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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Das 3. Hauptst. von Gott als dem
und schuldig sey/ sein Thun und Lassen nach
dem göttlichen Willen einzurichten.
Und
weil sie befindet/ das GOtt denselben zum Theil
in der allen Menschen gemeinen Vernunfft ein-
gepflantzet habe; als erkennet sie sich schuldig
denselben nach dieser Richtschnur gebührend zu
untersuchen/
und hernachmahls die Kräffte
ihres freyen Willens
also zugebrauchen/ daß
das von diesen freyen Willen dependirende
Thun
diesen göttlichen Willen nicht zuwieder
seyn möge.

27.

Nach diesen/ in dem sie erweget/ daß
GOtt alle Augenblick den Menschen mit sampt
seinen freyen Willen erhalte; als spüret sie auch/
daß sie dieserwegen dieses unbegreiffliche We-
sen zu lieben schuldig sey. Und hält dafür/ daß
diese Liebe in nichts anders bestehe/ als in ei-
ner stetswehrenden Bemühung und Ver-
langen/ sich mit GOtt zuvereinigen.
Weil
sie aber siehet/ daß sie zu dieser Vereinigung zu-
gelangen für sich gantz unvermögend sey; als
erweiset sie nur ihres Orts diesen ersten Ur-
sprung alles Guten ein innigliches Vertrau-
en
und demüthige Ehrfurcht/ als die beyden
wesentlichen Stücke auff ihrer Seite/ ihrer zu
GOtt tragenden Liebe.

28.

Das Vertrauen gründet sich darin-
nen/ weil der Mensch erkennet/ daß GOtt ohne
Noth und ohne seinen Verdienst von freyen
Stücken ihn aus nichts gemacht/ und alles Gu-

te ge-

Das 3. Hauptſt. von Gott als dem
und ſchuldig ſey/ ſein Thun und Laſſen nach
dem goͤttlichen Willen einzurichten.
Und
weil ſie befindet/ das GOtt denſelben zum Theil
in der allen Menſchen gemeinen Vernunfft ein-
gepflantzet habe; als erkennet ſie ſich ſchuldig
denſelben nach dieſer Richtſchnur gebuͤhrend zu
unterſuchen/
und hernachmahls die Kraͤffte
ihres freyen Willens
alſo zugebrauchen/ daß
das von dieſen freyen Willen dependirende
Thun
dieſen goͤttlichen Willen nicht zuwieder
ſeyn moͤge.

27.

Nach dieſen/ in dem ſie erweget/ daß
GOtt alle Augenblick den Menſchen mit ſampt
ſeinen freyen Willen erhalte; als ſpuͤret ſie auch/
daß ſie dieſerwegen dieſes unbegreiffliche We-
ſen zu lieben ſchuldig ſey. Und haͤlt dafuͤr/ daß
dieſe Liebe in nichts anders beſtehe/ als in ei-
ner ſtetswehrenden Bemuͤhung und Ver-
langen/ ſich mit GOtt zuvereinigen.
Weil
ſie aber ſiehet/ daß ſie zu dieſer Vereinigung zu-
gelangen fuͤr ſich gantz unvermoͤgend ſey; als
erweiſet ſie nur ihres Orts dieſen erſten Ur-
ſprung alles Guten ein innigliches Vertrau-
en
und demuͤthige Ehrfurcht/ als die beyden
weſentlichen Stuͤcke auff ihrer Seite/ ihrer zu
GOtt tragenden Liebe.

28.

Das Vertrauen gruͤndet ſich darin-
nen/ weil der Menſch erkennet/ daß GOtt ohne
Noth und ohne ſeinen Verdienſt von freyen
Stuͤcken ihn aus nichts gemacht/ und alles Gu-

te ge-
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[132/0164] Das 3. Hauptſt. von Gott als dem und ſchuldig ſey/ ſein Thun und Laſſen nach dem goͤttlichen Willen einzurichten. Und weil ſie befindet/ das GOtt denſelben zum Theil in der allen Menſchen gemeinen Vernunfft ein- gepflantzet habe; als erkennet ſie ſich ſchuldig denſelben nach dieſer Richtſchnur gebuͤhrend zu unterſuchen/ und hernachmahls die Kraͤffte ihres freyen Willens alſo zugebrauchen/ daß das von dieſen freyen Willen dependirende Thun dieſen goͤttlichen Willen nicht zuwieder ſeyn moͤge. 27. Nach dieſen/ in dem ſie erweget/ daß GOtt alle Augenblick den Menſchen mit ſampt ſeinen freyen Willen erhalte; als ſpuͤret ſie auch/ daß ſie dieſerwegen dieſes unbegreiffliche We- ſen zu lieben ſchuldig ſey. Und haͤlt dafuͤr/ daß dieſe Liebe in nichts anders beſtehe/ als in ei- ner ſtetswehrenden Bemuͤhung und Ver- langen/ ſich mit GOtt zuvereinigen. Weil ſie aber ſiehet/ daß ſie zu dieſer Vereinigung zu- gelangen fuͤr ſich gantz unvermoͤgend ſey; als erweiſet ſie nur ihres Orts dieſen erſten Ur- ſprung alles Guten ein innigliches Vertrau- en und demuͤthige Ehrfurcht/ als die beyden weſentlichen Stuͤcke auff ihrer Seite/ ihrer zu GOtt tragenden Liebe. 28. Das Vertrauen gruͤndet ſich darin- nen/ weil der Menſch erkennet/ daß GOtt ohne Noth und ohne ſeinen Verdienſt von freyen Stuͤcken ihn aus nichts gemacht/ und alles Gu- te ge-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/164>, abgerufen am 21.12.2024.