Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

Bild:
<< vorherige Seite
ARTIC. II. SECTIO XL.
SECTIO XL.
Trost-schreiben an eine Fürstin über den todt
ihres ehegemals.

Von dem Vater der barmhertzigkeit und GOtt alles trosts/ gnade/ liecht/
trost und friede in Christo JEsu unserm theuren Heylande und Ad-
vents-Könige!

Durchlauchtigste Fürstin/
Gnädigste Fürstin und Frau.

NAch dem ich dieser tagen/ mit so vielmehr bestürtzung als unvermuthet
mir die post gewesen ist/ von dem plötzlichen ableiben E. Hochfl. Durchl.
seligen Ehe-Herrn vernommen/ habe ich meiner unterthänigsten schul-
digkeit erachtet/ nicht nur mein hertzliches leidwesen über den verlust eines
theuersten Fürsten und zierde seines hauses zu bezeugen/ sondern auch meinen
hertzlichen trosts-wunsch von grund meiner seelen abzulegen; dann dieses ist
doch das einige/ womit meine unterthänigste pflicht dißmal einigerley massen
abstatten mag. Es bestehet aber aller solcher mein wunsch/ und was ich von
der himmlischen gütigkeit E. Hochfl. Durchl. zu erbitten verlange/ darinnen/
daß dieselbe ihre augen öffnen/ und auch diesen fall nicht also/ wie er vor men-
schen-augen scheinet/ und dem fleisch vorkommt/ sondern wie er in seinem wei-
sesten rath beschlossen worden/ anzusehen/ seinen heiligen Geist in gnugsamem
maaß verleihen wolle. Es gebe der allerliebste Vater ihto recht kräfftig und le-
bendig zu erkennen sein habendes recht über uns und alle die unsrige/ oder die
wir lieben; wie alle unsre seelen in seiner hand seyen/ und er also eine freye
macht habe/ das seinige/ was nicht nur sein geschöpff/ sondern auch sonsten aus
vielen ursachen sein ist/ welchen augenblick er will/ zu sich wiederum zu neh-
men. Dann wo wir dieses erstlich recht lebendig in unserm hertzen erkennen/ so
wird der tieffste grund geleget/ daß wir allerdings mit zu frieden seyn/ was der
HErr über uns verordnet/ und alle murrende gedancken/ welche uns auffstei-
gen wolten/ so bald zurück treiben; als dero ungerechtigkeit wir erkennen/ daß
wir dem HErrn dardurch gleichsam sein recht disputiren wolten/ ob hätte er
mit dem seinigen nicht macht zu handeln nach seinem wolgefallen. Er gebe
E. Hochfl. Durchl. zu erkennen/ wie viel billicher es seye/ seine güte darum
danckbarlich zu preisen/ welche eine solche werthe person und treuen ehe-herrn
so lang/ und durch seine vergnüglichste beywohnung so viele wolthat geniessen/
habe gelassen/ als nur im wenigsten sich darüber zu beschwehren/ daß er eine
liebreiche ehe nunmehr getrennet/ dessen er den ersten augenblick bereits macht
und recht gehabt hätte/ und daher aller solcher zeit erfolgter genuß als sein
gnaden-geschenck anzusehen ist. Gewiß ists/ daß auch solche betrachtung in der
forcht des HErrn angestellet/ trefflich unsere seelen beruhigen mag/ da die

danck-
T t t t t 2
ARTIC. II. SECTIO XL.
SECTIO XL.
Troſt-ſchreiben an eine Fuͤrſtin uͤber den todt
ihres ehegemals.

Von dem Vater der barmhertzigkeit und GOtt alles troſts/ gnade/ liecht/
troſt und friede in Chriſto JEſu unſerm theuren Heylande und Ad-
vents-Koͤnige!

Durchlauchtigſte Fuͤrſtin/
Gnaͤdigſte Fuͤrſtin und Frau.

NAch dem ich dieſer tagen/ mit ſo vielmehr beſtuͤrtzung als unvermuthet
mir die poſt geweſen iſt/ von dem ploͤtzlichen ableiben E. Hochfl. Durchl.
ſeligen Ehe-Herrn vernommen/ habe ich meiner unterthaͤnigſten ſchul-
digkeit erachtet/ nicht nur mein hertzliches leidweſen uͤber den verluſt eines
theuerſten Fuͤrſten und zierde ſeines hauſes zu bezeugen/ ſondern auch meinen
hertzlichen troſts-wunſch von grund meiner ſeelen abzulegen; dann dieſes iſt
doch das einige/ womit meine unterthaͤnigſte pflicht dißmal einigerley maſſen
abſtatten mag. Es beſtehet aber aller ſolcher mein wunſch/ und was ich von
der himmliſchen guͤtigkeit E. Hochfl. Durchl. zu erbitten verlange/ darinnen/
daß dieſelbe ihre augen oͤffnen/ und auch dieſen fall nicht alſo/ wie er vor men-
ſchen-augen ſcheinet/ und dem fleiſch vorkommt/ ſondern wie er in ſeinem wei-
ſeſten rath beſchloſſen worden/ anzuſehen/ ſeinen heiligen Geiſt in gnugſamem
maaß verleihen wolle. Es gebe der allerliebſte Vater ihto recht kraͤfftig und le-
bendig zu erkennen ſein habendes recht uͤber uns und alle die unſrige/ oder die
wir lieben; wie alle unſre ſeelen in ſeiner hand ſeyen/ und er alſo eine freye
macht habe/ das ſeinige/ was nicht nur ſein geſchoͤpff/ ſondern auch ſonſten aus
vielen urſachen ſein iſt/ welchen augenblick er will/ zu ſich wiederum zu neh-
men. Dann wo wir dieſes erſtlich recht lebendig in unſerm hertzen erkennen/ ſo
wird der tieffſte grund geleget/ daß wir allerdings mit zu frieden ſeyn/ was der
HErr uͤber uns verordnet/ und alle murrende gedancken/ welche uns auffſtei-
gen wolten/ ſo bald zuruͤck treiben; als dero ungerechtigkeit wir erkennen/ daß
wir dem HErrn dardurch gleichſam ſein recht diſputiren wolten/ ob haͤtte er
mit dem ſeinigen nicht macht zu handeln nach ſeinem wolgefallen. Er gebe
E. Hochfl. Durchl. zu erkennen/ wie viel billicher es ſeye/ ſeine guͤte darum
danckbarlich zu preiſen/ welche eine ſolche werthe perſon und treuen ehe-herrn
ſo lang/ und durch ſeine vergnuͤglichſte beywohnung ſo viele wolthat genieſſen/
habe gelaſſen/ als nur im wenigſten ſich daruͤber zu beſchwehren/ daß er eine
liebreiche ehe nunmehr getrennet/ deſſen er den erſten augenblick bereits macht
und recht gehabt haͤtte/ und daher aller ſolcher zeit erfolgter genuß als ſein
gnaden-geſchenck anzuſehen iſt. Gewiß iſts/ daß auch ſolche betrachtung in der
forcht des HErrn angeſtellet/ trefflich unſere ſeelen beruhigen mag/ da die

danck-
T t t t t 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0891" n="883"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ARTIC</hi>. II. <hi rendition="#g">SECTIO</hi> XL.</hi> </hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XL.</hi><lb/>
Tro&#x017F;t-&#x017F;chreiben an eine Fu&#x0364;r&#x017F;tin u&#x0364;ber den todt<lb/>
ihres ehegemals.</hi> </head><lb/>
            <argument>
              <p>Von dem Vater der barmhertzigkeit und GOtt alles tro&#x017F;ts/ gnade/ liecht/<lb/>
tro&#x017F;t und friede in Chri&#x017F;to JE&#x017F;u un&#x017F;erm theuren Heylande und Ad-<lb/>
vents-Ko&#x0364;nige!</p>
            </argument><lb/>
            <salute>Durchlauchtig&#x017F;te Fu&#x0364;r&#x017F;tin/<lb/>
Gna&#x0364;dig&#x017F;te Fu&#x0364;r&#x017F;tin und Frau.</salute><lb/>
            <p><hi rendition="#in">N</hi>Ach dem ich die&#x017F;er tagen/ mit &#x017F;o vielmehr be&#x017F;tu&#x0364;rtzung als unvermuthet<lb/>
mir die po&#x017F;t gewe&#x017F;en i&#x017F;t/ von dem plo&#x0364;tzlichen ableiben E. Hochfl. Durchl.<lb/>
&#x017F;eligen Ehe-Herrn vernommen/ habe ich meiner untertha&#x0364;nig&#x017F;ten &#x017F;chul-<lb/>
digkeit erachtet/ nicht nur mein hertzliches leidwe&#x017F;en u&#x0364;ber den verlu&#x017F;t eines<lb/>
theuer&#x017F;ten Fu&#x0364;r&#x017F;ten und zierde &#x017F;eines hau&#x017F;es zu bezeugen/ &#x017F;ondern auch meinen<lb/>
hertzlichen tro&#x017F;ts-wun&#x017F;ch von grund meiner &#x017F;eelen abzulegen; dann die&#x017F;es i&#x017F;t<lb/>
doch das einige/ womit meine untertha&#x0364;nig&#x017F;te pflicht dißmal einigerley ma&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ab&#x017F;tatten mag. Es be&#x017F;tehet aber aller &#x017F;olcher mein wun&#x017F;ch/ und was ich von<lb/>
der himmli&#x017F;chen gu&#x0364;tigkeit E. Hochfl. Durchl. zu erbitten verlange/ darinnen/<lb/>
daß die&#x017F;elbe ihre augen o&#x0364;ffnen/ und auch die&#x017F;en fall nicht al&#x017F;o/ wie er vor men-<lb/>
&#x017F;chen-augen &#x017F;cheinet/ und dem flei&#x017F;ch vorkommt/ &#x017F;ondern wie er in &#x017F;einem wei-<lb/>
&#x017F;e&#x017F;ten rath be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en worden/ anzu&#x017F;ehen/ &#x017F;einen heiligen Gei&#x017F;t in gnug&#x017F;amem<lb/>
maaß verleihen wolle. Es gebe der allerlieb&#x017F;te Vater ihto recht kra&#x0364;fftig und le-<lb/>
bendig zu erkennen &#x017F;ein habendes recht u&#x0364;ber uns und alle die un&#x017F;rige/ oder die<lb/>
wir lieben; wie alle un&#x017F;re &#x017F;eelen in &#x017F;einer hand &#x017F;eyen/ und er al&#x017F;o eine freye<lb/>
macht habe/ das &#x017F;einige/ was nicht nur &#x017F;ein ge&#x017F;cho&#x0364;pff/ &#x017F;ondern auch &#x017F;on&#x017F;ten aus<lb/>
vielen ur&#x017F;achen &#x017F;ein i&#x017F;t/ welchen augenblick er will/ zu &#x017F;ich wiederum zu neh-<lb/>
men. Dann wo wir die&#x017F;es er&#x017F;tlich recht lebendig in un&#x017F;erm hertzen erkennen/ &#x017F;o<lb/>
wird der tieff&#x017F;te grund geleget/ daß wir allerdings mit zu frieden &#x017F;eyn/ was der<lb/>
HErr u&#x0364;ber uns verordnet/ und alle murrende gedancken/ welche uns auff&#x017F;tei-<lb/>
gen wolten/ &#x017F;o bald zuru&#x0364;ck treiben; als dero ungerechtigkeit wir erkennen/ daß<lb/>
wir dem HErrn dardurch gleich&#x017F;am &#x017F;ein recht <hi rendition="#aq">di&#x017F;puti</hi>ren wolten/ ob ha&#x0364;tte er<lb/>
mit dem &#x017F;einigen nicht macht zu handeln nach &#x017F;einem wolgefallen. Er gebe<lb/>
E. Hochfl. Durchl. zu erkennen/ wie viel billicher es &#x017F;eye/ &#x017F;eine gu&#x0364;te darum<lb/>
danckbarlich zu prei&#x017F;en/ welche eine &#x017F;olche werthe per&#x017F;on und treuen ehe-herrn<lb/>
&#x017F;o lang/ und durch &#x017F;eine vergnu&#x0364;glich&#x017F;te beywohnung &#x017F;o viele wolthat genie&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
habe gela&#x017F;&#x017F;en/ als nur im wenig&#x017F;ten &#x017F;ich daru&#x0364;ber zu be&#x017F;chwehren/ daß er eine<lb/>
liebreiche ehe nunmehr getrennet/ de&#x017F;&#x017F;en er den er&#x017F;ten augenblick bereits macht<lb/>
und recht gehabt ha&#x0364;tte/ und daher aller &#x017F;olcher zeit erfolgter genuß als &#x017F;ein<lb/>
gnaden-ge&#x017F;chenck anzu&#x017F;ehen i&#x017F;t. Gewiß i&#x017F;ts/ daß auch &#x017F;olche betrachtung in der<lb/>
forcht des HErrn ange&#x017F;tellet/ trefflich un&#x017F;ere &#x017F;eelen beruhigen mag/ da die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T t t t t 2</fw><fw place="bottom" type="catch">danck-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[883/0891] ARTIC. II. SECTIO XL. SECTIO XL. Troſt-ſchreiben an eine Fuͤrſtin uͤber den todt ihres ehegemals. Von dem Vater der barmhertzigkeit und GOtt alles troſts/ gnade/ liecht/ troſt und friede in Chriſto JEſu unſerm theuren Heylande und Ad- vents-Koͤnige! Durchlauchtigſte Fuͤrſtin/ Gnaͤdigſte Fuͤrſtin und Frau. NAch dem ich dieſer tagen/ mit ſo vielmehr beſtuͤrtzung als unvermuthet mir die poſt geweſen iſt/ von dem ploͤtzlichen ableiben E. Hochfl. Durchl. ſeligen Ehe-Herrn vernommen/ habe ich meiner unterthaͤnigſten ſchul- digkeit erachtet/ nicht nur mein hertzliches leidweſen uͤber den verluſt eines theuerſten Fuͤrſten und zierde ſeines hauſes zu bezeugen/ ſondern auch meinen hertzlichen troſts-wunſch von grund meiner ſeelen abzulegen; dann dieſes iſt doch das einige/ womit meine unterthaͤnigſte pflicht dißmal einigerley maſſen abſtatten mag. Es beſtehet aber aller ſolcher mein wunſch/ und was ich von der himmliſchen guͤtigkeit E. Hochfl. Durchl. zu erbitten verlange/ darinnen/ daß dieſelbe ihre augen oͤffnen/ und auch dieſen fall nicht alſo/ wie er vor men- ſchen-augen ſcheinet/ und dem fleiſch vorkommt/ ſondern wie er in ſeinem wei- ſeſten rath beſchloſſen worden/ anzuſehen/ ſeinen heiligen Geiſt in gnugſamem maaß verleihen wolle. Es gebe der allerliebſte Vater ihto recht kraͤfftig und le- bendig zu erkennen ſein habendes recht uͤber uns und alle die unſrige/ oder die wir lieben; wie alle unſre ſeelen in ſeiner hand ſeyen/ und er alſo eine freye macht habe/ das ſeinige/ was nicht nur ſein geſchoͤpff/ ſondern auch ſonſten aus vielen urſachen ſein iſt/ welchen augenblick er will/ zu ſich wiederum zu neh- men. Dann wo wir dieſes erſtlich recht lebendig in unſerm hertzen erkennen/ ſo wird der tieffſte grund geleget/ daß wir allerdings mit zu frieden ſeyn/ was der HErr uͤber uns verordnet/ und alle murrende gedancken/ welche uns auffſtei- gen wolten/ ſo bald zuruͤck treiben; als dero ungerechtigkeit wir erkennen/ daß wir dem HErrn dardurch gleichſam ſein recht diſputiren wolten/ ob haͤtte er mit dem ſeinigen nicht macht zu handeln nach ſeinem wolgefallen. Er gebe E. Hochfl. Durchl. zu erkennen/ wie viel billicher es ſeye/ ſeine guͤte darum danckbarlich zu preiſen/ welche eine ſolche werthe perſon und treuen ehe-herrn ſo lang/ und durch ſeine vergnuͤglichſte beywohnung ſo viele wolthat genieſſen/ habe gelaſſen/ als nur im wenigſten ſich daruͤber zu beſchwehren/ daß er eine liebreiche ehe nunmehr getrennet/ deſſen er den erſten augenblick bereits macht und recht gehabt haͤtte/ und daher aller ſolcher zeit erfolgter genuß als ſein gnaden-geſchenck anzuſehen iſt. Gewiß iſts/ daß auch ſolche betrachtung in der forcht des HErrn angeſtellet/ trefflich unſere ſeelen beruhigen mag/ da die danck- T t t t t 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/891
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 883. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/891>, abgerufen am 03.12.2024.