Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.Die Arbeit der Beackerung. Daß der tiefere Boden bis auf einen gewissen Punkt große Vorzüge vor dem fla- §. 160. Die Tiefe, zu welcher die Pflanzenwurzeln eindringen, wenn sie einen frucht-Vorzüge des Daß das Getreide 8 Zoll lange Wurzeln in die Tiefe schlage, hat man schon oft L 2
Die Arbeit der Beackerung. Daß der tiefere Boden bis auf einen gewiſſen Punkt große Vorzuͤge vor dem fla- §. 160. Die Tiefe, zu welcher die Pflanzenwurzeln eindringen, wenn ſie einen frucht-Vorzuͤge des Daß das Getreide 8 Zoll lange Wurzeln in die Tiefe ſchlage, hat man ſchon oft L 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0105" n="83"/> <fw place="top" type="header">Die Arbeit der Beackerung.</fw><lb/> <p>Daß der tiefere Boden bis auf einen gewiſſen Punkt große Vorzuͤge vor dem fla-<lb/> chen Boden habe, iſt wol eine von allen aufmerkſamen Beobachtern einſtimmig aner-<lb/> kannte Wahrheit. Ich habe von den Vorzuͤgen des tieferen Bodens und ſeinem hoͤ-<lb/> heren Werthe im 2ten Bande S. 144. u. f. geredet, daſelbſt aber auf die Lehre vom<lb/> Tiefpfluͤgen hin verwieſen, und eine ausfuͤhrlichere Erlaͤuterung daruͤber verſprochen.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head>§. 160.</head><lb/> <p>Die Tiefe, zu welcher die Pflanzenwurzeln eindringen, wenn ſie einen frucht-<note place="right">Vorzuͤge des<lb/> tieferen Pfluͤ-<lb/> gens.</note><lb/> baren Boden antreffen, iſt nach ihrer Gattung ſehr verſchieden. Wir haben wirth-<lb/> ſchaftliche Pflanzen, deren Wurzeln bis zu 15, 20, ja 30 Fuß in der Erde verfolgt<lb/> ſind, z. B. die Eſparſette und Luzerne. Selbſt der rothe Klee dringt bis gegen 3 Fuß<lb/> tief ein, und viele andere nutzbare Pflanzen thun es wahrſcheinlich eben ſo ſtark,<lb/> wenn ſie in der Tiefe keinen Widerſtand, ſondern Fruchtbarkeit antreffen. Ich habe<lb/> Moͤhren von 2½ Fuß Laͤnge gebaut, deren ſpitze Wurzeln hoͤchſt wahrſcheinlich noch<lb/> einen Fuß tiefer gingen. Weil indeſſen der Ackerboden hauptſaͤchlich nur fuͤr das Ge-<lb/> treide beſtimmt iſt, ſo hoͤrt ſein Werth wenigſtens in derſelben Progreſſion zu ſteigen<lb/> auf, wo das Eindringen der Getreidewurzeln ſeine Graͤnze zu haben ſcheint.</p><lb/> <p>Daß das Getreide 8 Zoll lange Wurzeln in die Tiefe ſchlage, hat man ſchon oft<lb/> deutlich mit den Augen bemerkt, an den Enden aber durch Vergroͤßerungsglaͤſer wahr-<lb/> genommen, daß dieſe Wurzeln noch abgeriſſen ſeyen. Ich habe ſie an der Kante<lb/> eines fruchtbaren tiefen Feldes 12 Zoll lang verfolgt, glaube aber, daß dieſes nur an<lb/> ſolchen Kanten, wo die Einwirkung der Atmoſphaͤre in der Tiefe moͤglich iſt, nicht<lb/> auf einem ebenen Felde geſchehen werde. Das Saamenkorn kommt im Durchſchnitt<lb/> 2 Zoll unter der Oberflaͤche zu liegen, und folglich waͤren 10 Zoll die Tiefe, wohin<lb/> die Wurzeln dringen, ſo weit wir ſie gewoͤhnlich mit den Augen verfolgen koͤnnen.<lb/> Sie erreichen aber wahrſcheinlich mit der Wirkung ihrer feinſten Spitzen 12 Zoll un-<lb/> ter der Oberflaͤche. Dieſe alſo koͤnnen wir mit Grunde als die Graͤnze des Getreide-<lb/> bodens anſehen oder annehmen, daß die Pflanzen bis dahin mit ihren Wurzeln ein-<lb/> dringen und ſich ihre Nahrung heraufholen, wenn ſie fruchtbare gelockerte Erde an-<lb/> treffen; dieſes tiefere Eindringen der Pflanzenwurzeln wird befoͤrdert, wenn die Pflan-<lb/> zen dicht neben einander ſtehen. Denn wir bemerken es ſehr deutlich in der Erde und<lb/> noch augenſcheinlicher, wenn wir die Pflanzen nur im Waſſer Wurzel ſchlagen laſſen,<lb/> daß ſich dieſe Wurzeln aus dem Wege gehen, und nach <hi rendition="#g">der</hi> Richtung am ſtaͤrkſten<lb/> <fw place="bottom" type="sig">L 2</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [83/0105]
Die Arbeit der Beackerung.
Daß der tiefere Boden bis auf einen gewiſſen Punkt große Vorzuͤge vor dem fla-
chen Boden habe, iſt wol eine von allen aufmerkſamen Beobachtern einſtimmig aner-
kannte Wahrheit. Ich habe von den Vorzuͤgen des tieferen Bodens und ſeinem hoͤ-
heren Werthe im 2ten Bande S. 144. u. f. geredet, daſelbſt aber auf die Lehre vom
Tiefpfluͤgen hin verwieſen, und eine ausfuͤhrlichere Erlaͤuterung daruͤber verſprochen.
§. 160.
Die Tiefe, zu welcher die Pflanzenwurzeln eindringen, wenn ſie einen frucht-
baren Boden antreffen, iſt nach ihrer Gattung ſehr verſchieden. Wir haben wirth-
ſchaftliche Pflanzen, deren Wurzeln bis zu 15, 20, ja 30 Fuß in der Erde verfolgt
ſind, z. B. die Eſparſette und Luzerne. Selbſt der rothe Klee dringt bis gegen 3 Fuß
tief ein, und viele andere nutzbare Pflanzen thun es wahrſcheinlich eben ſo ſtark,
wenn ſie in der Tiefe keinen Widerſtand, ſondern Fruchtbarkeit antreffen. Ich habe
Moͤhren von 2½ Fuß Laͤnge gebaut, deren ſpitze Wurzeln hoͤchſt wahrſcheinlich noch
einen Fuß tiefer gingen. Weil indeſſen der Ackerboden hauptſaͤchlich nur fuͤr das Ge-
treide beſtimmt iſt, ſo hoͤrt ſein Werth wenigſtens in derſelben Progreſſion zu ſteigen
auf, wo das Eindringen der Getreidewurzeln ſeine Graͤnze zu haben ſcheint.
Vorzuͤge des
tieferen Pfluͤ-
gens.
Daß das Getreide 8 Zoll lange Wurzeln in die Tiefe ſchlage, hat man ſchon oft
deutlich mit den Augen bemerkt, an den Enden aber durch Vergroͤßerungsglaͤſer wahr-
genommen, daß dieſe Wurzeln noch abgeriſſen ſeyen. Ich habe ſie an der Kante
eines fruchtbaren tiefen Feldes 12 Zoll lang verfolgt, glaube aber, daß dieſes nur an
ſolchen Kanten, wo die Einwirkung der Atmoſphaͤre in der Tiefe moͤglich iſt, nicht
auf einem ebenen Felde geſchehen werde. Das Saamenkorn kommt im Durchſchnitt
2 Zoll unter der Oberflaͤche zu liegen, und folglich waͤren 10 Zoll die Tiefe, wohin
die Wurzeln dringen, ſo weit wir ſie gewoͤhnlich mit den Augen verfolgen koͤnnen.
Sie erreichen aber wahrſcheinlich mit der Wirkung ihrer feinſten Spitzen 12 Zoll un-
ter der Oberflaͤche. Dieſe alſo koͤnnen wir mit Grunde als die Graͤnze des Getreide-
bodens anſehen oder annehmen, daß die Pflanzen bis dahin mit ihren Wurzeln ein-
dringen und ſich ihre Nahrung heraufholen, wenn ſie fruchtbare gelockerte Erde an-
treffen; dieſes tiefere Eindringen der Pflanzenwurzeln wird befoͤrdert, wenn die Pflan-
zen dicht neben einander ſtehen. Denn wir bemerken es ſehr deutlich in der Erde und
noch augenſcheinlicher, wenn wir die Pflanzen nur im Waſſer Wurzel ſchlagen laſſen,
daß ſich dieſe Wurzeln aus dem Wege gehen, und nach der Richtung am ſtaͤrkſten
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