Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Ackerbausysteme.
ser Verbindung, über das Verhältniß beider gegen einander, und über die
Bestimmung des dem einen oder dem anderen zu widmenden Grundes und Bodens,
sind die Meinungen getheilt, und sehr abweichend über die Einrichtungen, die
man zur Erreichung feines Zweckes, des möglich höchsten Ertrages aus
beiden zusammengenommen
, zu wählen habe.

§. 296.

So wie man die Lehre von der Landwirthschaft mehr wissenschaftlich zu behan-
deln anfing, es jedoch noch an einen richtigen Ueberblick aller Verhältnisse fehlte,
sind daher auch die Meinungen über die vortheilhafteste Art des Feldsystemes nicht
bloß immer mehr getheilt worden, -- denn dies war natürlich, da die Verschie-
denheit der Lage für jeden ein anderes Ackersystem vortheilhafter und rathsa-
mer machen konnte -- sondern man hat sich über den Vorzug des einen vor dem
andern im Allgemeinen mit einem Eifer gestritten, der manchmal dem reli-
giösen Sekteneifer gleich kam. Dieser Streit ward um so verwickelter, da die
Meisten die Verschiedenheit der Lage und Verhältnisse nicht beachteten, und die
Gründe verkannten, worauf ein jedes Wirthschaftssystem -- soll es diesen Namen
verdienen -- eigentlich beruht.

Die bisher angegebenen Data, Verhältnisse und Berechnungen werden uns
in den Stand setzen, die Hauptarten dieser Ackersysteme nicht nur, sondern auch
ihre mannigfaltigen Modifikationen gründlich beurtheilen und auch bestimmen zu
können, auf welchem Areal und unter welchen Ortsverhältnissen ein jedes von ih-
nen unter jeder Modifikation das angemessenste sey, und den jedesmaligen Zweck
des höchsten reinen Ertrages erreichen müsse.

§. 297.

Allgemeine
Eintheilung
derselben in
Felder- und
in Wechsel-
wirthschaft.
Diese Ackersysteme theilen sich in zwei Hauptklassen. Die Eine hat den ersten
Theil ihres Landes ausschließlich zum Fruchtbau oder zu solchen vegetabilischen
Produktionen, die unmittelbar zur Nahrung und andern Bedürfnissen der Men-
schen verwandt werden, bestimmt; einen zweiten Theil aber der Erhaltung des
Viehes gewidmet. Sie hat besonderes Ackerland und besonderes
Grasland
zu Wiesen und Weiden. Die andere Hauptklasse wechselt mit dem-
selben
Grund und Boden zwischen beiden Bestimmungen und mannigfaltig ver-

Die Ackerbauſyſteme.
ſer Verbindung, uͤber das Verhaͤltniß beider gegen einander, und uͤber die
Beſtimmung des dem einen oder dem anderen zu widmenden Grundes und Bodens,
ſind die Meinungen getheilt, und ſehr abweichend uͤber die Einrichtungen, die
man zur Erreichung feines Zweckes, des moͤglich hoͤchſten Ertrages aus
beiden zuſammengenommen
, zu waͤhlen habe.

§. 296.

So wie man die Lehre von der Landwirthſchaft mehr wiſſenſchaftlich zu behan-
deln anfing, es jedoch noch an einen richtigen Ueberblick aller Verhaͤltniſſe fehlte,
ſind daher auch die Meinungen uͤber die vortheilhafteſte Art des Feldſyſtemes nicht
bloß immer mehr getheilt worden, — denn dies war natuͤrlich, da die Verſchie-
denheit der Lage fuͤr jeden ein anderes Ackerſyſtem vortheilhafter und rathſa-
mer machen konnte — ſondern man hat ſich uͤber den Vorzug des einen vor dem
andern im Allgemeinen mit einem Eifer geſtritten, der manchmal dem reli-
gioͤſen Sekteneifer gleich kam. Dieſer Streit ward um ſo verwickelter, da die
Meiſten die Verſchiedenheit der Lage und Verhaͤltniſſe nicht beachteten, und die
Gruͤnde verkannten, worauf ein jedes Wirthſchaftsſyſtem — ſoll es dieſen Namen
verdienen — eigentlich beruht.

Die bisher angegebenen Data, Verhaͤltniſſe und Berechnungen werden uns
in den Stand ſetzen, die Hauptarten dieſer Ackerſyſteme nicht nur, ſondern auch
ihre mannigfaltigen Modifikationen gruͤndlich beurtheilen und auch beſtimmen zu
koͤnnen, auf welchem Areal und unter welchen Ortsverhaͤltniſſen ein jedes von ih-
nen unter jeder Modifikation das angemeſſenſte ſey, und den jedesmaligen Zweck
des hoͤchſten reinen Ertrages erreichen muͤſſe.

§. 297.

Allgemeine
Eintheilung
derſelben in
Felder- und
in Wechſel-
wirthſchaft.
Dieſe Ackerſyſteme theilen ſich in zwei Hauptklaſſen. Die Eine hat den erſten
Theil ihres Landes ausſchließlich zum Fruchtbau oder zu ſolchen vegetabiliſchen
Produktionen, die unmittelbar zur Nahrung und andern Beduͤrfniſſen der Men-
ſchen verwandt werden, beſtimmt; einen zweiten Theil aber der Erhaltung des
Viehes gewidmet. Sie hat beſonderes Ackerland und beſonderes
Grasland
zu Wieſen und Weiden. Die andere Hauptklaſſe wechſelt mit dem-
ſelben
Grund und Boden zwiſchen beiden Beſtimmungen und mannigfaltig ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0332" n="286"/><fw place="top" type="header">Die Ackerbau&#x017F;y&#x017F;teme.</fw><lb/>
&#x017F;er Verbindung, u&#x0364;ber das Verha&#x0364;ltniß beider gegen einander, und u&#x0364;ber die<lb/>
Be&#x017F;timmung des dem einen oder dem anderen zu widmenden Grundes und Bodens,<lb/>
&#x017F;ind die Meinungen getheilt, und &#x017F;ehr abweichend u&#x0364;ber die Einrichtungen, die<lb/>
man zur Erreichung feines Zweckes, <hi rendition="#g">des mo&#x0364;glich ho&#x0364;ch&#x017F;ten Ertrages aus<lb/>
beiden zu&#x017F;ammengenommen</hi>, zu wa&#x0364;hlen habe.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 296.</head><lb/>
            <p>So wie man die Lehre von der Landwirth&#x017F;chaft mehr wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlich zu behan-<lb/>
deln anfing, es jedoch noch an einen richtigen Ueberblick aller Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e fehlte,<lb/>
&#x017F;ind daher auch die Meinungen u&#x0364;ber die vortheilhafte&#x017F;te Art des Feld&#x017F;y&#x017F;temes nicht<lb/>
bloß immer mehr getheilt worden, &#x2014; denn dies war natu&#x0364;rlich, da die Ver&#x017F;chie-<lb/>
denheit der Lage fu&#x0364;r jeden ein anderes Acker&#x017F;y&#x017F;tem vortheilhafter und rath&#x017F;a-<lb/>
mer machen konnte &#x2014; &#x017F;ondern man hat &#x017F;ich u&#x0364;ber den Vorzug des einen vor dem<lb/>
andern <hi rendition="#g">im Allgemeinen</hi> mit einem Eifer ge&#x017F;tritten, der manchmal dem reli-<lb/>
gio&#x0364;&#x017F;en Sekteneifer gleich kam. Die&#x017F;er Streit ward um &#x017F;o verwickelter, da die<lb/>
Mei&#x017F;ten die Ver&#x017F;chiedenheit der Lage und Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e nicht beachteten, und die<lb/>
Gru&#x0364;nde verkannten, worauf ein jedes Wirth&#x017F;chafts&#x017F;y&#x017F;tem &#x2014; &#x017F;oll es die&#x017F;en Namen<lb/>
verdienen &#x2014; eigentlich beruht.</p><lb/>
            <p>Die bisher angegebenen Data, Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e und Berechnungen werden uns<lb/>
in den Stand &#x017F;etzen, die Hauptarten die&#x017F;er Acker&#x017F;y&#x017F;teme nicht nur, &#x017F;ondern auch<lb/>
ihre mannigfaltigen Modifikationen gru&#x0364;ndlich beurtheilen und auch be&#x017F;timmen zu<lb/>
ko&#x0364;nnen, auf welchem Areal und unter welchen Ortsverha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en ein jedes von ih-<lb/>
nen unter jeder Modifikation das angeme&#x017F;&#x017F;en&#x017F;te &#x017F;ey, und den jedesmaligen Zweck<lb/>
des ho&#x0364;ch&#x017F;ten reinen Ertrages erreichen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 297.</head><lb/>
            <p><note place="left">Allgemeine<lb/>
Eintheilung<lb/>
der&#x017F;elben in<lb/>
Felder- und<lb/>
in Wech&#x017F;el-<lb/>
wirth&#x017F;chaft.</note>Die&#x017F;e Acker&#x017F;y&#x017F;teme theilen &#x017F;ich in zwei Hauptkla&#x017F;&#x017F;en. Die Eine hat den er&#x017F;ten<lb/>
Theil ihres Landes aus&#x017F;chließlich zum Fruchtbau oder zu &#x017F;olchen vegetabili&#x017F;chen<lb/><choice><sic>Prodnktionen</sic><corr>Produktionen</corr></choice>, die unmittelbar zur Nahrung und andern Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;en der Men-<lb/>
&#x017F;chen verwandt werden, be&#x017F;timmt; einen zweiten Theil aber der Erhaltung des<lb/>
Viehes gewidmet. Sie hat <hi rendition="#g">be&#x017F;onderes Ackerland</hi> und <hi rendition="#g">be&#x017F;onderes<lb/>
Grasland</hi> zu Wie&#x017F;en und Weiden. Die andere Hauptkla&#x017F;&#x017F;e wech&#x017F;elt mit <hi rendition="#g">dem-<lb/>
&#x017F;elben</hi> Grund und Boden zwi&#x017F;chen beiden Be&#x017F;timmungen und mannigfaltig ver-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0332] Die Ackerbauſyſteme. ſer Verbindung, uͤber das Verhaͤltniß beider gegen einander, und uͤber die Beſtimmung des dem einen oder dem anderen zu widmenden Grundes und Bodens, ſind die Meinungen getheilt, und ſehr abweichend uͤber die Einrichtungen, die man zur Erreichung feines Zweckes, des moͤglich hoͤchſten Ertrages aus beiden zuſammengenommen, zu waͤhlen habe. §. 296. So wie man die Lehre von der Landwirthſchaft mehr wiſſenſchaftlich zu behan- deln anfing, es jedoch noch an einen richtigen Ueberblick aller Verhaͤltniſſe fehlte, ſind daher auch die Meinungen uͤber die vortheilhafteſte Art des Feldſyſtemes nicht bloß immer mehr getheilt worden, — denn dies war natuͤrlich, da die Verſchie- denheit der Lage fuͤr jeden ein anderes Ackerſyſtem vortheilhafter und rathſa- mer machen konnte — ſondern man hat ſich uͤber den Vorzug des einen vor dem andern im Allgemeinen mit einem Eifer geſtritten, der manchmal dem reli- gioͤſen Sekteneifer gleich kam. Dieſer Streit ward um ſo verwickelter, da die Meiſten die Verſchiedenheit der Lage und Verhaͤltniſſe nicht beachteten, und die Gruͤnde verkannten, worauf ein jedes Wirthſchaftsſyſtem — ſoll es dieſen Namen verdienen — eigentlich beruht. Die bisher angegebenen Data, Verhaͤltniſſe und Berechnungen werden uns in den Stand ſetzen, die Hauptarten dieſer Ackerſyſteme nicht nur, ſondern auch ihre mannigfaltigen Modifikationen gruͤndlich beurtheilen und auch beſtimmen zu koͤnnen, auf welchem Areal und unter welchen Ortsverhaͤltniſſen ein jedes von ih- nen unter jeder Modifikation das angemeſſenſte ſey, und den jedesmaligen Zweck des hoͤchſten reinen Ertrages erreichen muͤſſe. §. 297. Dieſe Ackerſyſteme theilen ſich in zwei Hauptklaſſen. Die Eine hat den erſten Theil ihres Landes ausſchließlich zum Fruchtbau oder zu ſolchen vegetabiliſchen Produktionen, die unmittelbar zur Nahrung und andern Beduͤrfniſſen der Men- ſchen verwandt werden, beſtimmt; einen zweiten Theil aber der Erhaltung des Viehes gewidmet. Sie hat beſonderes Ackerland und beſonderes Grasland zu Wieſen und Weiden. Die andere Hauptklaſſe wechſelt mit dem- ſelben Grund und Boden zwiſchen beiden Beſtimmungen und mannigfaltig ver- Allgemeine Eintheilung derſelben in Felder- und in Wechſel- wirthſchaft.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/332
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/332>, abgerufen am 22.12.2024.