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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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Das sechste Capitel.
seligen und seiner ehr gemässen ende werde ausschlagen lassen/ wie es einmahl de-
roselben gemäß/ hoffentlich auch die zeit der erfüllung vieler dinge/ so sie in dem klah-
ren wort zugesagt hat/ nicht zu weit entfernet ist. Nun der HERR führe uns
selbst an der hand/ so irren wir nicht/ und komme unserer schwachheit/ die wir er-
kennen und gewahr gnug werden/ kräfftiglich zu hülffe. etc. 16. Maj. 1693.

SECTIO XXXII.

Gabe des gebets. Verlangen den nahmen Got-
tes großzumachen. Daß nichts ausser ordentliches habe.
Durch vorbitte vor andre mehr in die gemeinschafft
der heiligen einzutringen. Was von er-
manglender lust zu sterben zu
halten.

WAnn derselbe davor hält an statt der allgemeinen formul eines gebeths/ wel-
che er von mehrern sehnlich aber vergebens gesucht habe/ von den gütigsten
Vater ein so viel reicheres maß des Geistes des gebeths/ selbs aus dessen
trieb zu beten und das Abba lieber Vater zuruffen empfangen zu haben/ so gebrau-
che er sich nicht nur solcher gabe treulich/ sondern dancke auch GOTT davor/ der
ihm an statt eines geringeren eine bessere gabe gegeben habe/ und es also der libste
Vater allezeit zum besten zu machen wisse. Vor das hertzliche verlangen/ auch
seines orts den nahmen GOttes groß zu machen/ dancke er auch GOTT hertzlich/
und versäume mit willen keine gelegenheit darzu: dabey mich aber aber auch des-
sen versehe/ daß solches verlangen gleichwol in den ihm zukommenden schran-
cken bleiben/ und er sich nichts des jenigen unternehmen werde/ was über sein
maß gehen würde/ wie wir uns dann dessen gewiß versichern können/ daß der liebste
Vater einem jeglichen unter uns das jenige zugeordnet habe/ worinnen er vor und
an uns gepriesen werden wolle/ dabey wir in einfalt bleibende ihm allemahl am be-
sten gefallen/ und versichert seyen können/ er sehe nicht auff das ansehen der wercke/ in
welchen wir ihm nach seiner ordnung dienen/ welche gering scheinen mögen/ sondern
auff das kindliche hertz/ daß ihm gern in dem anvertrauten/ wie wenig es auch schei-
nen solte/ wahrhafftig treu erfunden zu werden verlangt. Wie in den übrigen
derselbe auff die vermutung möchte gekommen seyn/ ob ich meine liebe oder das
wenige gute/ so ich habe/ in mutterleib überkommen hätte/ kan ich nicht absehen: ver-
sichere hingegen/ daß ich vor andern nichts sonderbahres zu haben mir einbilden
dörffen/ sondern dancke der himmlischen güte des liebsten Vaters/ der mich/ da ich
nichts bessers als andere in die welt mit mir gebracht/ nicht allein so bald in der hei-
ligen tauff widergebohren/ und wie in andern kindern der Christen das gute werck

in

Das ſechſte Capitel.
ſeligen und ſeiner ehr gemaͤſſen ende werde ausſchlagen laſſen/ wie es einmahl de-
roſelben gemaͤß/ hoffentlich auch die zeit der erfuͤllung vieler dinge/ ſo ſie in dem klah-
ren wort zugeſagt hat/ nicht zu weit entfernet iſt. Nun der HERR fuͤhre uns
ſelbſt an der hand/ ſo irren wir nicht/ und komme unſerer ſchwachheit/ die wir er-
kennen und gewahr gnug werden/ kraͤfftiglich zu huͤlffe. ꝛc. 16. Maj. 1693.

SECTIO XXXII.

Gabe des gebets. Verlangen den nahmen Got-
tes großzumachen. Daß nichts auſſer ordentliches habe.
Durch vorbitte vor andre mehr in die gemeinſchafft
der heiligen einzutringen. Was von er-
manglender luſt zu ſterben zu
halten.

WAnn derſelbe davor haͤlt an ſtatt der allgemeinẽ formul eines gebeths/ wel-
che er von mehrern ſehnlich aber vergebens geſucht habe/ von den guͤtigſten
Vater ein ſo viel reicheres maß des Geiſtes des gebeths/ ſelbs aus deſſen
trieb zu beten und das Abba lieber Vater zuruffen empfangen zu haben/ ſo gebrau-
che er ſich nicht nur ſolcher gabe treulich/ ſondern dancke auch GOTT davor/ der
ihm an ſtatt eines geringeren eine beſſere gabe gegeben habe/ und es alſo der libſte
Vater allezeit zum beſten zu machen wiſſe. Vor das hertzliche verlangen/ auch
ſeines orts den nahmen GOttes groß zu machen/ dancke er auch GOTT hertzlich/
und verſaͤume mit willen keine gelegenheit darzu: dabey mich aber aber auch deſ-
ſen verſehe/ daß ſolches verlangen gleichwol in den ihm zukommenden ſchran-
cken bleiben/ und er ſich nichts des jenigen unternehmen werde/ was uͤber ſein
maß gehen wuͤrde/ wie wir uns dann deſſen gewiß verſichern koͤnnen/ daß der liebſte
Vater einem jeglichen unter uns das jenige zugeordnet habe/ worinnen er vor und
an uns geprieſen werden wolle/ dabey wir in einfalt bleibende ihm allemahl am be-
ſten gefallen/ und verſichert ſeyen koͤnnen/ er ſehe nicht auff das anſehen der wercke/ in
welchen wir ihm nach ſeiner ordnung dienen/ welche gering ſcheinen moͤgen/ ſondern
auff das kindliche hertz/ daß ihm gern in dem anvertrauten/ wie wenig es auch ſchei-
nen ſolte/ wahrhafftig treu erfunden zu werden verlangt. Wie in den uͤbrigen
derſelbe auff die vermutung moͤchte gekommen ſeyn/ ob ich meine liebe oder das
wenige gute/ ſo ich habe/ in mutterleib uͤberkommen haͤtte/ kan ich nicht abſehen: ver-
ſichere hingegen/ daß ich vor andern nichts ſonderbahres zu haben mir einbilden
doͤrffen/ ſondern dancke der himmliſchen guͤte des liebſten Vaters/ der mich/ da ich
nichts beſſers als andere in die welt mit mir gebracht/ nicht allein ſo bald in der hei-
ligen tauff widergebohren/ und wie in andern kindern der Chriſten das gute werck

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[946/0964] Das ſechſte Capitel. ſeligen und ſeiner ehr gemaͤſſen ende werde ausſchlagen laſſen/ wie es einmahl de- roſelben gemaͤß/ hoffentlich auch die zeit der erfuͤllung vieler dinge/ ſo ſie in dem klah- ren wort zugeſagt hat/ nicht zu weit entfernet iſt. Nun der HERR fuͤhre uns ſelbſt an der hand/ ſo irren wir nicht/ und komme unſerer ſchwachheit/ die wir er- kennen und gewahr gnug werden/ kraͤfftiglich zu huͤlffe. ꝛc. 16. Maj. 1693. SECTIO XXXII. Gabe des gebets. Verlangen den nahmen Got- tes großzumachen. Daß nichts auſſer ordentliches habe. Durch vorbitte vor andre mehr in die gemeinſchafft der heiligen einzutringen. Was von er- manglender luſt zu ſterben zu halten. WAnn derſelbe davor haͤlt an ſtatt der allgemeinẽ formul eines gebeths/ wel- che er von mehrern ſehnlich aber vergebens geſucht habe/ von den guͤtigſten Vater ein ſo viel reicheres maß des Geiſtes des gebeths/ ſelbs aus deſſen trieb zu beten und das Abba lieber Vater zuruffen empfangen zu haben/ ſo gebrau- che er ſich nicht nur ſolcher gabe treulich/ ſondern dancke auch GOTT davor/ der ihm an ſtatt eines geringeren eine beſſere gabe gegeben habe/ und es alſo der libſte Vater allezeit zum beſten zu machen wiſſe. Vor das hertzliche verlangen/ auch ſeines orts den nahmen GOttes groß zu machen/ dancke er auch GOTT hertzlich/ und verſaͤume mit willen keine gelegenheit darzu: dabey mich aber aber auch deſ- ſen verſehe/ daß ſolches verlangen gleichwol in den ihm zukommenden ſchran- cken bleiben/ und er ſich nichts des jenigen unternehmen werde/ was uͤber ſein maß gehen wuͤrde/ wie wir uns dann deſſen gewiß verſichern koͤnnen/ daß der liebſte Vater einem jeglichen unter uns das jenige zugeordnet habe/ worinnen er vor und an uns geprieſen werden wolle/ dabey wir in einfalt bleibende ihm allemahl am be- ſten gefallen/ und verſichert ſeyen koͤnnen/ er ſehe nicht auff das anſehen der wercke/ in welchen wir ihm nach ſeiner ordnung dienen/ welche gering ſcheinen moͤgen/ ſondern auff das kindliche hertz/ daß ihm gern in dem anvertrauten/ wie wenig es auch ſchei- nen ſolte/ wahrhafftig treu erfunden zu werden verlangt. Wie in den uͤbrigen derſelbe auff die vermutung moͤchte gekommen ſeyn/ ob ich meine liebe oder das wenige gute/ ſo ich habe/ in mutterleib uͤberkommen haͤtte/ kan ich nicht abſehen: ver- ſichere hingegen/ daß ich vor andern nichts ſonderbahres zu haben mir einbilden doͤrffen/ ſondern dancke der himmliſchen guͤte des liebſten Vaters/ der mich/ da ich nichts beſſers als andere in die welt mit mir gebracht/ nicht allein ſo bald in der hei- ligen tauff widergebohren/ und wie in andern kindern der Chriſten das gute werck in

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 946. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/964>, abgerufen am 21.11.2024.