Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

XII. Versuch. Ueber die Selbstthätigkeit
beschäfftiget ist, wenn wir uns selbst zu der
Aktion bestimmen können.

5) Von den verschiedenen Graden in dem
Vermögen sich selbst zu bestimmen.

6) Wie weit auch da ein Vermögen, uns selbst
anders zu bestimmen, vorhanden seyn kann,
wo wir leidentlich zu etwas bestimmt
werden.

7) Wie weit wir es gewiß seyn können, daß
wir ein Vermögen anders zu handeln be-
sitzen.

8) Das Vermögen sich selbst zu bestimmen
geht nur auf Handlungen, die schon ehe-
mals instinktartig vorgenommen sind.

9) Wie Vermögen zu entgegengesetzten Aktio-
nen, zum Wollen und zum Nichtwollen,
zum Thun und zum Lassen, zugleich in der
Seele nebeneinander bestehen?

1.

Vermögen, Wollen und Thun unterscheiden wir
von einander in der Seele, ohnerachtet jedes Wol-
len
für sich schon eine wirkliche Thätigkeit und Kraft-
äußerung ist. Wenn indessen dieser Unterschied beobachtet
wird, so ist das Wollen nichts anders als die anfängliche
Bestimmung der Kraft zur Thätigkeit; noch nicht ein
eigentliches Bestreben, oder ein Trieb, etwas zu ver-
richten, sondern diejenige Selbstbestimmung und Rich-
tung der Kräfte, welche zu einer bestimmten Handlung
vorher erfodert wird. Wir wollen eine Sache in
Ueberlegung nehmen, sie durchdenken, wir wollen
uns beruhigen, wir wollen mit dem Körper arbeiten.

Die-

XII. Verſuch. Ueber die Selbſtthaͤtigkeit
beſchaͤfftiget iſt, wenn wir uns ſelbſt zu der
Aktion beſtimmen koͤnnen.

5) Von den verſchiedenen Graden in dem
Vermoͤgen ſich ſelbſt zu beſtimmen.

6) Wie weit auch da ein Vermoͤgen, uns ſelbſt
anders zu beſtimmen, vorhanden ſeyn kann,
wo wir leidentlich zu etwas beſtimmt
werden.

7) Wie weit wir es gewiß ſeyn koͤnnen, daß
wir ein Vermoͤgen anders zu handeln be-
ſitzen.

8) Das Vermoͤgen ſich ſelbſt zu beſtimmen
geht nur auf Handlungen, die ſchon ehe-
mals inſtinktartig vorgenommen ſind.

9) Wie Vermoͤgen zu entgegengeſetzten Aktio-
nen, zum Wollen und zum Nichtwollen,
zum Thun und zum Laſſen, zugleich in der
Seele nebeneinander beſtehen?

1.

Vermoͤgen, Wollen und Thun unterſcheiden wir
von einander in der Seele, ohnerachtet jedes Wol-
len
fuͤr ſich ſchon eine wirkliche Thaͤtigkeit und Kraft-
aͤußerung iſt. Wenn indeſſen dieſer Unterſchied beobachtet
wird, ſo iſt das Wollen nichts anders als die anfaͤngliche
Beſtimmung der Kraft zur Thaͤtigkeit; noch nicht ein
eigentliches Beſtreben, oder ein Trieb, etwas zu ver-
richten, ſondern diejenige Selbſtbeſtimmung und Rich-
tung der Kraͤfte, welche zu einer beſtimmten Handlung
vorher erfodert wird. Wir wollen eine Sache in
Ueberlegung nehmen, ſie durchdenken, wir wollen
uns beruhigen, wir wollen mit dem Koͤrper arbeiten.

Die-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <argument>
            <p>
              <list>
                <item>
                  <pb facs="#f0132" n="102"/>
                  <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XII.</hi> Ver&#x017F;uch. Ueber die Selb&#x017F;ttha&#x0364;tigkeit</hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr">be&#x017F;cha&#x0364;fftiget i&#x017F;t, wenn wir uns &#x017F;elb&#x017F;t zu der<lb/>
Aktion be&#x017F;timmen <hi rendition="#b">ko&#x0364;nnen.</hi></hi> </item><lb/>
                <item>5) <hi rendition="#fr">Von den ver&#x017F;chiedenen Graden in dem<lb/>
Vermo&#x0364;gen &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu be&#x017F;timmen.</hi></item><lb/>
                <item>6) <hi rendition="#fr">Wie weit auch da ein Vermo&#x0364;gen, uns &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
anders zu be&#x017F;timmen, vorhanden &#x017F;eyn kann,<lb/>
wo wir <hi rendition="#b">leidentlich</hi> zu etwas be&#x017F;timmt<lb/>
werden.</hi></item><lb/>
                <item>7) <hi rendition="#fr">Wie weit wir es gewiß &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen, daß<lb/>
wir ein Vermo&#x0364;gen anders zu handeln be-<lb/>
&#x017F;itzen.</hi></item><lb/>
                <item>8) <hi rendition="#fr">Das Vermo&#x0364;gen &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu be&#x017F;timmen<lb/>
geht nur auf Handlungen, die &#x017F;chon ehe-<lb/>
mals in&#x017F;tinktartig vorgenommen &#x017F;ind.</hi></item><lb/>
                <item>9) <hi rendition="#fr">Wie Vermo&#x0364;gen zu entgegenge&#x017F;etzten Aktio-<lb/>
nen, zum Wollen und zum Nichtwollen,<lb/>
zum Thun und zum La&#x017F;&#x017F;en, <hi rendition="#b">zugleich</hi> in der<lb/>
Seele <hi rendition="#b">nebeneinander</hi> be&#x017F;tehen?</hi></item>
              </list>
            </p>
          </argument><lb/>
          <div n="3">
            <head>1.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">V</hi><hi rendition="#fr">ermo&#x0364;gen, Wollen</hi> und <hi rendition="#fr">Thun</hi> unter&#x017F;cheiden wir<lb/>
von einander in der Seele, ohnerachtet jedes <hi rendition="#fr">Wol-<lb/>
len</hi> fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;chon eine wirkliche Tha&#x0364;tigkeit und Kraft-<lb/>
a&#x0364;ußerung i&#x017F;t. Wenn inde&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;er Unter&#x017F;chied beobachtet<lb/>
wird, &#x017F;o i&#x017F;t das <hi rendition="#fr">Wollen</hi> nichts anders als die anfa&#x0364;ngliche<lb/>
Be&#x017F;timmung der Kraft zur Tha&#x0364;tigkeit; noch nicht ein<lb/>
eigentliches <hi rendition="#fr">Be&#x017F;treben,</hi> oder ein <hi rendition="#fr">Trieb,</hi> etwas zu ver-<lb/>
richten, &#x017F;ondern diejenige Selb&#x017F;tbe&#x017F;timmung und Rich-<lb/>
tung der Kra&#x0364;fte, welche zu einer be&#x017F;timmten Handlung<lb/>
vorher erfodert wird. Wir <hi rendition="#fr">wollen</hi> eine Sache in<lb/>
Ueberlegung nehmen, &#x017F;ie durchdenken, wir <hi rendition="#fr">wollen</hi><lb/>
uns beruhigen, wir <hi rendition="#fr">wollen</hi> mit dem Ko&#x0364;rper arbeiten.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Die-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0132] XII. Verſuch. Ueber die Selbſtthaͤtigkeit beſchaͤfftiget iſt, wenn wir uns ſelbſt zu der Aktion beſtimmen koͤnnen. 5) Von den verſchiedenen Graden in dem Vermoͤgen ſich ſelbſt zu beſtimmen. 6) Wie weit auch da ein Vermoͤgen, uns ſelbſt anders zu beſtimmen, vorhanden ſeyn kann, wo wir leidentlich zu etwas beſtimmt werden. 7) Wie weit wir es gewiß ſeyn koͤnnen, daß wir ein Vermoͤgen anders zu handeln be- ſitzen. 8) Das Vermoͤgen ſich ſelbſt zu beſtimmen geht nur auf Handlungen, die ſchon ehe- mals inſtinktartig vorgenommen ſind. 9) Wie Vermoͤgen zu entgegengeſetzten Aktio- nen, zum Wollen und zum Nichtwollen, zum Thun und zum Laſſen, zugleich in der Seele nebeneinander beſtehen? 1. Vermoͤgen, Wollen und Thun unterſcheiden wir von einander in der Seele, ohnerachtet jedes Wol- len fuͤr ſich ſchon eine wirkliche Thaͤtigkeit und Kraft- aͤußerung iſt. Wenn indeſſen dieſer Unterſchied beobachtet wird, ſo iſt das Wollen nichts anders als die anfaͤngliche Beſtimmung der Kraft zur Thaͤtigkeit; noch nicht ein eigentliches Beſtreben, oder ein Trieb, etwas zu ver- richten, ſondern diejenige Selbſtbeſtimmung und Rich- tung der Kraͤfte, welche zu einer beſtimmten Handlung vorher erfodert wird. Wir wollen eine Sache in Ueberlegung nehmen, ſie durchdenken, wir wollen uns beruhigen, wir wollen mit dem Koͤrper arbeiten. Die-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/132
Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/132>, abgerufen am 21.12.2024.