Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
44.
William Lovell an Rosa.

Wohin soll ich mich wenden? -- Ein entsetz-
licher Schreck hat mich bis hieher gejagt, und
nun weiß ich nicht, ob ich hier bleiben, ob ich
rückwärts, oder vorwärts gehen soll.

Die Räuber waren endlich meines müßigen
Lebens überdrüßig, sie forderten, daß auch ich
ein nützliches Mitglied der Gesellschaft werden
sollte. Man gab mir ein Pferd, und ich mußte
an einem Morgen mit zwey andern ausreiten.

Wir lagen noch nicht lange am Wege, als
ein Reiter in großer Eile vorübertrabte, wir
lenkten auf einen verborgenen Fußsteig ein, so
daß wir ihm entgegenkamen. Er schien uns
nicht zu fürchten, denn er suchte nicht auszu-
weichen, wir stießen auf einander -- und o
Himmel! nie werd' ich diesen Augenblick ver-
gessen, -- Karl Wilmonts Gesicht stand
vor mir, bleich und entstellt. -- Kaum er-
kannte er mich, als in seinen Augen ein höhe-

44.
William Lovell an Roſa.

Wohin ſoll ich mich wenden? — Ein entſetz-
licher Schreck hat mich bis hieher gejagt, und
nun weiß ich nicht, ob ich hier bleiben, ob ich
ruͤckwaͤrts, oder vorwaͤrts gehen ſoll.

Die Raͤuber waren endlich meines muͤßigen
Lebens uͤberdruͤßig, ſie forderten, daß auch ich
ein nuͤtzliches Mitglied der Geſellſchaft werden
ſollte. Man gab mir ein Pferd, und ich mußte
an einem Morgen mit zwey andern ausreiten.

Wir lagen noch nicht lange am Wege, als
ein Reiter in großer Eile voruͤbertrabte, wir
lenkten auf einen verborgenen Fußſteig ein, ſo
daß wir ihm entgegenkamen. Er ſchien uns
nicht zu fuͤrchten, denn er ſuchte nicht auszu-
weichen, wir ſtießen auf einander — und o
Himmel! nie werd' ich dieſen Augenblick ver-
geſſen, — Karl Wilmonts Geſicht ſtand
vor mir, bleich und entſtellt. — Kaum er-
kannte er mich, als in ſeinen Augen ein hoͤhe-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0313" n="306"/>
        <div n="2">
          <head>44.<lb/><hi rendition="#g">William Lovell an Ro&#x017F;a</hi>.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Nizza</hi>.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>ohin &#x017F;oll ich mich wenden? &#x2014; Ein ent&#x017F;etz-<lb/>
licher Schreck hat mich bis hieher gejagt, und<lb/>
nun weiß ich nicht, ob ich hier bleiben, ob ich<lb/>
ru&#x0364;ckwa&#x0364;rts, oder vorwa&#x0364;rts gehen &#x017F;oll.</p><lb/>
          <p>Die Ra&#x0364;uber waren endlich meines mu&#x0364;ßigen<lb/>
Lebens u&#x0364;berdru&#x0364;ßig, &#x017F;ie forderten, daß auch ich<lb/>
ein nu&#x0364;tzliches Mitglied der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft werden<lb/>
&#x017F;ollte. Man gab mir ein Pferd, und ich mußte<lb/>
an einem Morgen mit zwey andern ausreiten.</p><lb/>
          <p>Wir lagen noch nicht lange am Wege, als<lb/>
ein Reiter in großer Eile voru&#x0364;bertrabte, wir<lb/>
lenkten auf einen verborgenen Fuß&#x017F;teig ein, &#x017F;o<lb/>
daß wir ihm entgegenkamen. Er &#x017F;chien uns<lb/>
nicht zu fu&#x0364;rchten, denn er &#x017F;uchte nicht auszu-<lb/>
weichen, wir &#x017F;tießen auf einander &#x2014; und o<lb/>
Himmel! nie werd' ich die&#x017F;en Augenblick ver-<lb/>
ge&#x017F;&#x017F;en, &#x2014; <hi rendition="#g">Karl Wilmonts</hi> Ge&#x017F;icht &#x017F;tand<lb/>
vor mir, bleich und ent&#x017F;tellt. &#x2014; Kaum er-<lb/>
kannte er mich, als in &#x017F;einen Augen ein ho&#x0364;he-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0313] 44. William Lovell an Roſa. Nizza. Wohin ſoll ich mich wenden? — Ein entſetz- licher Schreck hat mich bis hieher gejagt, und nun weiß ich nicht, ob ich hier bleiben, ob ich ruͤckwaͤrts, oder vorwaͤrts gehen ſoll. Die Raͤuber waren endlich meines muͤßigen Lebens uͤberdruͤßig, ſie forderten, daß auch ich ein nuͤtzliches Mitglied der Geſellſchaft werden ſollte. Man gab mir ein Pferd, und ich mußte an einem Morgen mit zwey andern ausreiten. Wir lagen noch nicht lange am Wege, als ein Reiter in großer Eile voruͤbertrabte, wir lenkten auf einen verborgenen Fußſteig ein, ſo daß wir ihm entgegenkamen. Er ſchien uns nicht zu fuͤrchten, denn er ſuchte nicht auszu- weichen, wir ſtießen auf einander — und o Himmel! nie werd' ich dieſen Augenblick ver- geſſen, — Karl Wilmonts Geſicht ſtand vor mir, bleich und entſtellt. — Kaum er- kannte er mich, als in ſeinen Augen ein hoͤhe-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/313
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/313>, abgerufen am 21.12.2024.