Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

Bild:
<< vorherige Seite

daß er nie indifferent sey.
ist/ und was ferner daraus fliesset. Denn
was ist lasterhaffter als ein grausamer Mensch?
Ein Grausamer aber ist/ der einem andern
Menschen Wehe thut/ und sich drüber freuet.
GOtt aber sagt selbst von sich/ daß er sich in
einen Grausamen verwandeln wolle/ daß
er der
Gottlosen spotten wolle in ihren
Elend.

41. Was endlich Lactantius von der in-
differenz
des Menschlichen Zorns in seinen
Büchern hin und wieder/ absonderlich aber in
dem Buch von Zorn Gottes angeführet/ dawi-
der könte viel gesagt werden: Kurtz: Lactantius
ist wohl ein guter Orator gewesen/ der zierlich
Latein geschrieben/ und seine Sachen fein Rhe-
tori
sch vorzubringen gewust/ aber durchgehends
ein schlechter Philosophus. Er hat zwar in
seinen Büchern eine gute Intention gehabt/
die Christliche Lehr dem Heydenthumb vorzuzie-
hen/ und die Lehrsätze der Heydnischen Philoso-
phie
zu refutiren; aber es haben schon andere
gewiesen/ und kan es ein ieder/ der ein wenig
in Historia Philosophica erfahren ist/ noch
selost sehen/ wie offte Lactantius die Meinun-
gen derer Philosophorum, wider die er dispu-
ti
ret/ nicht recht eingenommen/ sondern ihnen
alienam mentem angedichtet/ oder wie offte
er sie nicht aus dem einfältigen Grund Heili-

ger

daß er nie indifferent ſey.
iſt/ und was ferner daraus flieſſet. Denn
was iſt laſterhaffter als ein grauſamer Menſch?
Ein Grauſamer aber iſt/ der einem andern
Menſchen Wehe thut/ und ſich druͤber freuet.
GOtt aber ſagt ſelbſt von ſich/ daß er ſich in
einen Grauſamen verwandeln wolle/ daß
er der
Gottloſen ſpotten wolle in ihren
Elend.

41. Was endlich Lactantius von der in-
differenz
des Menſchlichen Zorns in ſeinen
Buͤchern hin und wieder/ abſonderlich aber in
dem Buch von Zorn Gottes angefuͤhret/ dawi-
der koͤnte viel geſagt werden: Kurtz: Lactantius
iſt wohl ein guter Orator geweſen/ der zierlich
Latein geſchrieben/ und ſeine Sachen fein Rhe-
tori
ſch vorzubringen gewuſt/ aber durchgehends
ein ſchlechter Philoſophus. Er hat zwar in
ſeinen Buͤchern eine gute Intention gehabt/
die Chriſtliche Lehr dem Heydenthumb vorzuzie-
hen/ und die Lehrſaͤtze der Heydniſchen Philoſo-
phie
zu refutiren; aber es haben ſchon andere
gewieſen/ und kan es ein ieder/ der ein wenig
in Hiſtoria Philoſophicâ erfahren iſt/ noch
ſeloſt ſehen/ wie offte Lactantius die Meinun-
gen derer Philoſophorum, wider die er diſpu-
ti
ret/ nicht recht eingenommen/ ſondern ihnen
alienam mentem angedichtet/ oder wie offte
er ſie nicht aus dem einfaͤltigen Grund Heili-

ger
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0443" n="431"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">daß er nie <hi rendition="#aq">indifferent</hi> &#x017F;ey.</hi></fw><lb/>
i&#x017F;t/ und was ferner daraus flie&#x017F;&#x017F;et. Denn<lb/>
was i&#x017F;t la&#x017F;terhaffter als ein grau&#x017F;amer Men&#x017F;ch?<lb/>
Ein Grau&#x017F;amer aber i&#x017F;t/ der einem andern<lb/>
Men&#x017F;chen Wehe thut/ und &#x017F;ich dru&#x0364;ber freuet.<lb/>
GOtt aber &#x017F;agt &#x017F;elb&#x017F;t von &#x017F;ich/ <hi rendition="#fr">daß er &#x017F;ich in<lb/>
einen Grau&#x017F;amen verwandeln wolle/ daß<lb/>
er der</hi> G<hi rendition="#fr">ottlo&#x017F;en &#x017F;potten wolle in ihren<lb/>
Elend.</hi></p><lb/>
        <p>41. Was endlich <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lactantius</hi></hi> von der <hi rendition="#aq">in-<lb/>
differenz</hi> des Men&#x017F;chlichen Zorns in &#x017F;einen<lb/>
Bu&#x0364;chern hin und wieder/ ab&#x017F;onderlich aber in<lb/>
dem Buch <hi rendition="#fr">von</hi> Zorn <hi rendition="#fr">Gottes</hi> angefu&#x0364;hret/ dawi-<lb/>
der ko&#x0364;nte viel ge&#x017F;agt werden: Kurtz: <hi rendition="#aq">Lactantius</hi><lb/>
i&#x017F;t wohl ein guter <hi rendition="#aq">Orator</hi> gewe&#x017F;en/ der zierlich<lb/>
Latein ge&#x017F;chrieben/ und &#x017F;eine Sachen fein <hi rendition="#aq">Rhe-<lb/>
tori</hi>&#x017F;ch vorzubringen gewu&#x017F;t/ aber durchgehends<lb/>
ein &#x017F;chlechter <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophus</hi>. Er hat zwar in<lb/>
&#x017F;einen Bu&#x0364;chern eine gute <hi rendition="#aq">Intention</hi> gehabt/<lb/>
die Chri&#x017F;tliche Lehr dem Heydenthumb vorzuzie-<lb/>
hen/ und die Lehr&#x017F;a&#x0364;tze der Heydni&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;o-<lb/>
phie</hi> zu refutiren; aber es haben &#x017F;chon andere<lb/>
gewie&#x017F;en/ und kan es ein ieder/ der ein wenig<lb/><hi rendition="#aq">in Hi&#x017F;toria Philo&#x017F;ophicâ</hi> erfahren i&#x017F;t/ noch<lb/>
&#x017F;elo&#x017F;t &#x017F;ehen/ wie offte <hi rendition="#aq">Lactantius</hi> die Meinun-<lb/>
gen derer <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophorum,</hi> wider die er <hi rendition="#aq">di&#x017F;pu-<lb/>
ti</hi>ret/ nicht recht eingenommen/ &#x017F;ondern ihnen<lb/><hi rendition="#aq">alienam mentem</hi> angedichtet/ oder wie offte<lb/>
er &#x017F;ie nicht aus dem einfa&#x0364;ltigen Grund Heili-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ger</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[431/0443] daß er nie indifferent ſey. iſt/ und was ferner daraus flieſſet. Denn was iſt laſterhaffter als ein grauſamer Menſch? Ein Grauſamer aber iſt/ der einem andern Menſchen Wehe thut/ und ſich druͤber freuet. GOtt aber ſagt ſelbſt von ſich/ daß er ſich in einen Grauſamen verwandeln wolle/ daß er der Gottloſen ſpotten wolle in ihren Elend. 41. Was endlich Lactantius von der in- differenz des Menſchlichen Zorns in ſeinen Buͤchern hin und wieder/ abſonderlich aber in dem Buch von Zorn Gottes angefuͤhret/ dawi- der koͤnte viel geſagt werden: Kurtz: Lactantius iſt wohl ein guter Orator geweſen/ der zierlich Latein geſchrieben/ und ſeine Sachen fein Rhe- toriſch vorzubringen gewuſt/ aber durchgehends ein ſchlechter Philoſophus. Er hat zwar in ſeinen Buͤchern eine gute Intention gehabt/ die Chriſtliche Lehr dem Heydenthumb vorzuzie- hen/ und die Lehrſaͤtze der Heydniſchen Philoſo- phie zu refutiren; aber es haben ſchon andere gewieſen/ und kan es ein ieder/ der ein wenig in Hiſtoria Philoſophicâ erfahren iſt/ noch ſeloſt ſehen/ wie offte Lactantius die Meinun- gen derer Philoſophorum, wider die er diſpu- tiret/ nicht recht eingenommen/ ſondern ihnen alienam mentem angedichtet/ oder wie offte er ſie nicht aus dem einfaͤltigen Grund Heili- ger

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/443
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/443>, abgerufen am 26.04.2024.