Ja, ja, nun ist mein Unglück gewiß. -- Gott, ich werd' es nicht überleben. -- Welche Ostern hab' ich gefeyert! es sind die letzten, das fühl' ich. -- Du bist also nicht der, für den Du Dich ausgiebst? O Himmel! Mein Anthonio ist ein Betrüger! -- Mein Anthonio? -- Nein, Du bist nicht mein; Du bist mir fremd, Du bist vornehm, Du kannst nie der Meinige werden. Und jetzt könnt' ich Dich auch nicht mehr lieben. -- Ach, wo ist alles, alles so plötzlich hingekommen, was ich für Dich em- pfand? -- Hast Du mich denn wirklich nicht in dem Hofe der Peterskirche gesehn? O ge- wiß, denn Deine Augen waren immer nach mir hingerichtet. Aber Du schämst Dich jetzt mei- ner, -- Du, -- ich sollte Dich nicht so nen- nen, denn Du bist nicht meines Gleichen, Du liebst mich nicht. -- Mein Herz klopfte ängst- lich, -- ich kannte Dich gleich am Ziehen der
59. Roſaline an William Lovell.
Ja, ja, nun iſt mein Ungluͤck gewiß. — Gott, ich werd’ es nicht uͤberleben. — Welche Oſtern hab’ ich gefeyert! es ſind die letzten, das fuͤhl’ ich. — Du biſt alſo nicht der, fuͤr den Du Dich ausgiebſt? O Himmel! Mein Anthonio iſt ein Betruͤger! — Mein Anthonio? — Nein, Du biſt nicht mein; Du biſt mir fremd, Du biſt vornehm, Du kannſt nie der Meinige werden. Und jetzt koͤnnt’ ich Dich auch nicht mehr lieben. — Ach, wo iſt alles, alles ſo ploͤtzlich hingekommen, was ich fuͤr Dich em- pfand? — Haſt Du mich denn wirklich nicht in dem Hofe der Peterskirche geſehn? O ge- wiß, denn Deine Augen waren immer nach mir hingerichtet. Aber Du ſchaͤmſt Dich jetzt mei- ner, — Du, — ich ſollte Dich nicht ſo nen- nen, denn Du biſt nicht meines Gleichen, Du liebſt mich nicht. — Mein Herz klopfte aͤngſt- lich, — ich kannte Dich gleich am Ziehen der
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59.
Roſaline an William Lovell.
Ja, ja, nun iſt mein Ungluͤck gewiß. — Gott,
ich werd’ es nicht uͤberleben. — Welche Oſtern
hab’ ich gefeyert! es ſind die letzten, das fuͤhl’
ich. — Du biſt alſo nicht der, fuͤr den Du
Dich ausgiebſt? O Himmel! Mein Anthonio
iſt ein Betruͤger! — Mein Anthonio? —
Nein, Du biſt nicht mein; Du biſt mir fremd,
Du biſt vornehm, Du kannſt nie der Meinige
werden. Und jetzt koͤnnt’ ich Dich auch nicht
mehr lieben. — Ach, wo iſt alles, alles ſo
ploͤtzlich hingekommen, was ich fuͤr Dich em-
pfand? — Haſt Du mich denn wirklich nicht
in dem Hofe der Peterskirche geſehn? O ge-
wiß, denn Deine Augen waren immer nach mir
hingerichtet. Aber Du ſchaͤmſt Dich jetzt mei-
ner, — Du, — ich ſollte Dich nicht ſo nen-
nen, denn Du biſt nicht meines Gleichen, Du
liebſt mich nicht. — Mein Herz klopfte aͤngſt-
lich, — ich kannte Dich gleich am Ziehen der
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/209>, abgerufen am 21.11.2024.
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