Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. II. SECTIO XIX.
men würden/ erkennen/ und einander des anspruchs erlassen wolten/ so dann
die beyderseits eltern gleichfals sich gleiches miteinander vereinbahrten/ hiel-
te ich/ d[aß] sie von einander bleiben könten. Denn es wohl heisset/ consensus
non concubitus facit nuptias:
es gehöret aber zu einem solchen consensu ein
mehreres/ als dergleichen unbesonnene verbindung zweyer nicht in ihrer
macht stehender junger leute/ und der eltern abgetrungene weichung. So
hat auch insgesamt die regel ihre abfälle/ und ist vielmehr consensus als con-
cubitus
die proxima causa matrimonii, aber nicht quilibet consensus, son-
dern der alle seine requisita und solennitäten hat/ also vielmehr consensus nu-
ptialis
als sponsalitius: weswegen auch viele ursachen sind/ warum sponsa-
lia,
aber wenige/ warum contracta plene matrimonia, dissolvirt werden
können: welches nicht wäre/ wenn jeder consensus sponsalitius so bald das
matrimonium constituirte. Dieses wären auch hievon meine unmaßgebliche
gedancken. Der HErr zeige aber selbs den interessenten wie ihre fehler/ al-
so auch ferner seinen willen zu des gewissens beruhigung zu erkennen. etc.
1693.

NB. Es ist die antwort an einen ort gegeben/ wo der casus matrimonialis
an kein Evangelisch. consistorium, als daran es daselbs manglet/
befindlich war.
SECTIO XIX.
Wegen ausschlagung einer neuen vocation.

DAmit denn so bald zu der sache selbs schreite/ so kan geliebten bruders
verhalten in dem gantzen geschäfft nicht mißbilligen/ sondern vielmehr
loben/ und daher das jenige/ was endlich erfolget vor den unzweiffel-
hafften willen GOttes halten/ auff welchem derselbe wahrhafftig beruhen
kan. Denn 1. da ich sehe/ daß derselbe bereits eine feine gemeinde hat/ wie
dann 2000. seelen vor einen hirten viele sind/ auch GOTT derselben hertzen
mit ihm in liebe vereiniget/ in welcher bewandnüß allezeit so
vielmehr erbauung zu hoffen ist/ so sehe ich denselben seiner gemeinde also ver-
bunden an/ daß er selbs von ihr mit gutem gewissen nicht wegtrachten darff/
also auch nicht anders von ihr geschieden werden kan/ als wenn GOtt seinen
klahren willen mit völliger überzeugung des gewissens zu erkennen gibet. Wie
nun 2. wann die hohe herrschafft auf der N. N. gemeinde verlangen denselben
ohne sein mitwürcken selbs beruffen hätte/ solcher beruff aufs wenigste ein star-
ckes gewicht gegeben hätte/ zu glauben/ daß göttlicher wille ein anders über
ihn bestimmet habe/ also hingegen 3. weil solcher beruff nicht anders erfolgen sol-
len/ er meldete sich denn selbs drum an/ da er gleichwohl ohne verletzung sei-

ner

ARTIC. II. SECTIO XIX.
men wuͤrden/ erkennen/ und einander des anſpruchs erlaſſen wolten/ ſo dann
die beyderſeits eltern gleichfals ſich gleiches miteinander vereinbahrten/ hiel-
te ich/ d[aß] ſie von einander bleiben koͤnten. Denn es wohl heiſſet/ conſenſus
non concubitus facit nuptias:
es gehoͤret aber zu einem ſolchen conſenſu ein
mehreres/ als dergleichen unbeſonnene verbindung zweyer nicht in ihrer
macht ſtehender junger leute/ und der eltern abgetrungene weichung. So
hat auch insgeſamt die regel ihre abfaͤlle/ und iſt vielmehr conſenſus als con-
cubitus
die proxima cauſa matrimonii, aber nicht quilibet conſenſus, ſon-
dern der alle ſeine requiſita uñ ſolennitaͤten hat/ alſo vielmehr conſenſus nu-
ptialis
als ſponſalitius: weswegen auch viele urſachen ſind/ warum ſponſa-
lia,
aber wenige/ warum contracta plenè matrimonia, diſſolvirt werden
koͤnnen: welches nicht waͤre/ wenn jeder conſenſus ſponſalitius ſo bald das
matrimonium conſtituirte. Dieſes waͤren auch hievon meine unmaßgebliche
gedancken. Der HErr zeige aber ſelbs den intereſſenten wie ihre fehler/ al-
ſo auch ferner ſeinen willen zu des gewiſſens beruhigung zu erkennen. ꝛc.
1693.

NB. Es iſt die antwort an einen ort gegeben/ wo der caſus matrimonialis
an kein Evangeliſch. conſiſtorium, als daran es daſelbs manglet/
befindlich war.
SECTIO XIX.
Wegen ausſchlagung einer neuen vocation.

DAmit denn ſo bald zu der ſache ſelbs ſchreite/ ſo kan geliebten bruders
verhalten in dem gantzen geſchaͤfft nicht mißbilligen/ ſondern vielmehr
loben/ und daher das jenige/ was endlich erfolget vor den unzweiffel-
hafften willen GOttes halten/ auff welchem derſelbe wahrhafftig beruhen
kan. Denn 1. da ich ſehe/ daß derſelbe bereits eine feine gemeinde hat/ wie
dann 2000. ſeelen vor einen hirten viele ſind/ auch GOTT derſelben hertzen
mit ihm in liebe vereiniget/ in welcher bewandnuͤß allezeit ſo
vielmehr erbauung zu hoffen iſt/ ſo ſehe ich denſelben ſeiner gemeinde alſo ver-
bunden an/ daß er ſelbs von ihr mit gutem gewiſſen nicht wegtrachten darff/
alſo auch nicht anders von ihr geſchieden werden kan/ als wenn GOtt ſeinen
klahren willen mit voͤlliger uͤberzeugung des gewiſſens zu erkennen gibet. Wie
nun 2. wann die hohe herrſchafft auf der N. N. gemeinde verlangen denſelben
ohne ſein mitwuͤrckẽ ſelbs beruffen haͤtte/ ſolcher beruff aufs wenigſte ein ſtar-
ckes gewicht gegeben haͤtte/ zu glauben/ daß goͤttlicher wille ein anders uͤber
ihn beſtim̃et habe/ alſo hingegen 3. weil ſolcher beruff nicht anders erfolgen ſol-
len/ er meldete ſich denn ſelbs drum an/ da er gleichwohl ohne verletzung ſei-

ner
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0567" n="551"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">ARTIC. II. <hi rendition="#g">SECTIO</hi> XIX.</hi></hi></fw><lb/>
men wu&#x0364;rden/ erkennen/ und einander des an&#x017F;pruchs erla&#x017F;&#x017F;en wolten/ &#x017F;o dann<lb/>
die beyder&#x017F;eits eltern gleichfals &#x017F;ich gleiches miteinander vereinbahrten/ hiel-<lb/>
te ich/ d<supplied></supplied> &#x017F;ie von einander bleiben ko&#x0364;nten. Denn es wohl hei&#x017F;&#x017F;et/ <hi rendition="#aq">con&#x017F;en&#x017F;us<lb/>
non concubitus facit nuptias:</hi> es geho&#x0364;ret aber zu einem &#x017F;olchen <hi rendition="#aq">con&#x017F;en&#x017F;u</hi> ein<lb/>
mehreres/ als dergleichen unbe&#x017F;onnene verbindung zweyer nicht in ihrer<lb/>
macht &#x017F;tehender junger leute/ und der eltern abgetrungene weichung. So<lb/>
hat auch insge&#x017F;amt die regel ihre abfa&#x0364;lle/ und i&#x017F;t vielmehr <hi rendition="#aq">con&#x017F;en&#x017F;us</hi> als <hi rendition="#aq">con-<lb/>
cubitus</hi> die <hi rendition="#aq">proxima cau&#x017F;a matrimonii,</hi> aber nicht <hi rendition="#aq">quilibet con&#x017F;en&#x017F;us,</hi> &#x017F;on-<lb/>
dern der alle &#x017F;eine <hi rendition="#aq">requi&#x017F;ita</hi> un&#x0303; <hi rendition="#aq">&#x017F;olenni</hi>ta&#x0364;ten hat/ al&#x017F;o vielmehr <hi rendition="#aq">con&#x017F;en&#x017F;us nu-<lb/>
ptialis</hi> als <hi rendition="#aq">&#x017F;pon&#x017F;alitius:</hi> weswegen auch viele ur&#x017F;achen &#x017F;ind/ warum <hi rendition="#aq">&#x017F;pon&#x017F;a-<lb/>
lia,</hi> aber wenige/ warum <hi rendition="#aq">contracta plenè matrimonia, di&#x017F;&#x017F;olvi</hi>rt werden<lb/>
ko&#x0364;nnen: welches nicht wa&#x0364;re/ wenn jeder <hi rendition="#aq">con&#x017F;en&#x017F;us &#x017F;pon&#x017F;alitius</hi> &#x017F;o bald das<lb/><hi rendition="#aq">matrimonium con&#x017F;tituirte.</hi> Die&#x017F;es wa&#x0364;ren auch hievon meine unmaßgebliche<lb/>
gedancken. Der HErr zeige aber &#x017F;elbs den <hi rendition="#aq">intere&#x017F;&#x017F;enten</hi> wie ihre fehler/ al-<lb/>
&#x017F;o auch ferner &#x017F;einen willen zu des gewi&#x017F;&#x017F;ens beruhigung zu erkennen. &#xA75B;c.<lb/>
1693.</p><lb/>
            <list>
              <item><hi rendition="#aq">NB.</hi> Es i&#x017F;t die antwort an einen ort gegeben/ wo der <hi rendition="#aq">ca&#x017F;us matrimonialis</hi><lb/>
an kein Evangeli&#x017F;ch. <hi rendition="#aq">con&#x017F;i&#x017F;torium,</hi> als daran es da&#x017F;elbs manglet/<lb/>
befindlich war.</item>
            </list>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO</hi> XIX.</hi><lb/>
Wegen aus&#x017F;chlagung einer neuen <hi rendition="#aq">vocation.</hi></hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>Amit denn &#x017F;o bald zu der &#x017F;ache &#x017F;elbs &#x017F;chreite/ &#x017F;o kan geliebten bruders<lb/>
verhalten in dem gantzen ge&#x017F;cha&#x0364;fft nicht mißbilligen/ &#x017F;ondern vielmehr<lb/>
loben/ und daher das jenige/ was endlich erfolget vor den unzweiffel-<lb/>
hafften willen GOttes halten/ auff welchem der&#x017F;elbe wahrhafftig beruhen<lb/>
kan. Denn 1. da ich &#x017F;ehe/ daß der&#x017F;elbe bereits eine feine gemeinde hat/ wie<lb/>
dann 2000. &#x017F;eelen vor einen hirten viele &#x017F;ind/ auch GOTT der&#x017F;elben hertzen<lb/>
mit ihm in liebe vereiniget/ in welcher bewandnu&#x0364;ß allezeit &#x017F;o<lb/>
vielmehr erbauung zu hoffen i&#x017F;t/ &#x017F;o &#x017F;ehe ich den&#x017F;elben &#x017F;einer gemeinde al&#x017F;o ver-<lb/>
bunden an/ daß er &#x017F;elbs von ihr mit gutem gewi&#x017F;&#x017F;en nicht wegtrachten darff/<lb/>
al&#x017F;o auch nicht anders von ihr ge&#x017F;chieden werden kan/ als wenn GOtt &#x017F;einen<lb/>
klahren willen mit vo&#x0364;lliger u&#x0364;berzeugung des gewi&#x017F;&#x017F;ens zu erkennen gibet. Wie<lb/>
nun 2. wann die hohe herr&#x017F;chafft auf der <hi rendition="#aq">N. N.</hi> gemeinde verlangen den&#x017F;elben<lb/>
ohne &#x017F;ein mitwu&#x0364;rcke&#x0303; &#x017F;elbs beruffen ha&#x0364;tte/ &#x017F;olcher beruff aufs wenig&#x017F;te ein &#x017F;tar-<lb/>
ckes gewicht gegeben ha&#x0364;tte/ zu glauben/ daß go&#x0364;ttlicher wille ein anders u&#x0364;ber<lb/>
ihn be&#x017F;tim&#x0303;et habe/ al&#x017F;o hingegen 3. weil &#x017F;olcher beruff nicht anders erfolgen &#x017F;ol-<lb/>
len/ er meldete &#x017F;ich denn &#x017F;elbs drum an/ da er gleichwohl ohne verletzung &#x017F;ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ner</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[551/0567] ARTIC. II. SECTIO XIX. men wuͤrden/ erkennen/ und einander des anſpruchs erlaſſen wolten/ ſo dann die beyderſeits eltern gleichfals ſich gleiches miteinander vereinbahrten/ hiel- te ich/ daß ſie von einander bleiben koͤnten. Denn es wohl heiſſet/ conſenſus non concubitus facit nuptias: es gehoͤret aber zu einem ſolchen conſenſu ein mehreres/ als dergleichen unbeſonnene verbindung zweyer nicht in ihrer macht ſtehender junger leute/ und der eltern abgetrungene weichung. So hat auch insgeſamt die regel ihre abfaͤlle/ und iſt vielmehr conſenſus als con- cubitus die proxima cauſa matrimonii, aber nicht quilibet conſenſus, ſon- dern der alle ſeine requiſita uñ ſolennitaͤten hat/ alſo vielmehr conſenſus nu- ptialis als ſponſalitius: weswegen auch viele urſachen ſind/ warum ſponſa- lia, aber wenige/ warum contracta plenè matrimonia, diſſolvirt werden koͤnnen: welches nicht waͤre/ wenn jeder conſenſus ſponſalitius ſo bald das matrimonium conſtituirte. Dieſes waͤren auch hievon meine unmaßgebliche gedancken. Der HErr zeige aber ſelbs den intereſſenten wie ihre fehler/ al- ſo auch ferner ſeinen willen zu des gewiſſens beruhigung zu erkennen. ꝛc. 1693. NB. Es iſt die antwort an einen ort gegeben/ wo der caſus matrimonialis an kein Evangeliſch. conſiſtorium, als daran es daſelbs manglet/ befindlich war. SECTIO XIX. Wegen ausſchlagung einer neuen vocation. DAmit denn ſo bald zu der ſache ſelbs ſchreite/ ſo kan geliebten bruders verhalten in dem gantzen geſchaͤfft nicht mißbilligen/ ſondern vielmehr loben/ und daher das jenige/ was endlich erfolget vor den unzweiffel- hafften willen GOttes halten/ auff welchem derſelbe wahrhafftig beruhen kan. Denn 1. da ich ſehe/ daß derſelbe bereits eine feine gemeinde hat/ wie dann 2000. ſeelen vor einen hirten viele ſind/ auch GOTT derſelben hertzen mit ihm in liebe vereiniget/ in welcher bewandnuͤß allezeit ſo vielmehr erbauung zu hoffen iſt/ ſo ſehe ich denſelben ſeiner gemeinde alſo ver- bunden an/ daß er ſelbs von ihr mit gutem gewiſſen nicht wegtrachten darff/ alſo auch nicht anders von ihr geſchieden werden kan/ als wenn GOtt ſeinen klahren willen mit voͤlliger uͤberzeugung des gewiſſens zu erkennen gibet. Wie nun 2. wann die hohe herrſchafft auf der N. N. gemeinde verlangen denſelben ohne ſein mitwuͤrckẽ ſelbs beruffen haͤtte/ ſolcher beruff aufs wenigſte ein ſtar- ckes gewicht gegeben haͤtte/ zu glauben/ daß goͤttlicher wille ein anders uͤber ihn beſtim̃et habe/ alſo hingegen 3. weil ſolcher beruff nicht anders erfolgen ſol- len/ er meldete ſich denn ſelbs drum an/ da er gleichwohl ohne verletzung ſei- ner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/567
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 551. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/567>, abgerufen am 21.12.2024.