ßer, als die Bewässerung der Niederungen, weshalb man darauf hauptsächlich sein Augenmerk richten muß.
Ein geübtes Auge ist zwar im Stande, den besten Plan zu entwerfen, und die möglich höchste Benutzung des Wassers und des Terrains anzugeben. Man darf sich aber bei der größten Uebung nie allein darauf verlassen, sondern muß, eher man zur Ausführung selbst schreitet, durchaus nach allen den Richtungen und nach allen den Punkten hin, worauf es ankommt, mit der größten Vorsicht, und zwar vor- und rückwärts nivelliren. Man wird dann erfahren, wie unglaublich das Auge oft trüge, und man wird oft die Möglichkeit finden, das Wasser auf Anhöhen hinzubringen, die man vorher über dem Wasserspiegel weit erhaben glaubte. Zuweilen wird sich indessen auch das Gegentheil ergeben, und man wird Stellen zu hoch finden, die man leicht erreichen zu können glaubte.
Es kömmt aber dabei nicht bloß auf die Punkte an, wohin das Wasser ge- führt werden soll, sondern auch auf die dazwischen liegende Oberfläche. Tiefere Senkungen muß man möglichst zu umgehen suchen, manchmal durch beträchtliche Umwege, um das Wasser nicht fallen zu lassen. Zuweilen kann es nicht anders in seiner Höhe erhalten werden, als vermittelst aufgeführter Dämme. Diese finden statt, wenn schmale Schluchten die Höhen, auf welcher das Wasser steht, und die, worauf es fortgeführt werden soll, trennen. Es kommt dann darauf an, ob die Benutzung, welche ich vom Wasser über diese Schlucht hinaus machen will, er- heblich genug sey, um die Aufführung eines solchen Damms zu bezahlen, und ob ich genug thonige Erde in der Nähe finde, die allein einen sichern Damm geben kann.
Zuweilen kann ein hölzerner Wasserlauf minder kostspielig seyn. Man muß aber bedenken, daß er wandelbar und mancher Gefahr ausgesetzt sey. In einigen Fällen verlohnt sich's wohl gar, ein steinernes Gewölbe aufzuführen und den Was- serlauf darüber herzuleiten, wenn er über einen tiefen Grund, vielleicht gar über ein anderes fließendes Wasser hergeleitet werden soll. Der größte Vortheil ist hier gegen die größeren Kosten wohl abzuwägen.
§. 277.
Rücksicht auf die Quantität des Wassers.Nächst der Horizontallinie des Terrains kommt es dann besonders auf die Quantität oder den Zufluß von Wasser an, die ich mir verschaffen kann, um auch
Die Bewaͤſſerung.
ßer, als die Bewaͤſſerung der Niederungen, weshalb man darauf hauptſaͤchlich ſein Augenmerk richten muß.
Ein geuͤbtes Auge iſt zwar im Stande, den beſten Plan zu entwerfen, und die moͤglich hoͤchſte Benutzung des Waſſers und des Terrains anzugeben. Man darf ſich aber bei der groͤßten Uebung nie allein darauf verlaſſen, ſondern muß, eher man zur Ausfuͤhrung ſelbſt ſchreitet, durchaus nach allen den Richtungen und nach allen den Punkten hin, worauf es ankommt, mit der groͤßten Vorſicht, und zwar vor- und ruͤckwaͤrts nivelliren. Man wird dann erfahren, wie unglaublich das Auge oft truͤge, und man wird oft die Moͤglichkeit finden, das Waſſer auf Anhoͤhen hinzubringen, die man vorher uͤber dem Waſſerſpiegel weit erhaben glaubte. Zuweilen wird ſich indeſſen auch das Gegentheil ergeben, und man wird Stellen zu hoch finden, die man leicht erreichen zu koͤnnen glaubte.
Es koͤmmt aber dabei nicht bloß auf die Punkte an, wohin das Waſſer ge- fuͤhrt werden ſoll, ſondern auch auf die dazwiſchen liegende Oberflaͤche. Tiefere Senkungen muß man moͤglichſt zu umgehen ſuchen, manchmal durch betraͤchtliche Umwege, um das Waſſer nicht fallen zu laſſen. Zuweilen kann es nicht anders in ſeiner Hoͤhe erhalten werden, als vermittelſt aufgefuͤhrter Daͤmme. Dieſe finden ſtatt, wenn ſchmale Schluchten die Hoͤhen, auf welcher das Waſſer ſteht, und die, worauf es fortgefuͤhrt werden ſoll, trennen. Es kommt dann darauf an, ob die Benutzung, welche ich vom Waſſer uͤber dieſe Schlucht hinaus machen will, er- heblich genug ſey, um die Auffuͤhrung eines ſolchen Damms zu bezahlen, und ob ich genug thonige Erde in der Naͤhe finde, die allein einen ſichern Damm geben kann.
Zuweilen kann ein hoͤlzerner Waſſerlauf minder koſtſpielig ſeyn. Man muß aber bedenken, daß er wandelbar und mancher Gefahr ausgeſetzt ſey. In einigen Faͤllen verlohnt ſich’s wohl gar, ein ſteinernes Gewoͤlbe aufzufuͤhren und den Waſ- ſerlauf daruͤber herzuleiten, wenn er uͤber einen tiefen Grund, vielleicht gar uͤber ein anderes fließendes Waſſer hergeleitet werden ſoll. Der groͤßte Vortheil iſt hier gegen die groͤßeren Koſten wohl abzuwaͤgen.
§. 277.
Ruͤckſicht auf die Quantitaͤt des Waſſers.Naͤchſt der Horizontallinie des Terrains kommt es dann beſonders auf die Quantitaͤt oder den Zufluß von Waſſer an, die ich mir verſchaffen kann, um auch
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Die Bewaͤſſerung.
ßer, als die Bewaͤſſerung der Niederungen, weshalb man darauf hauptſaͤchlich
ſein Augenmerk richten muß.
Ein geuͤbtes Auge iſt zwar im Stande, den beſten Plan zu entwerfen, und
die moͤglich hoͤchſte Benutzung des Waſſers und des Terrains anzugeben. Man
darf ſich aber bei der groͤßten Uebung nie allein darauf verlaſſen, ſondern muß, eher
man zur Ausfuͤhrung ſelbſt ſchreitet, durchaus nach allen den Richtungen und
nach allen den Punkten hin, worauf es ankommt, mit der groͤßten Vorſicht, und
zwar vor- und ruͤckwaͤrts nivelliren. Man wird dann erfahren, wie unglaublich
das Auge oft truͤge, und man wird oft die Moͤglichkeit finden, das Waſſer auf
Anhoͤhen hinzubringen, die man vorher uͤber dem Waſſerſpiegel weit erhaben
glaubte. Zuweilen wird ſich indeſſen auch das Gegentheil ergeben, und man wird
Stellen zu hoch finden, die man leicht erreichen zu koͤnnen glaubte.
Es koͤmmt aber dabei nicht bloß auf die Punkte an, wohin das Waſſer ge-
fuͤhrt werden ſoll, ſondern auch auf die dazwiſchen liegende Oberflaͤche. Tiefere
Senkungen muß man moͤglichſt zu umgehen ſuchen, manchmal durch betraͤchtliche
Umwege, um das Waſſer nicht fallen zu laſſen. Zuweilen kann es nicht anders in
ſeiner Hoͤhe erhalten werden, als vermittelſt aufgefuͤhrter Daͤmme. Dieſe finden
ſtatt, wenn ſchmale Schluchten die Hoͤhen, auf welcher das Waſſer ſteht, und die,
worauf es fortgefuͤhrt werden ſoll, trennen. Es kommt dann darauf an, ob die
Benutzung, welche ich vom Waſſer uͤber dieſe Schlucht hinaus machen will, er-
heblich genug ſey, um die Auffuͤhrung eines ſolchen Damms zu bezahlen, und ob
ich genug thonige Erde in der Naͤhe finde, die allein einen ſichern Damm
geben kann.
Zuweilen kann ein hoͤlzerner Waſſerlauf minder koſtſpielig ſeyn. Man muß
aber bedenken, daß er wandelbar und mancher Gefahr ausgeſetzt ſey. In einigen
Faͤllen verlohnt ſich’s wohl gar, ein ſteinernes Gewoͤlbe aufzufuͤhren und den Waſ-
ſerlauf daruͤber herzuleiten, wenn er uͤber einen tiefen Grund, vielleicht gar uͤber
ein anderes fließendes Waſſer hergeleitet werden ſoll. Der groͤßte Vortheil iſt
hier gegen die groͤßeren Koſten wohl abzuwaͤgen.
§. 277.
Naͤchſt der Horizontallinie des Terrains kommt es dann beſonders auf die
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Ruͤckſicht auf
die Quantitaͤt
des Waſſers.
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/208>, abgerufen am 03.03.2025.
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