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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867.

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Unterschied der königlichen und der örtlichen Polizei. Die erste
wird durch ein System von königlichen Polizeicommissarien, die letztere
durch den Bürgermeister als Haupt der ganzen örtlichen Polizei aus-
geübt; dem letztern sind auch die Polizeicommissarien untergeordnet.
(Gemeindegesetz von 1850, Art. 184. 185.) de Bosch-Kemper,
Staatsregt
§. 196. Dieß System empfängt seine innere Einheit wieder
dadurch, daß der König den Bürgermeister ernennt, was noch aus der
französischen Zeit herstammt.

Bayern. Organ: Ministerium des Innern als Haupt, Kreisregie-
rungen; Distriktspolizeibehörden, theils Magistrate, theils Landgerichte
(gutsherrlich). Für die Competenz allgemeines Gesetz. Polizeistraf-
recht
(Gesetz vom 10. Nov. 1861). Pözl, Verwaltungsrecht §. 74 ff.
May, bayerisches Strafrecht I. 136. -- Württemberg. Mohl, Ver-
waltungsrecht §. 146; speziell über die Landjäger und das Bürger-
militär §. 191. 192. -- Die Organisation in den meisten übrigen
Staaten beruht auf der allgemeinen Organisation der Verwaltung,
indem meistens die Selbstverwaltungskörper (Gemeinden) die niedere,
die höheren Verwaltungsstellen die höhere Polizei ausüben.

2) Das Polizeistrafrecht.

Obwohl nun der Begriff des Polizeiverfügungsrechts an sich sehr
einfach ist, so bleibt derselben dennoch stets unbestimmt, so lange nicht
das, was die Vollziehung und Verwirklichung solcher Verfügungen
sichern soll, seinerseits bestimmt wird. Das ist die für die Uebertretung
der Polizeiverfügung aufzustellende Strafe, oder das Polizeistraf-
recht
. Erst an dem Polizeistrafrecht gewinnt die Polizeiverfügung
gleichsam ihren Körper; es ist der Weg, auf dem die letztere in das un-
mittelbar praktische Leben hineingreift, und daher ist von jeher das
Polizeistrafrecht das eigentlich charakteristische Moment an dem ganzen
Polizeirecht und seiner Entwicklung gewesen.

Das allgemeine Princip desselben ist wohl klar. Ist das, was
die Polzeiverfügung vorschreibt, eine wirkliche Bedingung der Gesammt-
entwicklung, so ist eine Nichterfüllung derselben von Seiten des Einzelnen
ein Vergehen gegenüber der Gesammtheit, die ja doch wieder die erste
Bedingung der Einzelwohlfahrt ist. Es muß daher auch für dieß Ver-
gehen eine Strafe eintreten. Allein diese Strafe hat einen andern
Charakter als die des Verbrechens. Da die polizeiliche Uebertretung
keine Rechtssphäre verletzt, so kann auch das Maß und die Art der
Strafe mit dem durch die Uebertretung verletzten Recht in keinem Ver-
hältniß stehen. Die Strafe hat hier vielmehr einen Zweck, und ihr

Unterſchied der königlichen und der örtlichen Polizei. Die erſte
wird durch ein Syſtem von königlichen Polizeicommiſſarien, die letztere
durch den Bürgermeiſter als Haupt der ganzen örtlichen Polizei aus-
geübt; dem letztern ſind auch die Polizeicommiſſarien untergeordnet.
(Gemeindegeſetz von 1850, Art. 184. 185.) de Bosch-Kemper,
Staatsregt
§. 196. Dieß Syſtem empfängt ſeine innere Einheit wieder
dadurch, daß der König den Bürgermeiſter ernennt, was noch aus der
franzöſiſchen Zeit herſtammt.

Bayern. Organ: Miniſterium des Innern als Haupt, Kreisregie-
rungen; Diſtriktspolizeibehörden, theils Magiſtrate, theils Landgerichte
(gutsherrlich). Für die Competenz allgemeines Geſetz. Polizeiſtraf-
recht
(Geſetz vom 10. Nov. 1861). Pözl, Verwaltungsrecht §. 74 ff.
May, bayeriſches Strafrecht I. 136. — Württemberg. Mohl, Ver-
waltungsrecht §. 146; ſpeziell über die Landjäger und das Bürger-
militär §. 191. 192. — Die Organiſation in den meiſten übrigen
Staaten beruht auf der allgemeinen Organiſation der Verwaltung,
indem meiſtens die Selbſtverwaltungskörper (Gemeinden) die niedere,
die höheren Verwaltungsſtellen die höhere Polizei ausüben.

2) Das Polizeiſtrafrecht.

Obwohl nun der Begriff des Polizeiverfügungsrechts an ſich ſehr
einfach iſt, ſo bleibt derſelben dennoch ſtets unbeſtimmt, ſo lange nicht
das, was die Vollziehung und Verwirklichung ſolcher Verfügungen
ſichern ſoll, ſeinerſeits beſtimmt wird. Das iſt die für die Uebertretung
der Polizeiverfügung aufzuſtellende Strafe, oder das Polizeiſtraf-
recht
. Erſt an dem Polizeiſtrafrecht gewinnt die Polizeiverfügung
gleichſam ihren Körper; es iſt der Weg, auf dem die letztere in das un-
mittelbar praktiſche Leben hineingreift, und daher iſt von jeher das
Polizeiſtrafrecht das eigentlich charakteriſtiſche Moment an dem ganzen
Polizeirecht und ſeiner Entwicklung geweſen.

Das allgemeine Princip deſſelben iſt wohl klar. Iſt das, was
die Polzeiverfügung vorſchreibt, eine wirkliche Bedingung der Geſammt-
entwicklung, ſo iſt eine Nichterfüllung derſelben von Seiten des Einzelnen
ein Vergehen gegenüber der Geſammtheit, die ja doch wieder die erſte
Bedingung der Einzelwohlfahrt iſt. Es muß daher auch für dieß Ver-
gehen eine Strafe eintreten. Allein dieſe Strafe hat einen andern
Charakter als die des Verbrechens. Da die polizeiliche Uebertretung
keine Rechtsſphäre verletzt, ſo kann auch das Maß und die Art der
Strafe mit dem durch die Uebertretung verletzten Recht in keinem Ver-
hältniß ſtehen. Die Strafe hat hier vielmehr einen Zweck, und ihr

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[36/0058] Unterſchied der königlichen und der örtlichen Polizei. Die erſte wird durch ein Syſtem von königlichen Polizeicommiſſarien, die letztere durch den Bürgermeiſter als Haupt der ganzen örtlichen Polizei aus- geübt; dem letztern ſind auch die Polizeicommiſſarien untergeordnet. (Gemeindegeſetz von 1850, Art. 184. 185.) de Bosch-Kemper, Staatsregt §. 196. Dieß Syſtem empfängt ſeine innere Einheit wieder dadurch, daß der König den Bürgermeiſter ernennt, was noch aus der franzöſiſchen Zeit herſtammt. Bayern. Organ: Miniſterium des Innern als Haupt, Kreisregie- rungen; Diſtriktspolizeibehörden, theils Magiſtrate, theils Landgerichte (gutsherrlich). Für die Competenz allgemeines Geſetz. Polizeiſtraf- recht (Geſetz vom 10. Nov. 1861). Pözl, Verwaltungsrecht §. 74 ff. May, bayeriſches Strafrecht I. 136. — Württemberg. Mohl, Ver- waltungsrecht §. 146; ſpeziell über die Landjäger und das Bürger- militär §. 191. 192. — Die Organiſation in den meiſten übrigen Staaten beruht auf der allgemeinen Organiſation der Verwaltung, indem meiſtens die Selbſtverwaltungskörper (Gemeinden) die niedere, die höheren Verwaltungsſtellen die höhere Polizei ausüben. 2) Das Polizeiſtrafrecht. Obwohl nun der Begriff des Polizeiverfügungsrechts an ſich ſehr einfach iſt, ſo bleibt derſelben dennoch ſtets unbeſtimmt, ſo lange nicht das, was die Vollziehung und Verwirklichung ſolcher Verfügungen ſichern ſoll, ſeinerſeits beſtimmt wird. Das iſt die für die Uebertretung der Polizeiverfügung aufzuſtellende Strafe, oder das Polizeiſtraf- recht. Erſt an dem Polizeiſtrafrecht gewinnt die Polizeiverfügung gleichſam ihren Körper; es iſt der Weg, auf dem die letztere in das un- mittelbar praktiſche Leben hineingreift, und daher iſt von jeher das Polizeiſtrafrecht das eigentlich charakteriſtiſche Moment an dem ganzen Polizeirecht und ſeiner Entwicklung geweſen. Das allgemeine Princip deſſelben iſt wohl klar. Iſt das, was die Polzeiverfügung vorſchreibt, eine wirkliche Bedingung der Geſammt- entwicklung, ſo iſt eine Nichterfüllung derſelben von Seiten des Einzelnen ein Vergehen gegenüber der Geſammtheit, die ja doch wieder die erſte Bedingung der Einzelwohlfahrt iſt. Es muß daher auch für dieß Ver- gehen eine Strafe eintreten. Allein dieſe Strafe hat einen andern Charakter als die des Verbrechens. Da die polizeiliche Uebertretung keine Rechtsſphäre verletzt, ſo kann auch das Maß und die Art der Strafe mit dem durch die Uebertretung verletzten Recht in keinem Ver- hältniß ſtehen. Die Strafe hat hier vielmehr einen Zweck, und ihr

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 4. Stuttgart, 1867, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre04_1867/58>, abgerufen am 22.12.2024.