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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Begründung des Gewerbes.
Begründung des Gewerbes.
§. 34.

Zum Betriebe des Gewerbes wird vor allen erfordert: 1) ein fähiges Subjekt;
2) Kapital; 3) ein Landgut.

Das Subjekt.
§. 35.

Eigenschaften
eines dazu
tüchtigen
Subjekts.
Jeder, welcher die Landwirthschaft mit höchstmöglichem Erfolg -- denn von
etwas anderem kann hier nicht die Rede seyn -- ausüben will, muß Energie und
Thätigkeit, mit Ueberlegung, Ausdauer und mit allen erforderlichen Kenntnissen
verknüpfen.

Zwar hat man es lange als Beruf zur Landwirthschaft angesehen, wenn ein
junger Mensch zu anderen Gewerben zu wenig Fähigkeit besaß; und es giebt auch
Beispiele, daß einige dieses Schlages, ungeachtet sie auf einer sehr niedern Stufe
stehen blieben, dennoch bei der Landwirthschaft ihr Glück gemacht haben. Dies
war aber bloß ein glückliches Zusammentreffen äußerer zufälliger Umstände, welches
in einem gewissen Zeitraume nicht selten war, jetzt aber kaum mehr eintreten kann.

Der Betrieb der Landwirthschaft ist aus so mannigfaltigen einzelnen Verrichtun-
gen zusammengesetzt, deren jede an sich sehr leicht scheint, die aber schwer im gerech-
ten Verhältnisse zu erhalten sind, indem sie sich oft widerstreben. Diese der Zeit und
den Kräften nach so zu ordnen, daß keine versäumt, sondern jede gehörig und in dem
Maaße vollführt werde, daß andere gleichnöthige nicht darunter leiden, erfordert
große Aufmerksamkeit und Thätigkeit ohne Unruhe, schnellen Entschluß ohne Ueber-
eilung, allgemeinen Ueberblick des Ganzen, mit scharfer Aufmerksamkeit auf jeden
Punkt, richtige Würdigung des mehr oder minder Nöthigen und Nützlichen in
jedem Momente, Ausdauer bei der Vollendung des Angefangenen, ohne über dieses
das Dringendere zu versäumen, richtige Berechnung der Kräfte und der Zeit, zur
möglich vortheilhaftesten nachhaltigen Benutzung derselben.

§. 36.

Da vielleicht kein Gewerbe so vielen Zufälligkeiten und Unglücksfällen ausgesetzt
ist, wie die Landwirthschaft, so ist, um ein glückliches Leben dabei zu führen, bei

Begruͤndung des Gewerbes.
Begruͤndung des Gewerbes.
§. 34.

Zum Betriebe des Gewerbes wird vor allen erfordert: 1) ein faͤhiges Subjekt;
2) Kapital; 3) ein Landgut.

Das Subjekt.
§. 35.

Eigenſchaften
eines dazu
tuͤchtigen
Subjekts.
Jeder, welcher die Landwirthſchaft mit hoͤchſtmoͤglichem Erfolg — denn von
etwas anderem kann hier nicht die Rede ſeyn — ausuͤben will, muß Energie und
Thaͤtigkeit, mit Ueberlegung, Ausdauer und mit allen erforderlichen Kenntniſſen
verknuͤpfen.

Zwar hat man es lange als Beruf zur Landwirthſchaft angeſehen, wenn ein
junger Menſch zu anderen Gewerben zu wenig Faͤhigkeit beſaß; und es giebt auch
Beiſpiele, daß einige dieſes Schlages, ungeachtet ſie auf einer ſehr niedern Stufe
ſtehen blieben, dennoch bei der Landwirthſchaft ihr Gluͤck gemacht haben. Dies
war aber bloß ein gluͤckliches Zuſammentreffen aͤußerer zufaͤlliger Umſtaͤnde, welches
in einem gewiſſen Zeitraume nicht ſelten war, jetzt aber kaum mehr eintreten kann.

Der Betrieb der Landwirthſchaft iſt aus ſo mannigfaltigen einzelnen Verrichtun-
gen zuſammengeſetzt, deren jede an ſich ſehr leicht ſcheint, die aber ſchwer im gerech-
ten Verhaͤltniſſe zu erhalten ſind, indem ſie ſich oft widerſtreben. Dieſe der Zeit und
den Kraͤften nach ſo zu ordnen, daß keine verſaͤumt, ſondern jede gehoͤrig und in dem
Maaße vollfuͤhrt werde, daß andere gleichnoͤthige nicht darunter leiden, erfordert
große Aufmerkſamkeit und Thaͤtigkeit ohne Unruhe, ſchnellen Entſchluß ohne Ueber-
eilung, allgemeinen Ueberblick des Ganzen, mit ſcharfer Aufmerkſamkeit auf jeden
Punkt, richtige Wuͤrdigung des mehr oder minder Noͤthigen und Nuͤtzlichen in
jedem Momente, Ausdauer bei der Vollendung des Angefangenen, ohne uͤber dieſes
das Dringendere zu verſaͤumen, richtige Berechnung der Kraͤfte und der Zeit, zur
moͤglich vortheilhafteſten nachhaltigen Benutzung derſelben.

§. 36.

Da vielleicht kein Gewerbe ſo vielen Zufaͤlligkeiten und Ungluͤcksfaͤllen ausgeſetzt
iſt, wie die Landwirthſchaft, ſo iſt, um ein gluͤckliches Leben dabei zu fuͤhren, bei

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[14/0044] Begruͤndung des Gewerbes. Begruͤndung des Gewerbes. §. 34. Zum Betriebe des Gewerbes wird vor allen erfordert: 1) ein faͤhiges Subjekt; 2) Kapital; 3) ein Landgut. Das Subjekt. §. 35. Jeder, welcher die Landwirthſchaft mit hoͤchſtmoͤglichem Erfolg — denn von etwas anderem kann hier nicht die Rede ſeyn — ausuͤben will, muß Energie und Thaͤtigkeit, mit Ueberlegung, Ausdauer und mit allen erforderlichen Kenntniſſen verknuͤpfen. Eigenſchaften eines dazu tuͤchtigen Subjekts. Zwar hat man es lange als Beruf zur Landwirthſchaft angeſehen, wenn ein junger Menſch zu anderen Gewerben zu wenig Faͤhigkeit beſaß; und es giebt auch Beiſpiele, daß einige dieſes Schlages, ungeachtet ſie auf einer ſehr niedern Stufe ſtehen blieben, dennoch bei der Landwirthſchaft ihr Gluͤck gemacht haben. Dies war aber bloß ein gluͤckliches Zuſammentreffen aͤußerer zufaͤlliger Umſtaͤnde, welches in einem gewiſſen Zeitraume nicht ſelten war, jetzt aber kaum mehr eintreten kann. Der Betrieb der Landwirthſchaft iſt aus ſo mannigfaltigen einzelnen Verrichtun- gen zuſammengeſetzt, deren jede an ſich ſehr leicht ſcheint, die aber ſchwer im gerech- ten Verhaͤltniſſe zu erhalten ſind, indem ſie ſich oft widerſtreben. Dieſe der Zeit und den Kraͤften nach ſo zu ordnen, daß keine verſaͤumt, ſondern jede gehoͤrig und in dem Maaße vollfuͤhrt werde, daß andere gleichnoͤthige nicht darunter leiden, erfordert große Aufmerkſamkeit und Thaͤtigkeit ohne Unruhe, ſchnellen Entſchluß ohne Ueber- eilung, allgemeinen Ueberblick des Ganzen, mit ſcharfer Aufmerkſamkeit auf jeden Punkt, richtige Wuͤrdigung des mehr oder minder Noͤthigen und Nuͤtzlichen in jedem Momente, Ausdauer bei der Vollendung des Angefangenen, ohne uͤber dieſes das Dringendere zu verſaͤumen, richtige Berechnung der Kraͤfte und der Zeit, zur moͤglich vortheilhafteſten nachhaltigen Benutzung derſelben. §. 36. Da vielleicht kein Gewerbe ſo vielen Zufaͤlligkeiten und Ungluͤcksfaͤllen ausgeſetzt iſt, wie die Landwirthſchaft, ſo iſt, um ein gluͤckliches Leben dabei zu fuͤhren, bei

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/44>, abgerufen am 21.11.2024.