des Hundes ohne Zweifel auch; aber bringet sie es auch bis zum Gewahrnehmen und Bemerken, bis zu dem Gedanken: Siehe da! einen besondern Gegenstand? oder lieget nicht dieß vielmehr außer ihrer Sphäre?
Wir bedienen uns des Ausdrucks Aufinerken und Aufmerksam seyn in jedem Fall, wo unsere Erkenntniß- kräfte mit einer vorzüglichen Jntension auf einen Gegen- stand gerichtet werden. Aber wir setzen allemal voraus, daß wir alsdenn nicht allein die Sinne und die Phan- tasie, sondern mehr und vorzüglich das Ueberlegungsver- mögen mit der Sache beschäftigen. Das Vermögen zur Aufmerksamkeit ist es, wodurch die Klarheit und Deutlichkeit in den Vorstellungen erlanget wird, und wo- durch wir die Verhältnisse und Beziehungen des Objekts gegen andere und seiner Theile unter einander erkennen. Und diese Bestimmten Worterklärungen vorausgesetzt, so kann man das Befühlen, das Beachten und das Aufmerksam seyn von einander unterscheiden. Es sind dieß Richtungen und Anwendungen verschiedener Seelenvermögen auf einen Gegenstand, obgleich diese Vermögen in Verbindung miteinander wirken, und ins- besonders muß in jedem Fall, wo wir auf etwas auf- merksam sind, auch die Vorstellung von der Sache vor- züglich bearbeitet, und also die Sache selbst beachtet werden.
2.
Zweytens findet sich bey jedweder Gewahrnehmung, daß das Gefühl oder die Vorstellungskraft nicht allein auf das gewahrgenommene Objekt in etwas festgeheftet sey, sondern daß sie auch auf selbiges zurückgebogen worden sey, wenn sie schon im Begrif gewesen ist, es zu verlassen und sich auf andere Dinge zu verwenden. Die Seelenkraft, es sey ihr Empfindungsvermögen oder ihre vorstellende Kraft, ist thätig, unruhig, und hat
einen
und Bewußtſeyn.
des Hundes ohne Zweifel auch; aber bringet ſie es auch bis zum Gewahrnehmen und Bemerken, bis zu dem Gedanken: Siehe da! einen beſondern Gegenſtand? oder lieget nicht dieß vielmehr außer ihrer Sphaͤre?
Wir bedienen uns des Ausdrucks Aufinerken und Aufmerkſam ſeyn in jedem Fall, wo unſere Erkenntniß- kraͤfte mit einer vorzuͤglichen Jntenſion auf einen Gegen- ſtand gerichtet werden. Aber wir ſetzen allemal voraus, daß wir alsdenn nicht allein die Sinne und die Phan- taſie, ſondern mehr und vorzuͤglich das Ueberlegungsver- moͤgen mit der Sache beſchaͤftigen. Das Vermoͤgen zur Aufmerkſamkeit iſt es, wodurch die Klarheit und Deutlichkeit in den Vorſtellungen erlanget wird, und wo- durch wir die Verhaͤltniſſe und Beziehungen des Objekts gegen andere und ſeiner Theile unter einander erkennen. Und dieſe Beſtimmten Worterklaͤrungen vorausgeſetzt, ſo kann man das Befuͤhlen, das Beachten und das Aufmerkſam ſeyn von einander unterſcheiden. Es ſind dieß Richtungen und Anwendungen verſchiedener Seelenvermoͤgen auf einen Gegenſtand, obgleich dieſe Vermoͤgen in Verbindung miteinander wirken, und ins- beſonders muß in jedem Fall, wo wir auf etwas auf- merkſam ſind, auch die Vorſtellung von der Sache vor- zuͤglich bearbeitet, und alſo die Sache ſelbſt beachtet werden.
2.
Zweytens findet ſich bey jedweder Gewahrnehmung, daß das Gefuͤhl oder die Vorſtellungskraft nicht allein auf das gewahrgenommene Objekt in etwas feſtgeheftet ſey, ſondern daß ſie auch auf ſelbiges zuruͤckgebogen worden ſey, wenn ſie ſchon im Begrif geweſen iſt, es zu verlaſſen und ſich auf andere Dinge zu verwenden. Die Seelenkraft, es ſey ihr Empfindungsvermoͤgen oder ihre vorſtellende Kraft, iſt thaͤtig, unruhig, und hat
einen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0343"n="283"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">und Bewußtſeyn.</hi></fw><lb/>
des Hundes ohne Zweifel auch; aber bringet ſie es auch<lb/>
bis zum <hirendition="#fr">Gewahrnehmen</hi> und Bemerken, bis zu dem<lb/>
Gedanken: Siehe da! einen beſondern Gegenſtand?<lb/>
oder lieget nicht dieß vielmehr außer ihrer Sphaͤre?</p><lb/><p>Wir bedienen uns des Ausdrucks <hirendition="#fr">Aufinerken</hi> und<lb/>
Aufmerkſam ſeyn in jedem Fall, wo unſere Erkenntniß-<lb/>
kraͤfte mit einer vorzuͤglichen Jntenſion auf einen Gegen-<lb/>ſtand gerichtet werden. Aber wir ſetzen allemal voraus,<lb/>
daß wir alsdenn nicht allein die Sinne und die Phan-<lb/>
taſie, ſondern mehr und vorzuͤglich das Ueberlegungsver-<lb/>
moͤgen mit der Sache beſchaͤftigen. Das Vermoͤgen<lb/>
zur Aufmerkſamkeit iſt es, wodurch die Klarheit und<lb/>
Deutlichkeit in den Vorſtellungen erlanget wird, und wo-<lb/>
durch wir die Verhaͤltniſſe und Beziehungen des Objekts<lb/>
gegen andere und ſeiner Theile unter einander erkennen.<lb/>
Und dieſe Beſtimmten Worterklaͤrungen vorausgeſetzt,<lb/>ſo kann man das <hirendition="#fr">Befuͤhlen,</hi> das <hirendition="#fr">Beachten</hi> und das<lb/><hirendition="#fr">Aufmerkſam ſeyn</hi> von einander unterſcheiden. Es<lb/>ſind dieß Richtungen und Anwendungen <hirendition="#fr">verſchiedener</hi><lb/>
Seelenvermoͤgen auf einen Gegenſtand, obgleich dieſe<lb/>
Vermoͤgen in Verbindung miteinander wirken, und ins-<lb/>
beſonders muß in jedem Fall, wo wir auf etwas auf-<lb/>
merkſam ſind, auch die Vorſtellung von der Sache vor-<lb/>
zuͤglich bearbeitet, und alſo die Sache ſelbſt <hirendition="#fr">beachtet</hi><lb/>
werden.</p></div><lb/><divn="3"><head>2.</head><lb/><p>Zweytens findet ſich bey jedweder Gewahrnehmung,<lb/>
daß das Gefuͤhl oder die Vorſtellungskraft nicht allein<lb/>
auf das gewahrgenommene Objekt in etwas feſtgeheftet<lb/>ſey, ſondern daß ſie auch auf ſelbiges <hirendition="#fr">zuruͤckgebogen</hi><lb/>
worden ſey, wenn ſie ſchon im Begrif geweſen iſt, es<lb/>
zu verlaſſen und ſich auf andere Dinge zu verwenden.<lb/>
Die Seelenkraft, es ſey ihr Empfindungsvermoͤgen oder<lb/>
ihre vorſtellende Kraft, iſt thaͤtig, unruhig, und hat<lb/><fwplace="bottom"type="catch">einen</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[283/0343]
und Bewußtſeyn.
des Hundes ohne Zweifel auch; aber bringet ſie es auch
bis zum Gewahrnehmen und Bemerken, bis zu dem
Gedanken: Siehe da! einen beſondern Gegenſtand?
oder lieget nicht dieß vielmehr außer ihrer Sphaͤre?
Wir bedienen uns des Ausdrucks Aufinerken und
Aufmerkſam ſeyn in jedem Fall, wo unſere Erkenntniß-
kraͤfte mit einer vorzuͤglichen Jntenſion auf einen Gegen-
ſtand gerichtet werden. Aber wir ſetzen allemal voraus,
daß wir alsdenn nicht allein die Sinne und die Phan-
taſie, ſondern mehr und vorzuͤglich das Ueberlegungsver-
moͤgen mit der Sache beſchaͤftigen. Das Vermoͤgen
zur Aufmerkſamkeit iſt es, wodurch die Klarheit und
Deutlichkeit in den Vorſtellungen erlanget wird, und wo-
durch wir die Verhaͤltniſſe und Beziehungen des Objekts
gegen andere und ſeiner Theile unter einander erkennen.
Und dieſe Beſtimmten Worterklaͤrungen vorausgeſetzt,
ſo kann man das Befuͤhlen, das Beachten und das
Aufmerkſam ſeyn von einander unterſcheiden. Es
ſind dieß Richtungen und Anwendungen verſchiedener
Seelenvermoͤgen auf einen Gegenſtand, obgleich dieſe
Vermoͤgen in Verbindung miteinander wirken, und ins-
beſonders muß in jedem Fall, wo wir auf etwas auf-
merkſam ſind, auch die Vorſtellung von der Sache vor-
zuͤglich bearbeitet, und alſo die Sache ſelbſt beachtet
werden.
2.
Zweytens findet ſich bey jedweder Gewahrnehmung,
daß das Gefuͤhl oder die Vorſtellungskraft nicht allein
auf das gewahrgenommene Objekt in etwas feſtgeheftet
ſey, ſondern daß ſie auch auf ſelbiges zuruͤckgebogen
worden ſey, wenn ſie ſchon im Begrif geweſen iſt, es
zu verlaſſen und ſich auf andere Dinge zu verwenden.
Die Seelenkraft, es ſey ihr Empfindungsvermoͤgen oder
ihre vorſtellende Kraft, iſt thaͤtig, unruhig, und hat
einen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/343>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.