Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.lichen Gesetzgebung oder vermöge der verschiedenen Bildungsstufen seiner Theile A. Armenverwastung. Organisation derselben. Die Organisation des Armenwesens entsteht nun dadurch, daß lichen Geſetzgebung oder vermöge der verſchiedenen Bildungsſtufen ſeiner Theile A. Armenverwaſtung. Organiſation derſelben. Die Organiſation des Armenweſens entſteht nun dadurch, daß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0449" n="425"/> lichen Geſetzgebung oder vermöge der verſchiedenen Bildungsſtufen ſeiner Theile<lb/> auch nur zu einer gleichartigen Verwaltung bringen können. — <hi rendition="#g">Preußen</hi> hat,<lb/> nachdem ſein Armenweſen bis auf die neueſte Zeit faſt ganz der Selbſtverwal-<lb/> tung überlaſſen war, dieſelbe mit ſtrenger Beſchränkung auf die eigentliche<lb/> Armenpflege durch das Geſetz vom 11. Dec. 1842 geordnet; in den übrigen<lb/> Staaten beſtehen faſt nirgends Codifikationen; gemeinſchaftlicher Charakter aller<lb/> deutſchen Armenpflege iſt der Mangel einer oberſten einheitlichen Leitung, der<lb/> wieder durch die höchſt thätige und ausgezeichnete Literatur erſetzt wird. Zu-<lb/> ſammenſtellungen der Geſetzgebungen in <hi rendition="#g">de Gerando</hi>, <hi rendition="#aq">de la bienfaisance<lb/> publique,</hi> 4 Bde. 1839, der bei jedem <hi rendition="#g">einzelnen</hi> Theile des ganzen Armen-<lb/> weſens die Staaten Europas und ihr Recht vergleicht; allgemeiner Ueberblick<lb/> über die europäiſchen Geſetzgaben Bd. <hi rendition="#aq">IV.</hi> S. 540; und jetzt <hi rendition="#g">Emminghaus</hi>,<lb/> das Armenweſen und die Armengeſetzgebung in europäiſchen Staaten 1870. —<lb/> Im Gange der Literatur muß man <hi rendition="#g">zwei</hi> große Epochen unterſcheiden. Die<lb/><hi rendition="#g">erſte</hi> iſt die, welche ſich ſpeciell auf die Armenpflege als Armenpolizei bezieht,<lb/> noch ohne ſich um das ſociale Element zu kümmern; die <hi rendition="#g">zweite</hi> faßt die<lb/> Armuth als einen innerlich organiſirten Zuſtand auf, und legt den Schwer-<lb/> punkt der Unterſuchung theils in die Frage nach den <hi rendition="#g">Gründen</hi> und der <hi rendition="#g">Ver-<lb/> hütung</hi> der Armuth, theils behandelt ſie die ſpeciellen Armuthsverhältniſſe<lb/> als Theile des ganzen Gebietes. An der Spitze dieſer ganzen Richtung ſteht<lb/> ohne Zweifel <hi rendition="#g">Gerando</hi>; ſein Werk iſt noch immer das Bedeutendſte über das<lb/> ganze Armenweſen. Er bezeichnet zugleich den Punkt, wo die Frage nach dem<lb/><hi rendition="#g">ſocialen</hi> Inhalt der Armenfrage ſich von der der Armenpflege ablöst, ſelb-<lb/> ſtändig wird, und ſich ſchon damals der Frage nach dem Eigenthum und dem<lb/> Socialismus zuwendet. 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lichen Geſetzgebung oder vermöge der verſchiedenen Bildungsſtufen ſeiner Theile
auch nur zu einer gleichartigen Verwaltung bringen können. — Preußen hat,
nachdem ſein Armenweſen bis auf die neueſte Zeit faſt ganz der Selbſtverwal-
tung überlaſſen war, dieſelbe mit ſtrenger Beſchränkung auf die eigentliche
Armenpflege durch das Geſetz vom 11. Dec. 1842 geordnet; in den übrigen
Staaten beſtehen faſt nirgends Codifikationen; gemeinſchaftlicher Charakter aller
deutſchen Armenpflege iſt der Mangel einer oberſten einheitlichen Leitung, der
wieder durch die höchſt thätige und ausgezeichnete Literatur erſetzt wird. Zu-
ſammenſtellungen der Geſetzgebungen in de Gerando, de la bienfaisance
publique, 4 Bde. 1839, der bei jedem einzelnen Theile des ganzen Armen-
weſens die Staaten Europas und ihr Recht vergleicht; allgemeiner Ueberblick
über die europäiſchen Geſetzgaben Bd. IV. S. 540; und jetzt Emminghaus,
das Armenweſen und die Armengeſetzgebung in europäiſchen Staaten 1870. —
Im Gange der Literatur muß man zwei große Epochen unterſcheiden. Die
erſte iſt die, welche ſich ſpeciell auf die Armenpflege als Armenpolizei bezieht,
noch ohne ſich um das ſociale Element zu kümmern; die zweite faßt die
Armuth als einen innerlich organiſirten Zuſtand auf, und legt den Schwer-
punkt der Unterſuchung theils in die Frage nach den Gründen und der Ver-
hütung der Armuth, theils behandelt ſie die ſpeciellen Armuthsverhältniſſe
als Theile des ganzen Gebietes. An der Spitze dieſer ganzen Richtung ſteht
ohne Zweifel Gerando; ſein Werk iſt noch immer das Bedeutendſte über das
ganze Armenweſen. Er bezeichnet zugleich den Punkt, wo die Frage nach dem
ſocialen Inhalt der Armenfrage ſich von der der Armenpflege ablöst, ſelb-
ſtändig wird, und ſich ſchon damals der Frage nach dem Eigenthum und dem
Socialismus zuwendet. (Erſte Idee der Organisation du travail II. 281 ff.)
Sein, ihm jedoch nicht gewachſener Nachfolger: Em. Laurent, le paupé-
risme et les associations de prévoyance 1865. Dann ſelbſtändige Entwick-
lung der ſocialen Frage ſeit L. Reybaud und L. Stein (ſ. unten). Das
Verhältniß der Kirche zum Armenweſen: Chalmers, die kirchliche Armen-
pflege; D. v. Gerlach 1847 und Georg Ratzinger, Geſchichte der kirch-
lichen Armenpflege 1868; gründlich aber ſtreng auf ſein Gebiet beſchränkt (vergl.
de Gerando II. 23 und Rau II. §. 337 a; Kries, Engl. Armenweſen
§. 24). Seit der neuen Geſtaltung der Staatswiſſenſchaft iſt das Armenweſen
theils ſelbſtändig dargeſtellt, wie Döhl, Armenpflege des preußiſchen Staats
1860 (Exegeſe des Geſetzes von 1842); Kries, Engl. Armenpflege; theils in
alle Staatsrechte aufgenommen. — Oeſterreich: Stubenrauch, Verwal-
tungsgeſetzkunde II. 348. — Preußen: Rönne, Staatsrecht II. §. 339. —
Bayern: Pözl, Verwaltungsrecht §. 87 ff. — Württemberg: Mohl,
Verwaltungsrecht §. 204 ff. Das Gebiet iſt auf keinem Punkte in ſich fertig.
A. Armenverwaſtung.
Organiſation derſelben.
Die Organiſation des Armenweſens entſteht nun dadurch, daß
das letztere als allgemeiner Zuſtand einerſeits Aufgabe der Verwaltung
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