei der Genese des Darmkanales enthalten.

b. Das Amnion.

Die innerste Eihaut, welche zugleich von dem Embryo ausgeht,
ist die Schaafhaut, das von Empedokles schon so benannte (Vgl.
Haller elem. physiol. VIII. p. 195.) Amnion, welches, um mich
der Erklärung Regner de Graaf's (Opp. omnia. p. 369.) zu bedie-
nen, deshalb Amnion i. e. amiculum heisst, quia amice foetum
obvolvat
. Diese Haut, welche bei Haller und Meckel die vierte
Haut und bei Blumenbach die zweite eigenthümliche Haut ge-
nannt wird, kann so leicht in dem Menschen sowohl, als in den
Säugethieren wahrgenommen werden, dass es ganz erklärlich ge-
nannt werden muss, wenn sie fast keinem, nur irgend genaueren
Beobachter von den ältesten bis auf die neuesten Zeiten entgan-
gen ist. Doch finden sich theils in Bezug auf ihre Genese, theils
in Rücksicht ihrer Verbindung mit den anderen Eihäuten und
der Frucht eine Menge ganz unrichtiger Ansichten. Wie man
nämlich bei dem Hühnchen sehr leicht verfolgen kann, entsteht
das Amnion (s. im zweiten Abschnitte) dadurch, dass sich der
centrale Theil der Keimhaut, der Embryo, einsenkt und der peri-
pherische Antheil des serösen Blattes zuerst am Kopfe, dann am
Schwanze und zuletzt an den Seiten über ihn hinwegschlägt.
Es verbindet sich daher continuirlich mit den Bauchplatten und
nach Schliessung derselben mit dem Nabel. Man pflegt auch diese
Hülle des Embryo zum Unterschiede einer anderen, vor ihr er-
scheinenden das wahre Amnion zu nennen, während jene das
falsche Amnion heisst (S. im zweiten Abschnitte am Schlusse des
serösen Blattes.). -- Es wäre ermüdend, wenn wir die Literatur
des Amnion vollständig durchgehen wollten, da der Natur der
Sache nach die Differenz der Ansichten im Wesentlichen nicht
so gross und so mannigfach seyn kann. Daher wir nur einiges
Wichtigere anzuführen uns begnügen. So wird das Amnion zwar
oberflächlich, doch ohne wesentlichen Fehler von Galen u. a. äl-
teren Aerzten beschrieben (S. Velpeau l. c. p. 23.) und von Al-

Eitheile d. m. d. Embryonalkörper in Verbindung stehen.
den isolirten Faden, wie es Bischoff gethan (l. c. S. 57.), für das
Rudiment des Ganges zu halten, so lange man sich nicht mit Be-
stimmtheit davon überzeugt hat, daſs es nicht die Arteria oder
Vena omphalo-mesenterica oder ein daran liegender Zellge-
websfaden sey. Noch Mehreres über die Nabelblase ist in dem
zweiten Abschnitte bei der Genese des Darmkanales enthalten.

b. Das Amnion.

Die innerste Eihaut, welche zugleich von dem Embryo ausgeht,
ist die Schaafhaut, das von Empedokles schon so benannte (Vgl.
Haller elem. physiol. VIII. p. 195.) Amnion, welches, um mich
der Erklärung Regner de Graaf’s (Opp. omnia. p. 369.) zu bedie-
nen, deshalb Amnion i. e. amiculum heiſst, quia amice foetum
obvolvat
. Diese Haut, welche bei Haller und Meckel die vierte
Haut und bei Blumenbach die zweite eigenthümliche Haut ge-
nannt wird, kann so leicht in dem Menschen sowohl, als in den
Säugethieren wahrgenommen werden, daſs es ganz erklärlich ge-
nannt werden muſs, wenn sie fast keinem, nur irgend genaueren
Beobachter von den ältesten bis auf die neuesten Zeiten entgan-
gen ist. Doch finden sich theils in Bezug auf ihre Genese, theils
in Rücksicht ihrer Verbindung mit den anderen Eihäuten und
der Frucht eine Menge ganz unrichtiger Ansichten. Wie man
nämlich bei dem Hühnchen sehr leicht verfolgen kann, entsteht
das Amnion (s. im zweiten Abschnitte) dadurch, daſs sich der
centrale Theil der Keimhaut, der Embryo, einsenkt und der peri-
pherische Antheil des serösen Blattes zuerst am Kopfe, dann am
Schwanze und zuletzt an den Seiten über ihn hinwegschlägt.
Es verbindet sich daher continuirlich mit den Bauchplatten und
nach Schlieſsung derselben mit dem Nabel. Man pflegt auch diese
Hülle des Embryo zum Unterschiede einer anderen, vor ihr er-
scheinenden das wahre Amnion zu nennen, während jene das
falsche Amnion heiſst (S. im zweiten Abschnitte am Schlusse des
serösen Blattes.). — Es wäre ermüdend, wenn wir die Literatur
des Amnion vollständig durchgehen wollten, da der Natur der
Sache nach die Differenz der Ansichten im Wesentlichen nicht
so groſs und so mannigfach seyn kann. Daher wir nur einiges
Wichtigere anzuführen uns begnügen. So wird das Amnion zwar
oberflächlich, doch ohne wesentlichen Fehler von Galen u. a. äl-
teren Aerzten beschrieben (S. Velpeau l. c. p. 23.) und von Al-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0139" n="111"/><fw place="top" type="header">Eitheile d. m. d. Embryonalkörper in Verbindung stehen.</fw><lb/>
den isolirten Faden, wie es Bischoff gethan (l. c. S. 57.), für das<lb/>
Rudiment des Ganges zu halten, so lange man sich nicht mit Be-<lb/>
stimmtheit davon überzeugt hat, da&#x017F;s es nicht die <hi rendition="#i">Arteria</hi> oder<lb/><hi rendition="#i">Vena omphalo-mesenterica</hi> oder ein daran liegender Zellge-<lb/>
websfaden sey. Noch Mehreres über die Nabelblase ist in dem<lb/>
zweiten Abschnitte bei der Genese des Darmkanales enthalten.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>b. <hi rendition="#g">Das Amnion</hi>.</head><lb/>
              <p>Die innerste Eihaut, welche zugleich von dem Embryo ausgeht,<lb/>
ist die Schaafhaut, das von Empedokles schon so benannte (Vgl.<lb/>
Haller <hi rendition="#i">elem. physiol. VIII. p.</hi> 195.) Amnion, welches, um mich<lb/>
der Erklärung Regner de Graaf&#x2019;s (<hi rendition="#i">Opp. omnia. p.</hi> 369.) zu bedie-<lb/>
nen, deshalb Amnion <hi rendition="#i">i. e. amiculum</hi> hei&#x017F;st, <hi rendition="#i">quia amice foetum<lb/>
obvolvat</hi>. Diese Haut, welche bei Haller und Meckel die vierte<lb/>
Haut und bei Blumenbach die zweite eigenthümliche Haut ge-<lb/>
nannt wird, kann so leicht in dem Menschen sowohl, als in den<lb/>
Säugethieren wahrgenommen werden, da&#x017F;s es ganz erklärlich ge-<lb/>
nannt werden mu&#x017F;s, wenn sie fast keinem, nur irgend genaueren<lb/>
Beobachter von den ältesten bis auf die neuesten Zeiten entgan-<lb/>
gen ist. Doch finden sich theils in Bezug auf ihre Genese, theils<lb/>
in Rücksicht ihrer Verbindung mit den anderen Eihäuten und<lb/>
der Frucht eine Menge ganz unrichtiger Ansichten. Wie man<lb/>
nämlich bei dem Hühnchen sehr leicht verfolgen kann, entsteht<lb/>
das Amnion (s. im zweiten Abschnitte) dadurch, da&#x017F;s sich der<lb/>
centrale Theil der Keimhaut, der Embryo, einsenkt und der peri-<lb/>
pherische Antheil des serösen Blattes zuerst am Kopfe, dann am<lb/>
Schwanze und zuletzt an den Seiten über ihn hinwegschlägt.<lb/>
Es verbindet sich daher continuirlich mit den Bauchplatten und<lb/>
nach Schlie&#x017F;sung derselben mit dem Nabel. Man pflegt auch diese<lb/>
Hülle des Embryo zum Unterschiede einer anderen, vor ihr er-<lb/>
scheinenden das wahre Amnion zu nennen, während jene das<lb/>
falsche Amnion hei&#x017F;st (S. im zweiten Abschnitte am Schlusse des<lb/>
serösen Blattes.). &#x2014; Es wäre ermüdend, wenn wir die Literatur<lb/>
des Amnion vollständig durchgehen wollten, da der Natur der<lb/>
Sache nach die Differenz der Ansichten im Wesentlichen nicht<lb/>
so gro&#x017F;s und so mannigfach seyn kann. Daher wir nur einiges<lb/>
Wichtigere anzuführen uns begnügen. So wird das Amnion zwar<lb/>
oberflächlich, doch ohne wesentlichen Fehler von Galen u. a. äl-<lb/>
teren Aerzten beschrieben (S. Velpeau l. c. p. 23.) und von Al-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0139] Eitheile d. m. d. Embryonalkörper in Verbindung stehen. den isolirten Faden, wie es Bischoff gethan (l. c. S. 57.), für das Rudiment des Ganges zu halten, so lange man sich nicht mit Be- stimmtheit davon überzeugt hat, daſs es nicht die Arteria oder Vena omphalo-mesenterica oder ein daran liegender Zellge- websfaden sey. Noch Mehreres über die Nabelblase ist in dem zweiten Abschnitte bei der Genese des Darmkanales enthalten. b. Das Amnion. Die innerste Eihaut, welche zugleich von dem Embryo ausgeht, ist die Schaafhaut, das von Empedokles schon so benannte (Vgl. Haller elem. physiol. VIII. p. 195.) Amnion, welches, um mich der Erklärung Regner de Graaf’s (Opp. omnia. p. 369.) zu bedie- nen, deshalb Amnion i. e. amiculum heiſst, quia amice foetum obvolvat. Diese Haut, welche bei Haller und Meckel die vierte Haut und bei Blumenbach die zweite eigenthümliche Haut ge- nannt wird, kann so leicht in dem Menschen sowohl, als in den Säugethieren wahrgenommen werden, daſs es ganz erklärlich ge- nannt werden muſs, wenn sie fast keinem, nur irgend genaueren Beobachter von den ältesten bis auf die neuesten Zeiten entgan- gen ist. Doch finden sich theils in Bezug auf ihre Genese, theils in Rücksicht ihrer Verbindung mit den anderen Eihäuten und der Frucht eine Menge ganz unrichtiger Ansichten. Wie man nämlich bei dem Hühnchen sehr leicht verfolgen kann, entsteht das Amnion (s. im zweiten Abschnitte) dadurch, daſs sich der centrale Theil der Keimhaut, der Embryo, einsenkt und der peri- pherische Antheil des serösen Blattes zuerst am Kopfe, dann am Schwanze und zuletzt an den Seiten über ihn hinwegschlägt. Es verbindet sich daher continuirlich mit den Bauchplatten und nach Schlieſsung derselben mit dem Nabel. Man pflegt auch diese Hülle des Embryo zum Unterschiede einer anderen, vor ihr er- scheinenden das wahre Amnion zu nennen, während jene das falsche Amnion heiſst (S. im zweiten Abschnitte am Schlusse des serösen Blattes.). — Es wäre ermüdend, wenn wir die Literatur des Amnion vollständig durchgehen wollten, da der Natur der Sache nach die Differenz der Ansichten im Wesentlichen nicht so groſs und so mannigfach seyn kann. Daher wir nur einiges Wichtigere anzuführen uns begnügen. So wird das Amnion zwar oberflächlich, doch ohne wesentlichen Fehler von Galen u. a. äl- teren Aerzten beschrieben (S. Velpeau l. c. p. 23.) und von Al-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/139
Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/139>, abgerufen am 22.12.2024.