Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das dritte Capitel. vielen seelen destomehr eckel gegen die üppigkeit erwecket werde. Dieses wä-re dasjenige/ so ich in der forcht des HERRN auff das vorgestellte anli- gen zu antworten nöthiggefunden/ so ich NN. zu communiciren/ und ihn/ daß seines lieben nahmens und intention vor GOTT zu geden- cken nicht säumig seyn werde/ in meinem nahmen freundiich zuversichern bitte. 1690. SECTIO XXXI. Vom tantzen-lernen hoher Standes-personen. DJe frage betreffend wegen des lernen des tantzens bey vornehmen sich
Das dritte Capitel. vielen ſeelen deſtomehr eckel gegen die uͤppigkeit erwecket werde. Dieſes waͤ-re dasjenige/ ſo ich in der forcht des HERRN auff das vorgeſtellte anli- gen zu antworten noͤthiggefunden/ ſo ich NN. zu communiciren/ und ihn/ daß ſeines lieben nahmens und intention vor GOTT zu geden- cken nicht ſaͤumig ſeyn werde/ in meinem nahmen freundiich zuverſichern bitte. 1690. SECTIO XXXI. Vom tantzen-lernen hoher Standes-perſonen. DJe frage betreffend wegen des lernen des tantzens bey vornehmen ſich
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0510" n="502"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das dritte Capitel.</hi></fw><lb/> vielen ſeelen deſtomehr eckel gegen die uͤppigkeit erwecket werde. Dieſes waͤ-<lb/> re dasjenige/ ſo ich in der forcht des HERRN auff das vorgeſtellte anli-<lb/> gen zu antworten noͤthiggefunden/ ſo ich <hi rendition="#aq">NN.</hi> zu <hi rendition="#aq">communici</hi>ren/ und<lb/> ihn/ daß ſeines lieben nahmens und <hi rendition="#aq">intention</hi> vor GOTT zu geden-<lb/> cken nicht ſaͤumig ſeyn werde/ in meinem nahmen freundiich zuverſichern<lb/> bitte. 1690.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XXXI.</hi><lb/> Vom tantzen-lernen hoher Standes-perſonen.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>Je frage betreffend wegen des lernen des <hi rendition="#fr">tantzens</hi> bey vornehmen<lb/> ſtandes-perſonen/ iſt meine meinung. 1. Das tantzen an ſich ſelbs/<lb/> ſo fern es eine bewegung des leibes nach einer gewiſſen regel und tact<lb/> iſt/ kan nicht ſuͤndlich ſeyn/ ſondern bleibet unter den mittel dingen. 2. Hin-<lb/> gegen was das tantzen/ wie es insgemein jetzo <hi rendition="#aq">practici</hi>ret wird/ anlangt/ halte<lb/> ich ſolches/ theils wegen der demſelben nunmehr faſt unabſonderlich anhen-<lb/> gender uͤppigkeit und eitelkeit/ theils des daher entſtehenden aͤrgernuͤſſes/ al-<lb/> lerdings vor ſuͤndlich/ und einem Chriſten zu vermeiden. Wie ſolches zu Go-<lb/> tha in einer doppelten ſchrifft/ darzu Herr <hi rendition="#aq">Prof.</hi> Franck eine vorrede gemacht/<lb/> gnug erwieſen worden. 3. Wie die manierlichkeit in gebaͤrden/ gang und<lb/> ſtellung des leibes an ſich nicht ſuͤndlich/ ſondern einem menſchen vielmehr an-<lb/> ſtaͤndlich iſt/ als hingegen eine baͤuriſche anſtellung eine hindernuͤß machen<lb/> kan/ alſo kan auch das tantzen-lernen/ welches allein zu jenem zweck gerichtet<lb/> iſt/ den leib gelenck und geſchickt zu machen/ an ſich nicht unrecht ſeyn. 4. Doch<lb/> iſt dabey wol zubemercken/ daß man hingegẽ die jugend auch von der eitelkeit/<lb/> die insgemein in dem tantzen geuͤbet wird/ treulich abwarne/ und es ihnen auſ-<lb/> ſer obgedachtem nutzen/ mehr verleide/ als/ wozu ſie ſonſten ohne das geneigt/<lb/> die luſt darzu bey ihnen dadurch vermehre: Jndem ſonderlich bey dem frauen-<lb/> zimmer die luſt zum tantzen ſonſten/ wo nicht gewehret wird/ gar leicht der-<lb/> maſſen uͤberhand nimmet/ daß ſie die thuͤr aller andern eitelkeit am weitſten<lb/> oͤffnet/ und die gemuͤther in ein wildes weſen verſetzt/ hingegen zu aller ſtillig-<lb/> keit und wahren andacht unbequem machet: wie mir dergleichen exem-<lb/> pel bekant ſind. Alſo muß ihnen viel eingebunden werden/ daß ſie ja die ab-<lb/> ſicht des lernens nicht weiter ausdaͤhnen/ ſonderlich daß ſie durch die geſchick-<lb/> lichkeit in demſelben nicht ſich gut zu duͤncken/ und an ſich ſelbs gefallen zu ha-<lb/> ben/ verleiten laſſen. 5. Wolte man aber daraus ſchlieſſen/ daß mans denn<lb/> zu vermeidung ſolches mißbrauchs gar nicht lernen ſolte/ bekenne/ daß ich die<lb/> folge nicht ſehe: Jndem die luſt zum tantzen/ und allerley unordnung dabey/<lb/> ſich nicht weniger auch bey denjenigen findet/ die nie tantzen gelernet/ welches<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſich</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [502/0510]
Das dritte Capitel.
vielen ſeelen deſtomehr eckel gegen die uͤppigkeit erwecket werde. Dieſes waͤ-
re dasjenige/ ſo ich in der forcht des HERRN auff das vorgeſtellte anli-
gen zu antworten noͤthiggefunden/ ſo ich NN. zu communiciren/ und
ihn/ daß ſeines lieben nahmens und intention vor GOTT zu geden-
cken nicht ſaͤumig ſeyn werde/ in meinem nahmen freundiich zuverſichern
bitte. 1690.
SECTIO XXXI.
Vom tantzen-lernen hoher Standes-perſonen.
DJe frage betreffend wegen des lernen des tantzens bey vornehmen
ſtandes-perſonen/ iſt meine meinung. 1. Das tantzen an ſich ſelbs/
ſo fern es eine bewegung des leibes nach einer gewiſſen regel und tact
iſt/ kan nicht ſuͤndlich ſeyn/ ſondern bleibet unter den mittel dingen. 2. Hin-
gegen was das tantzen/ wie es insgemein jetzo practiciret wird/ anlangt/ halte
ich ſolches/ theils wegen der demſelben nunmehr faſt unabſonderlich anhen-
gender uͤppigkeit und eitelkeit/ theils des daher entſtehenden aͤrgernuͤſſes/ al-
lerdings vor ſuͤndlich/ und einem Chriſten zu vermeiden. Wie ſolches zu Go-
tha in einer doppelten ſchrifft/ darzu Herr Prof. Franck eine vorrede gemacht/
gnug erwieſen worden. 3. Wie die manierlichkeit in gebaͤrden/ gang und
ſtellung des leibes an ſich nicht ſuͤndlich/ ſondern einem menſchen vielmehr an-
ſtaͤndlich iſt/ als hingegen eine baͤuriſche anſtellung eine hindernuͤß machen
kan/ alſo kan auch das tantzen-lernen/ welches allein zu jenem zweck gerichtet
iſt/ den leib gelenck und geſchickt zu machen/ an ſich nicht unrecht ſeyn. 4. Doch
iſt dabey wol zubemercken/ daß man hingegẽ die jugend auch von der eitelkeit/
die insgemein in dem tantzen geuͤbet wird/ treulich abwarne/ und es ihnen auſ-
ſer obgedachtem nutzen/ mehr verleide/ als/ wozu ſie ſonſten ohne das geneigt/
die luſt darzu bey ihnen dadurch vermehre: Jndem ſonderlich bey dem frauen-
zimmer die luſt zum tantzen ſonſten/ wo nicht gewehret wird/ gar leicht der-
maſſen uͤberhand nimmet/ daß ſie die thuͤr aller andern eitelkeit am weitſten
oͤffnet/ und die gemuͤther in ein wildes weſen verſetzt/ hingegen zu aller ſtillig-
keit und wahren andacht unbequem machet: wie mir dergleichen exem-
pel bekant ſind. Alſo muß ihnen viel eingebunden werden/ daß ſie ja die ab-
ſicht des lernens nicht weiter ausdaͤhnen/ ſonderlich daß ſie durch die geſchick-
lichkeit in demſelben nicht ſich gut zu duͤncken/ und an ſich ſelbs gefallen zu ha-
ben/ verleiten laſſen. 5. Wolte man aber daraus ſchlieſſen/ daß mans denn
zu vermeidung ſolches mißbrauchs gar nicht lernen ſolte/ bekenne/ daß ich die
folge nicht ſehe: Jndem die luſt zum tantzen/ und allerley unordnung dabey/
ſich nicht weniger auch bey denjenigen findet/ die nie tantzen gelernet/ welches
ſich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/510 |
Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/510>, abgerufen am 22.02.2025. |