mal dabey ein, daß uns dieses etwas unbegreif- liches sey. Allein ich sehe doch, daß es nicht anders seyn kan. Also lieget vermuthlich das nicht zu begreifende bloß darin verborgen, daß wir es einmal vor erwiesen zum Voraus setzen, wir hätten eine solche Sele, die dieses nicht thun könne. Vielleicht aber dächten wir gantz anders, wenn es uns einmal erlaubt wäre un- srer Sele in ihren Beschäftigungen auf die Fin- ger genau Achtung zu geben, um welches Aus- drucks willen ich aber doch meine Leser hier- durch um Verzeihung bitte, weil er nicht Mode ist.
§. 35.
Beyde von mir angeführte Erfahrungen, welche beweisen, daß die Sele in unsern Kör- per würcke, sind von solcher Beschaffenheit, daß sie niemand in Zweifel ziehen kan. Jch hätte andre erwählen können, bey denen ich so vielerley Anmerckungen und Bestimmungen anzuführen nicht nöthig gehabt hätte. Allein ich habe diese mit Vorsatz erwählet. Gegenwärtige Ab- handlung gehöret in die Artzneygelahrheit, und die Gegner welche ich darinnen finde, sind die Mechanischen Aertzte. Eben diesen Herren zu gefallen, habe ich solche Erfahrungen auser- wählet, deren sich die Mechanisten am häufig- sten zu Befestigung ihrer Meinung zu bedienen pflegen. Wenigstens läßt sich dieses von der Art und Weise, wie wir empfinden, sicherlich behaupten. Die Mechanisten sagen, daß eben
durch
mal dabey ein, daß uns dieſes etwas unbegreif- liches ſey. Allein ich ſehe doch, daß es nicht anders ſeyn kan. Alſo lieget vermuthlich das nicht zu begreifende bloß darin verborgen, daß wir es einmal vor erwieſen zum Voraus ſetzen, wir haͤtten eine ſolche Sele, die dieſes nicht thun koͤnne. Vielleicht aber daͤchten wir gantz anders, wenn es uns einmal erlaubt waͤre un- ſrer Sele in ihren Beſchaͤftigungen auf die Fin- ger genau Achtung zu geben, um welches Aus- drucks willen ich aber doch meine Leſer hier- durch um Verzeihung bitte, weil er nicht Mode iſt.
§. 35.
Beyde von mir angefuͤhrte Erfahrungen, welche beweiſen, daß die Sele in unſern Koͤr- per wuͤrcke, ſind von ſolcher Beſchaffenheit, daß ſie niemand in Zweifel ziehen kan. Jch haͤtte andre erwaͤhlen koͤnnen, bey denen ich ſo vielerley Anmerckungen und Beſtimmungen anzufuͤhren nicht noͤthig gehabt haͤtte. Allein ich habe dieſe mit Vorſatz erwaͤhlet. Gegenwaͤrtige Ab- handlung gehoͤret in die Artzneygelahrheit, und die Gegner welche ich darinnen finde, ſind die Mechaniſchen Aertzte. Eben dieſen Herren zu gefallen, habe ich ſolche Erfahrungen auser- waͤhlet, deren ſich die Mechaniſten am haͤufig- ſten zu Befeſtigung ihrer Meinung zu bedienen pflegen. Wenigſtens laͤßt ſich dieſes von der Art und Weiſe, wie wir empfinden, ſicherlich behaupten. Die Mechaniſten ſagen, daß eben
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mal dabey ein, daß uns dieſes etwas unbegreif-
liches ſey. Allein ich ſehe doch, daß es nicht
anders ſeyn kan. Alſo lieget vermuthlich das
nicht zu begreifende bloß darin verborgen, daß
wir es einmal vor erwieſen zum Voraus ſetzen,
wir haͤtten eine ſolche Sele, die dieſes nicht
thun koͤnne. Vielleicht aber daͤchten wir gantz
anders, wenn es uns einmal erlaubt waͤre un-
ſrer Sele in ihren Beſchaͤftigungen auf die Fin-
ger genau Achtung zu geben, um welches Aus-
drucks willen ich aber doch meine Leſer hier-
durch um Verzeihung bitte, weil er nicht
Mode iſt.
§. 35.
Beyde von mir angefuͤhrte Erfahrungen,
welche beweiſen, daß die Sele in unſern Koͤr-
per wuͤrcke, ſind von ſolcher Beſchaffenheit, daß
ſie niemand in Zweifel ziehen kan. Jch haͤtte
andre erwaͤhlen koͤnnen, bey denen ich ſo vielerley
Anmerckungen und Beſtimmungen anzufuͤhren
nicht noͤthig gehabt haͤtte. Allein ich habe
dieſe mit Vorſatz erwaͤhlet. Gegenwaͤrtige Ab-
handlung gehoͤret in die Artzneygelahrheit, und
die Gegner welche ich darinnen finde, ſind die
Mechaniſchen Aertzte. Eben dieſen Herren zu
gefallen, habe ich ſolche Erfahrungen auser-
waͤhlet, deren ſich die Mechaniſten am haͤufig-
ſten zu Befeſtigung ihrer Meinung zu bedienen
pflegen. Wenigſtens laͤßt ſich dieſes von der
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/118>, abgerufen am 03.03.2025.
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