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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

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Die Bewässerung.
auf das vollkommenste zu orientiren, und sich davon ein Bild, sey es im Kopfe
oder auf dem Papiere, zu entwerfen, um genau zu bestimmen, welche Flächen
Wasser erhalten sollen und können, und in welcher Richtung und Ordnung dieses
am bequemsten geschehen könne. Man kann hierbei nicht vorsichtig genug verfah-
ren, um eine Uebereilung zu vermeiden, wodurch man sich leicht um große Vor-
theile bringen, oder aber die Kosten unnöthiger Weise sehr vergrößern kann. Es
wird daher immer rathsam seyn, bei einem etwas ausgedehnten Reviere solches
ein ganzes Jahr hindurch mit häufigem Gebrauch seiner Nivellirinstrumente nach
allen Richtungen zu durchgehen, und sich jeden erheblichen Punkt zu bemerken,
auch bei verschiedener Jahreszeit, besonders beim Entweichen des Schnees, den
Wasserlauf an einzelnen Stellen zu beobachten. Denn wenn man fände, daß die
Ziehung des Kanals in seiner möglichsten Höhe und Entfernung vom Flusse gar
keinen oder doch im Verhältniß der höheren Kosten zu geringen Vortheil gewährte;
wenn z. B. zwischen der Linie o x und a d viele Anhöhen und Senkungen oder
doch keine Stellen lägen, denen man eine Wässerung wohlthätig fände, sondern
die Wässerung nur den unterhalb e x liegenden Revieren vortheilhaft seyn könnte,
so würde es verschwenderisch seyn, den kostspieligern Hauptkanal von a nach d zu
ziehen, und aus demselben wieder beträchtliche Gräben abzuleiten, und es wäre
vielleicht hinreichend, den kürzeren Kanal von e nach x zu ziehen, indem dann
auch die Zuleitungsgräben nach einzelnen Stellen um vieles kürzer seyn würden.

So werden sich dann in jedem besonderen Falle nach genauer Erwägung der
ganzen Lage die Richtungen ergeben, welche man dem Hauptkanale -- welcher
auch oft nicht gerade, sondern in mannigfaltigen Krümmungen und Zickzack geführt
werden muß -- und denen aus ihm abgeführten Zuleitungsgräben geben müsse.
Man muß hier beides, die möglich größte nutzbare Ausdehnung der Bewässerung
und die im Verhältniß gegen selbige möglichste Ersparung der Kosten zugleich vor
Augen haben; jedoch jeden dem Zweck entgegenstrebenden Geiz vermeiden.

Bei diesen Anlagen wird, besonders auf sandigem Boden, die Gelegenheit,
Abschwemmungen nach tieferen Gründen hin zu machen, und eine abhängige Fläche
zur Berieselung zu bilden, worauf wir unten zurückkommen werden, in Betracht
kommen. Den Anhöhen Bewässerung zu geben, ist allemal die höchste Benu-
tzung, die man von dem Wasser machen kann, und die Wirkung bei weitem grö-

Dritter Theil. A a

Die Bewaͤſſerung.
auf das vollkommenſte zu orientiren, und ſich davon ein Bild, ſey es im Kopfe
oder auf dem Papiere, zu entwerfen, um genau zu beſtimmen, welche Flaͤchen
Waſſer erhalten ſollen und koͤnnen, und in welcher Richtung und Ordnung dieſes
am bequemſten geſchehen koͤnne. Man kann hierbei nicht vorſichtig genug verfah-
ren, um eine Uebereilung zu vermeiden, wodurch man ſich leicht um große Vor-
theile bringen, oder aber die Koſten unnoͤthiger Weiſe ſehr vergroͤßern kann. Es
wird daher immer rathſam ſeyn, bei einem etwas ausgedehnten Reviere ſolches
ein ganzes Jahr hindurch mit haͤufigem Gebrauch ſeiner Nivellirinſtrumente nach
allen Richtungen zu durchgehen, und ſich jeden erheblichen Punkt zu bemerken,
auch bei verſchiedener Jahreszeit, beſonders beim Entweichen des Schnees, den
Waſſerlauf an einzelnen Stellen zu beobachten. Denn wenn man faͤnde, daß die
Ziehung des Kanals in ſeiner moͤglichſten Hoͤhe und Entfernung vom Fluſſe gar
keinen oder doch im Verhaͤltniß der hoͤheren Koſten zu geringen Vortheil gewaͤhrte;
wenn z. B. zwiſchen der Linie o x und a d viele Anhoͤhen und Senkungen oder
doch keine Stellen laͤgen, denen man eine Waͤſſerung wohlthaͤtig faͤnde, ſondern
die Waͤſſerung nur den unterhalb e x liegenden Revieren vortheilhaft ſeyn koͤnnte,
ſo wuͤrde es verſchwenderiſch ſeyn, den koſtſpieligern Hauptkanal von a nach d zu
ziehen, und aus demſelben wieder betraͤchtliche Graͤben abzuleiten, und es waͤre
vielleicht hinreichend, den kuͤrzeren Kanal von e nach x zu ziehen, indem dann
auch die Zuleitungsgraͤben nach einzelnen Stellen um vieles kuͤrzer ſeyn wuͤrden.

So werden ſich dann in jedem beſonderen Falle nach genauer Erwaͤgung der
ganzen Lage die Richtungen ergeben, welche man dem Hauptkanale — welcher
auch oft nicht gerade, ſondern in mannigfaltigen Kruͤmmungen und Zickzack gefuͤhrt
werden muß — und denen aus ihm abgefuͤhrten Zuleitungsgraͤben geben muͤſſe.
Man muß hier beides, die moͤglich groͤßte nutzbare Ausdehnung der Bewaͤſſerung
und die im Verhaͤltniß gegen ſelbige moͤglichſte Erſparung der Koſten zugleich vor
Augen haben; jedoch jeden dem Zweck entgegenſtrebenden Geiz vermeiden.

Bei dieſen Anlagen wird, beſonders auf ſandigem Boden, die Gelegenheit,
Abſchwemmungen nach tieferen Gruͤnden hin zu machen, und eine abhaͤngige Flaͤche
zur Berieſelung zu bilden, worauf wir unten zuruͤckkommen werden, in Betracht
kommen. Den Anhoͤhen Bewaͤſſerung zu geben, iſt allemal die hoͤchſte Benu-
tzung, die man von dem Waſſer machen kann, und die Wirkung bei weitem groͤ-

Dritter Theil. A a
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[185/0207] Die Bewaͤſſerung. auf das vollkommenſte zu orientiren, und ſich davon ein Bild, ſey es im Kopfe oder auf dem Papiere, zu entwerfen, um genau zu beſtimmen, welche Flaͤchen Waſſer erhalten ſollen und koͤnnen, und in welcher Richtung und Ordnung dieſes am bequemſten geſchehen koͤnne. Man kann hierbei nicht vorſichtig genug verfah- ren, um eine Uebereilung zu vermeiden, wodurch man ſich leicht um große Vor- theile bringen, oder aber die Koſten unnoͤthiger Weiſe ſehr vergroͤßern kann. Es wird daher immer rathſam ſeyn, bei einem etwas ausgedehnten Reviere ſolches ein ganzes Jahr hindurch mit haͤufigem Gebrauch ſeiner Nivellirinſtrumente nach allen Richtungen zu durchgehen, und ſich jeden erheblichen Punkt zu bemerken, auch bei verſchiedener Jahreszeit, beſonders beim Entweichen des Schnees, den Waſſerlauf an einzelnen Stellen zu beobachten. Denn wenn man faͤnde, daß die Ziehung des Kanals in ſeiner moͤglichſten Hoͤhe und Entfernung vom Fluſſe gar keinen oder doch im Verhaͤltniß der hoͤheren Koſten zu geringen Vortheil gewaͤhrte; wenn z. B. zwiſchen der Linie o x und a d viele Anhoͤhen und Senkungen oder doch keine Stellen laͤgen, denen man eine Waͤſſerung wohlthaͤtig faͤnde, ſondern die Waͤſſerung nur den unterhalb e x liegenden Revieren vortheilhaft ſeyn koͤnnte, ſo wuͤrde es verſchwenderiſch ſeyn, den koſtſpieligern Hauptkanal von a nach d zu ziehen, und aus demſelben wieder betraͤchtliche Graͤben abzuleiten, und es waͤre vielleicht hinreichend, den kuͤrzeren Kanal von e nach x zu ziehen, indem dann auch die Zuleitungsgraͤben nach einzelnen Stellen um vieles kuͤrzer ſeyn wuͤrden. So werden ſich dann in jedem beſonderen Falle nach genauer Erwaͤgung der ganzen Lage die Richtungen ergeben, welche man dem Hauptkanale — welcher auch oft nicht gerade, ſondern in mannigfaltigen Kruͤmmungen und Zickzack gefuͤhrt werden muß — und denen aus ihm abgefuͤhrten Zuleitungsgraͤben geben muͤſſe. Man muß hier beides, die moͤglich groͤßte nutzbare Ausdehnung der Bewaͤſſerung und die im Verhaͤltniß gegen ſelbige moͤglichſte Erſparung der Koſten zugleich vor Augen haben; jedoch jeden dem Zweck entgegenſtrebenden Geiz vermeiden. Bei dieſen Anlagen wird, beſonders auf ſandigem Boden, die Gelegenheit, Abſchwemmungen nach tieferen Gruͤnden hin zu machen, und eine abhaͤngige Flaͤche zur Berieſelung zu bilden, worauf wir unten zuruͤckkommen werden, in Betracht kommen. Den Anhoͤhen Bewaͤſſerung zu geben, iſt allemal die hoͤchſte Benu- tzung, die man von dem Waſſer machen kann, und die Wirkung bei weitem groͤ- Dritter Theil. A a

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/207>, abgerufen am 27.11.2024.