Groß, majestätisch sind des Höchsten Werke, Und würdig, daß man sie erforsch und merke; Aus ihnen strömen heilige Vergnügen, Die nie versiegen.
Die kleine Springfedern der Natur, die kleine Kraft, oder die nur geringe Anstalten zu Hervorbringung der größten Handlungen, sind ein unterscheidendes Merkmal der Werke Got- tes. Oefters sind diese Triebräder so fein und versteckt, daß wir, wie bei Entwicklung der Keime, nur der Würkungen derselben gewahr werden. Monden bewegen sich um ihre Planeten; diese mit ihren Monden bewegen sich um eine gemeinschaftliche Sonne. Jeder dieser Himmelskörper hat seine eigne Bahn, seine eigne Schnelligkeit. Wird nicht das Uhrwerk dieser Maschine sehr künstlich und zusammengesetzt seyn? Wird nicht jedes Rad genau in das andre eingreifen müssen? Wie oft muß das Gewicht der Sphären aufgezogen werden? --
Wer hält im Gleichgewichte So grosser Körper Last? Wie schwimmt die Welt im Lichte?
Unnütze Fragen! Du sprachst, o Gott! und es ward. Deine Vorkehrungen sind zum Erstaunen einfach.
Du hingst in lichten Fernen Weit über uns hinauf, Die Sonne mit den Sternen, Uns zu erleuchten auf. Da hangen sie an nichts! --
Daß du jedem Weltkörper einen Stoß gegeben hast, ist nicht zu leugnen; aber wie ist es möglich, daß dieser Eindruck
noch
Der 9te Mai.
Groß, majeſtaͤtiſch ſind des Hoͤchſten Werke, Und wuͤrdig, daß man ſie erforſch und merke; Aus ihnen ſtroͤmen heilige Vergnuͤgen, Die nie verſiegen.
Die kleine Springfedern der Natur, die kleine Kraft, oder die nur geringe Anſtalten zu Hervorbringung der groͤßten Handlungen, ſind ein unterſcheidendes Merkmal der Werke Got- tes. Oefters ſind dieſe Triebraͤder ſo fein und verſteckt, daß wir, wie bei Entwicklung der Keime, nur der Wuͤrkungen derſelben gewahr werden. Monden bewegen ſich um ihre Planeten; dieſe mit ihren Monden bewegen ſich um eine gemeinſchaftliche Sonne. Jeder dieſer Himmelskoͤrper hat ſeine eigne Bahn, ſeine eigne Schnelligkeit. Wird nicht das Uhrwerk dieſer Maſchine ſehr kuͤnſtlich und zuſammengeſetzt ſeyn? Wird nicht jedes Rad genau in das andre eingreifen muͤſſen? Wie oft muß das Gewicht der Sphaͤren aufgezogen werden? —
Wer haͤlt im Gleichgewichte So groſſer Koͤrper Laſt? Wie ſchwimmt die Welt im Lichte?
Unnuͤtze Fragen! Du ſprachſt, o Gott! und es ward. Deine Vorkehrungen ſind zum Erſtaunen einfach.
Du hingſt in lichten Fernen Weit uͤber uns hinauf, Die Sonne mit den Sternen, Uns zu erleuchten auf. Da hangen ſie an nichts! —
Daß du jedem Weltkoͤrper einen Stoß gegeben haſt, iſt nicht zu leugnen; aber wie iſt es moͤglich, daß dieſer Eindruck
noch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0306"n="269[299]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b">Der 9<hirendition="#sup">te</hi> Mai.</hi></head><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">G</hi>roß, majeſtaͤtiſch ſind des Hoͤchſten Werke,</l><lb/><l>Und wuͤrdig, daß man ſie erforſch und merke;</l><lb/><l>Aus ihnen ſtroͤmen heilige Vergnuͤgen,</l><lb/><l><hirendition="#et">Die nie verſiegen.</hi></l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#in">D</hi><hirendition="#fr">ie kleine Springfedern der Natur,</hi> die kleine Kraft,<lb/>
oder die nur geringe Anſtalten zu Hervorbringung der groͤßten<lb/>
Handlungen, ſind ein unterſcheidendes Merkmal der Werke Got-<lb/>
tes. Oefters ſind dieſe Triebraͤder ſo fein und verſteckt, daß wir,<lb/>
wie bei Entwicklung der Keime, nur der Wuͤrkungen derſelben<lb/>
gewahr werden. Monden bewegen ſich um ihre Planeten; dieſe<lb/>
mit ihren Monden bewegen ſich um eine gemeinſchaftliche Sonne.<lb/>
Jeder dieſer Himmelskoͤrper hat ſeine eigne Bahn, ſeine eigne<lb/>
Schnelligkeit. Wird nicht das Uhrwerk dieſer Maſchine ſehr<lb/>
kuͤnſtlich und zuſammengeſetzt ſeyn? Wird nicht jedes Rad genau<lb/>
in das andre eingreifen muͤſſen? Wie oft muß das Gewicht der<lb/>
Sphaͤren aufgezogen werden? —</p><lb/><lgtype="poem"><l>Wer haͤlt im Gleichgewichte</l><lb/><l>So groſſer Koͤrper Laſt?</l><lb/><l>Wie ſchwimmt die Welt im Lichte?</l></lg><lb/><p>Unnuͤtze Fragen! Du ſprachſt, o Gott! und es ward.<lb/>
Deine Vorkehrungen ſind zum Erſtaunen einfach.</p><lb/><lgtype="poem"><l>Du hingſt in lichten Fernen</l><lb/><l>Weit uͤber uns hinauf,</l><lb/><l>Die Sonne mit den Sternen,</l><lb/><l>Uns zu erleuchten auf.</l><lb/><l>Da hangen ſie an nichts! —</l></lg><lb/><p>Daß du jedem Weltkoͤrper einen Stoß gegeben haſt, iſt<lb/>
nicht zu leugnen; aber wie iſt es moͤglich, daß dieſer Eindruck<lb/><fwplace="bottom"type="catch">noch</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[269[299]/0306]
Der 9te Mai.
Groß, majeſtaͤtiſch ſind des Hoͤchſten Werke,
Und wuͤrdig, daß man ſie erforſch und merke;
Aus ihnen ſtroͤmen heilige Vergnuͤgen,
Die nie verſiegen.
Die kleine Springfedern der Natur, die kleine Kraft,
oder die nur geringe Anſtalten zu Hervorbringung der groͤßten
Handlungen, ſind ein unterſcheidendes Merkmal der Werke Got-
tes. Oefters ſind dieſe Triebraͤder ſo fein und verſteckt, daß wir,
wie bei Entwicklung der Keime, nur der Wuͤrkungen derſelben
gewahr werden. Monden bewegen ſich um ihre Planeten; dieſe
mit ihren Monden bewegen ſich um eine gemeinſchaftliche Sonne.
Jeder dieſer Himmelskoͤrper hat ſeine eigne Bahn, ſeine eigne
Schnelligkeit. Wird nicht das Uhrwerk dieſer Maſchine ſehr
kuͤnſtlich und zuſammengeſetzt ſeyn? Wird nicht jedes Rad genau
in das andre eingreifen muͤſſen? Wie oft muß das Gewicht der
Sphaͤren aufgezogen werden? —
Wer haͤlt im Gleichgewichte
So groſſer Koͤrper Laſt?
Wie ſchwimmt die Welt im Lichte?
Unnuͤtze Fragen! Du ſprachſt, o Gott! und es ward.
Deine Vorkehrungen ſind zum Erſtaunen einfach.
Du hingſt in lichten Fernen
Weit uͤber uns hinauf,
Die Sonne mit den Sternen,
Uns zu erleuchten auf.
Da hangen ſie an nichts! —
Daß du jedem Weltkoͤrper einen Stoß gegeben haſt, iſt
nicht zu leugnen; aber wie iſt es moͤglich, daß dieſer Eindruck
noch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-05-24T12:24:22Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 269[299]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/306>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.