Zur Erforschung der Ursachen des epidemischen Puerperalfiebers.
Mitgetheilt von Prof. Dr. Anselm Martin*), königl. Director der Gebär- anstalt Münchens.
Eine bedauernswerthe Schattenseite für die kurz vorher in allen Theilen neu bestellte Gebäranstalt Münchens bildete im Jahre 1857 die Erscheinung des epidemischen Puerperal- fiebers, das mit kurzen Unterbrechungen von Mitte December 1856 bis Ende Juni 1857 zu bekämpfen war. Ihre Statistik ist folgende:
Vom 1. October bis Ende Juli wurden in der Gebäranstalt 1090 Pfleglinge behandelt. Von diesen sind am Puerperalfieber und verwandten pathologischen Erscheinungen (Metritis, Phleg- masia alba dolens, Phlebitis brachialis u. s. w.) erkrankt, ge- nesen oder gestorben.
In der Gebäranstalt erkrankt 43, genesen 30, gestorben 13
Ins Krankenhaus transferirt " 401), " 14, " 22
Nach der Entlassung aus der Gebär- anstalt ins Krankenhaus gekommen " 5, " 3, " 2
" 88, " 47, " 37
Es ist diese Thatsache einer Erinnerung wohl auch dess- halb werth, weil man gewöhnlich die Ungunst der Localitäten der Gebäranstalten, ihre Ueberfüllung, Unreinlichkeit u. s. w. als eine der vorzüglicheren Ursachen benennt; nun aber das Leiden in einem ganz vom Grunde aus neugebauten Hause aufgetaucht ist, das wenige Monate vorher erst bezogen, allent- halben trocken, reinlich und von Sanitäts- wie von den Bau- Behörden bewohnbar erklärt worden war.
Dem Lichte und der Luft allenthalben zugänglich, geräu- mig und jeder Anforderung entsprechend, war das ganze Haus mit durchaus neuen Geräthschaften, überhaupt in allen Theilen seiner inneren Einrichtung ganz neu bestellt. Die sehr geräu-
*) Monatschrift für Geburtskunde. X. Band. 4. Heft. Berlin 1857.
1) Noch 4 sind in Behandlung.
Zur Erforschung der Ursachen des epidemischen Puerperalfiebers.
Mitgetheilt von Prof. Dr. Anselm Martin*), königl. Director der Gebär- anstalt Münchens.
Eine bedauernswerthe Schattenseite für die kurz vorher in allen Theilen neu bestellte Gebäranstalt Münchens bildete im Jahre 1857 die Erscheinung des epidemischen Puerperal- fiebers, das mit kurzen Unterbrechungen von Mitte December 1856 bis Ende Juni 1857 zu bekämpfen war. Ihre Statistik ist folgende:
Vom 1. October bis Ende Juli wurden in der Gebäranstalt 1090 Pfleglinge behandelt. Von diesen sind am Puerperalfieber und verwandten pathologischen Erscheinungen (Metritis, Phleg- masia alba dolens, Phlebitis brachialis u. s. w.) erkrankt, ge- nesen oder gestorben.
In der Gebäranstalt erkrankt 43, genesen 30, gestorben 13
Ins Krankenhaus transferirt » 401), » 14, » 22
Nach der Entlassung aus der Gebär- anstalt ins Krankenhaus gekommen » 5, » 3, » 2
» 88, » 47, » 37
Es ist diese Thatsache einer Erinnerung wohl auch dess- halb werth, weil man gewöhnlich die Ungunst der Localitäten der Gebäranstalten, ihre Ueberfüllung, Unreinlichkeit u. s. w. als eine der vorzüglicheren Ursachen benennt; nun aber das Leiden in einem ganz vom Grunde aus neugebauten Hause aufgetaucht ist, das wenige Monate vorher erst bezogen, allent- halben trocken, reinlich und von Sanitäts- wie von den Bau- Behörden bewohnbar erklärt worden war.
Dem Lichte und der Luft allenthalben zugänglich, geräu- mig und jeder Anforderung entsprechend, war das ganze Haus mit durchaus neuen Geräthschaften, überhaupt in allen Theilen seiner inneren Einrichtung ganz neu bestellt. Die sehr geräu-
*) Monatschrift für Geburtskunde. X. Band. 4. Heft. Berlin 1857.
1) Noch 4 sind in Behandlung.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0490"n="478"/><divn="2"><head><hirendition="#b">Zur Erforschung der Ursachen des epidemischen Puerperalfiebers.</hi></head><lb/><p><hirendition="#c">Mitgetheilt von<lb/>
Prof. Dr. <hirendition="#g">Anselm Martin</hi><noteplace="foot"n="*)">Monatschrift für Geburtskunde. X. Band. 4. Heft. Berlin 1857.</note>, königl. Director der Gebär-<lb/>
anstalt Münchens.</hi></p><lb/><p>Eine bedauernswerthe Schattenseite für die kurz vorher<lb/>
in allen Theilen neu bestellte Gebäranstalt Münchens bildete<lb/>
im Jahre 1857 die Erscheinung des epidemischen Puerperal-<lb/>
fiebers, das mit kurzen Unterbrechungen von Mitte December<lb/>
1856 bis Ende Juni 1857 zu bekämpfen war. Ihre Statistik<lb/>
ist folgende:</p><lb/><p>Vom 1. October bis Ende Juli wurden in der Gebäranstalt<lb/>
1090 Pfleglinge behandelt. Von diesen sind am Puerperalfieber<lb/>
und verwandten pathologischen Erscheinungen (Metritis, Phleg-<lb/>
masia alba dolens, Phlebitis brachialis u. s. w.) erkrankt, ge-<lb/>
nesen oder gestorben.</p><lb/><list><item>In der Gebäranstalt erkrankt 43, genesen 30, gestorben 13</item><lb/><item>Ins Krankenhaus transferirt » 40<noteplace="foot"n="1)">Noch 4 sind in Behandlung.</note>, » 14, » 22</item><lb/><item>Nach der Entlassung aus der Gebär-<lb/>
anstalt ins Krankenhaus gekommen <hirendition="#u">» 5, » 3, » 2</hi></item><lb/><item><hirendition="#et">» 88, » 47, » 37</hi></item></list><lb/><p>Es ist diese Thatsache einer Erinnerung wohl auch dess-<lb/>
halb werth, weil man gewöhnlich die Ungunst der Localitäten<lb/>
der Gebäranstalten, ihre Ueberfüllung, Unreinlichkeit u. s. w.<lb/>
als eine der vorzüglicheren Ursachen benennt; nun aber das<lb/>
Leiden in einem ganz vom Grunde aus neugebauten Hause<lb/>
aufgetaucht ist, das wenige Monate vorher erst bezogen, allent-<lb/>
halben trocken, reinlich und von Sanitäts- wie von den Bau-<lb/>
Behörden bewohnbar erklärt worden war.</p><lb/><p>Dem Lichte und der Luft allenthalben zugänglich, geräu-<lb/>
mig und jeder Anforderung entsprechend, war das ganze Haus<lb/>
mit durchaus neuen Geräthschaften, überhaupt in allen Theilen<lb/>
seiner inneren Einrichtung ganz neu bestellt. Die sehr geräu-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[478/0490]
Zur Erforschung der Ursachen des epidemischen Puerperalfiebers.
Mitgetheilt von
Prof. Dr. Anselm Martin *), königl. Director der Gebär-
anstalt Münchens.
Eine bedauernswerthe Schattenseite für die kurz vorher
in allen Theilen neu bestellte Gebäranstalt Münchens bildete
im Jahre 1857 die Erscheinung des epidemischen Puerperal-
fiebers, das mit kurzen Unterbrechungen von Mitte December
1856 bis Ende Juni 1857 zu bekämpfen war. Ihre Statistik
ist folgende:
Vom 1. October bis Ende Juli wurden in der Gebäranstalt
1090 Pfleglinge behandelt. Von diesen sind am Puerperalfieber
und verwandten pathologischen Erscheinungen (Metritis, Phleg-
masia alba dolens, Phlebitis brachialis u. s. w.) erkrankt, ge-
nesen oder gestorben.
In der Gebäranstalt erkrankt 43, genesen 30, gestorben 13
Ins Krankenhaus transferirt » 40 1), » 14, » 22
Nach der Entlassung aus der Gebär-
anstalt ins Krankenhaus gekommen » 5, » 3, » 2
» 88, » 47, » 37
Es ist diese Thatsache einer Erinnerung wohl auch dess-
halb werth, weil man gewöhnlich die Ungunst der Localitäten
der Gebäranstalten, ihre Ueberfüllung, Unreinlichkeit u. s. w.
als eine der vorzüglicheren Ursachen benennt; nun aber das
Leiden in einem ganz vom Grunde aus neugebauten Hause
aufgetaucht ist, das wenige Monate vorher erst bezogen, allent-
halben trocken, reinlich und von Sanitäts- wie von den Bau-
Behörden bewohnbar erklärt worden war.
Dem Lichte und der Luft allenthalben zugänglich, geräu-
mig und jeder Anforderung entsprechend, war das ganze Haus
mit durchaus neuen Geräthschaften, überhaupt in allen Theilen
seiner inneren Einrichtung ganz neu bestellt. Die sehr geräu-
*) Monatschrift für Geburtskunde. X. Band. 4. Heft. Berlin 1857.
1) Noch 4 sind in Behandlung.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/490>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.