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Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696.

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gar fügl. zur Liebe u. Haß gebr. werd. kön.
lichen Willens/ die erlangte Mittel zu behalten/
oder denen sich ereigenden Widerwärtigkeiten/
die denen Mitteln zu wieder sind/ Widerstand zu
thun/ und heissen Freude und Leid.

16. Diese dependiren abermahls gantz offen-
bahrlich von der Liebe und Haß. Denn ie grös-
ser die Liebe zu einem Dinge ist/ ie grösser ist auch
die Freude dasselbe zu behalten/ und ie grösser ist
die Betrübnüs selbiges zu verliehren. Gleicher-
gestalt ie mehr ich etwas hasse/ ie grösser ist die
Freude solches loß zu werden/ und ie stärcker die
Betrübnüs dasselbe zu behalten. Man kan
hiervon gar leichte wiederum aus allen vier Paa-
ren der Liebe und des Hasses Exempel geben.

17. Hier mustu dich aber nicht irren/ daß
ich in vorhergehenden o) die Freude und Leid
aus den
Classen der Gemühts-Neigungen
ausgemertzet/
anietzo aber dieselbigen selbst dar-
unter rechne. Die Freude und Leid/ die nichts
anders als eine Empfindung gegenwärtiger Din-
ge/ und also im Verstande ist/ ist kein affect; Aber
die Begierde das erlangte Gute zu behalten/ und
das Ubel/ das man auf dem Halse hat/ davon loß
zu werden/ sind allerdings Gemüths-Neigungen/
und können gar wohl Freude und Schmertz ge-
nennet werden: Denn die Freude ist nichts an-
ders/ als wenn diese Begierde voll Hoffnung ist;
Betrübnüs/ wenn sie mit Furcht und Verzweif-

felung
o) cap. 3. n. 37. seqq.
J 5

gar fuͤgl. zur Liebe u. Haß gebr. werd. koͤn.
lichen Willens/ die erlangte Mittel zu behalten/
oder denen ſich ereigenden Widerwaͤrtigkeiten/
die denen Mitteln zu wieder ſind/ Widerſtand zu
thun/ und heiſſen Freude und Leid.

16. Dieſe dependiren abermahls gantz offen-
bahrlich von der Liebe und Haß. Denn ie groͤſ-
ſer die Liebe zu einem Dinge iſt/ ie groͤſſer iſt auch
die Freude daſſelbe zu behalten/ und ie groͤſſer iſt
die Betruͤbnuͤs ſelbiges zu verliehren. Gleicher-
geſtalt ie mehr ich etwas haſſe/ ie groͤſſer iſt die
Freude ſolches loß zu werden/ und ie ſtaͤrcker die
Betruͤbnuͤs daſſelbe zu behalten. Man kan
hiervon gar leichte wiederum aus allen vier Paa-
ren der Liebe und des Haſſes Exempel geben.

17. Hier muſtu dich aber nicht irren/ daß
ich in vorhergehenden o) die Freude und Leid
aus den
Claſſen der Gemuͤhts-Neigungen
ausgemertzet/
anietzo aber dieſelbigen ſelbſt dar-
unter rechne. Die Freude und Leid/ die nichts
anders als eine Empfindung gegenwaͤrtiger Din-
ge/ und alſo im Verſtande iſt/ iſt kein affect; Aber
die Begierde das erlangte Gute zu behalten/ und
das Ubel/ das man auf dem Halſe hat/ davon loß
zu werden/ ſind allerdings Gemuͤths-Neigungen/
und koͤnnen gar wohl Freude und Schmertz ge-
nennet werden: Denn die Freude iſt nichts an-
ders/ als wenn dieſe Begierde voll Hoffnung iſt;
Betruͤbnuͤs/ wenn ſie mit Furcht und Verzweif-

felung
o) cap. 3. n. 37. ſeqq.
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[137/0149] gar fuͤgl. zur Liebe u. Haß gebr. werd. koͤn. lichen Willens/ die erlangte Mittel zu behalten/ oder denen ſich ereigenden Widerwaͤrtigkeiten/ die denen Mitteln zu wieder ſind/ Widerſtand zu thun/ und heiſſen Freude und Leid. 16. Dieſe dependiren abermahls gantz offen- bahrlich von der Liebe und Haß. Denn ie groͤſ- ſer die Liebe zu einem Dinge iſt/ ie groͤſſer iſt auch die Freude daſſelbe zu behalten/ und ie groͤſſer iſt die Betruͤbnuͤs ſelbiges zu verliehren. Gleicher- geſtalt ie mehr ich etwas haſſe/ ie groͤſſer iſt die Freude ſolches loß zu werden/ und ie ſtaͤrcker die Betruͤbnuͤs daſſelbe zu behalten. Man kan hiervon gar leichte wiederum aus allen vier Paa- ren der Liebe und des Haſſes Exempel geben. 17. Hier muſtu dich aber nicht irren/ daß ich in vorhergehenden o) die Freude und Leid aus den Claſſen der Gemuͤhts-Neigungen ausgemertzet/ anietzo aber dieſelbigen ſelbſt dar- unter rechne. Die Freude und Leid/ die nichts anders als eine Empfindung gegenwaͤrtiger Din- ge/ und alſo im Verſtande iſt/ iſt kein affect; Aber die Begierde das erlangte Gute zu behalten/ und das Ubel/ das man auf dem Halſe hat/ davon loß zu werden/ ſind allerdings Gemuͤths-Neigungen/ und koͤnnen gar wohl Freude und Schmertz ge- nennet werden: Denn die Freude iſt nichts an- ders/ als wenn dieſe Begierde voll Hoffnung iſt; Betruͤbnuͤs/ wenn ſie mit Furcht und Verzweif- felung o) cap. 3. n. 37. ſeqq. J 5

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ausübung Der SittenLehre. Halle (Saale), 1696, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ausuebungsittenlehre_1696/149>, abgerufen am 26.04.2024.