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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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Das 11. H. von dem Geld-Geitz/
Sorge und Kummer/ die ein Geitziger hat/
oder sich macht/ sein Vermögen zu erhalten/
und zu bewahren.

14. Wiewohl sich auch der Geitzige selbst
viel Verdruß und Unruhe macht/ die ein
Wohllüstiger und Ehr. Geitziger/ schweige
denn ein vernünfftiger Mensch/ nicht ein-
mal für Verdruß halten würden.
Wenn er
gleich gesund/ und ihm sein ehrlicher Name von
niemand gekräncket wird/ auch keinen Mangel
leidet oder darben darff/ und es wird ihm ein
Beutel Geld/ das er nicht nothwendig braucht/
auch wohl schon etliche Jahr im Kasten stille gele-
gen hat/ gestohlen/ oder es stirbt ihm sein Vieh/
oder etwa gar nur ein Hund/ oder es bleibt ihm
ein eingebildeter Vortheil aussen/ oder es lebt
ihm einer zu lange/ dem er zu erben verhofft/ so
ist er drüber betrübt/ und grämet sich; Trifft es
aber gar/ daß ihm Haus und Hof abbrennt/ oder
ihm der gröste Theil seiner Güter geraubet wer-
den/ wird er bey nahe verzweiffeln. Ein Wohl-
lüstiger hingegen und Ehr-Geitziger alteriret sich
über die ersten Fälle sehr wenig/ oder gar nicht;
über die letzten aber gehet die darüber geschöpffte
Bekümmernüß doch bald überhin/ weil jener
bald Freunde findet/ die ihm unter die Armen
greiffen/ dieser aber Gelegenheit suchet/ sich wie-
der heraus zu reissen/ und aufzuhelffen. Ein tu-
gendhaffter aber siehet alles dieses an/ als Din-

ge/

Das 11. H. von dem Geld-Geitz/
Sorge und Kummer/ die ein Geitziger hat/
oder ſich macht/ ſein Vermoͤgen zu erhalten/
und zu bewahren.

14. Wiewohl ſich auch der Geitzige ſelbſt
viel Verdruß und Unruhe macht/ die ein
Wohlluͤſtiger und Ehr. Geitziger/ ſchweige
denn ein vernuͤnfftiger Menſch/ nicht ein-
mal fuͤr Verdruß halten wuͤrden.
Wenn er
gleich geſund/ und ihm ſein ehrlicher Name von
niemand gekraͤncket wird/ auch keinen Mangel
leidet oder darben darff/ und es wird ihm ein
Beutel Geld/ das er nicht nothwendig braucht/
auch wohl ſchon etliche Jahr im Kaſten ſtille gele-
gen hat/ geſtohlen/ oder es ſtirbt ihm ſein Vieh/
oder etwa gar nur ein Hund/ oder es bleibt ihm
ein eingebildeter Vortheil auſſen/ oder es lebt
ihm einer zu lange/ dem er zu erben verhofft/ ſo
iſt er druͤber betruͤbt/ und graͤmet ſich; Trifft es
aber gar/ daß ihm Haus und Hof abbrennt/ oder
ihm der groͤſte Theil ſeiner Guͤter geraubet wer-
den/ wird er bey nahe verzweiffeln. Ein Wohl-
luͤſtiger hingegen und Ehr-Geitziger alteriret ſich
uͤber die erſten Faͤlle ſehr wenig/ oder gar nicht;
uͤber die letzten aber gehet die daruͤber geſchoͤpffte
Bekuͤmmernuͤß doch bald uͤberhin/ weil jener
bald Freunde findet/ die ihm unter die Armen
greiffen/ dieſer aber Gelegenheit ſuchet/ ſich wie-
der heraus zu reiſſen/ und aufzuhelffen. Ein tu-
gendhaffter aber ſiehet alles dieſes an/ als Din-

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[270/0282] Das 11. H. von dem Geld-Geitz/ Sorge und Kummer/ die ein Geitziger hat/ oder ſich macht/ ſein Vermoͤgen zu erhalten/ und zu bewahren. 14. Wiewohl ſich auch der Geitzige ſelbſt viel Verdruß und Unruhe macht/ die ein Wohlluͤſtiger und Ehr. Geitziger/ ſchweige denn ein vernuͤnfftiger Menſch/ nicht ein- mal fuͤr Verdruß halten wuͤrden. Wenn er gleich geſund/ und ihm ſein ehrlicher Name von niemand gekraͤncket wird/ auch keinen Mangel leidet oder darben darff/ und es wird ihm ein Beutel Geld/ das er nicht nothwendig braucht/ auch wohl ſchon etliche Jahr im Kaſten ſtille gele- gen hat/ geſtohlen/ oder es ſtirbt ihm ſein Vieh/ oder etwa gar nur ein Hund/ oder es bleibt ihm ein eingebildeter Vortheil auſſen/ oder es lebt ihm einer zu lange/ dem er zu erben verhofft/ ſo iſt er druͤber betruͤbt/ und graͤmet ſich; Trifft es aber gar/ daß ihm Haus und Hof abbrennt/ oder ihm der groͤſte Theil ſeiner Guͤter geraubet wer- den/ wird er bey nahe verzweiffeln. Ein Wohl- luͤſtiger hingegen und Ehr-Geitziger alteriret ſich uͤber die erſten Faͤlle ſehr wenig/ oder gar nicht; uͤber die letzten aber gehet die daruͤber geſchoͤpffte Bekuͤmmernuͤß doch bald uͤberhin/ weil jener bald Freunde findet/ die ihm unter die Armen greiffen/ dieſer aber Gelegenheit ſuchet/ ſich wie- der heraus zu reiſſen/ und aufzuhelffen. Ein tu- gendhaffter aber ſiehet alles dieſes an/ als Din- ge/

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/282>, abgerufen am 26.04.2024.