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Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900.

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Der Fortschritt des Großbetriebes im einzelnen. Manufaktur und Fabrik.
Kapital, das nur zum kleinen Teil festgelegt ist; das Personal des Wertheimschen
Warenhauses in Berlin ist in wenigen Jahren bis auf 4670 Angestellte gestiegen. Im
übrigen ist trotz des raschen neuesten Wachstums der größeren Verkaufsgeschäfte im
Handel der Klein- und Mittelbetrieb noch im ganzen vorherrschend. Es bestanden
Handels- und Verkehrsgeschäfte in Deutschland (ohne Post- und Eisenbahnen):
[Tabelle]
Also kleine Geschäfte mit bis zu 5 Personen 1882 0,6 Mill., 1895 0,9 Mill., während
die großen von 26994 auf 50231 stiegen.

In den Gewerben haben sich größere Betriebe von 1770--1850 hauptsächlich in
der Form gebildet, die man seit Marx sich gewöhnt hat, als Manufaktur zu bezeichnen.
Wo man statt 2--4 15--30 Webstühle in einem Saale aufstellte, sparte man Bau-
kosten, Licht, Aufsicht; man fing teilweise an, sie durch mechanische Kraft zu bewegen;
man verbesserte die Werkzeuge, zerlegte die Arbeit, kontrollierte sie besser, vermied Ver-
untreuungen und andere Schattenseiten der Hausindustrie. Aber man hatte in diesen
Manufakturen, in diesen vergrößerten Werkstätten oder kleinen Fabriken mit ihren
5--50 Arbeitern doch vielfach mehr geschäftsmäßige als technische Einheiten. Ihre
Zahl ist heute noch eine sehr große, und in sehr vielen Zweigen der Produktion, in
welchen die vollendetste Mechanisierung und Centralisierung des Betriebes aus technischen,
Absatz- und anderen Gründen nicht möglich ist, werden sie sich auch künftig erhalten.

Wo die neuere Technik mit ihren mechanischen Kräften, mit einem vollendeten
System von Arbeitsmaschinen die gewerbliche Produktion ganz ergriffen, wo der Absatz
im großen gesiegt hat, da entstehen die eigentlichen Fabriken als große geschlossene
Etablissements, als einheitliche riesenhafte Bauanlagen mit möglichst passender Neben-
und Aufeinanderfügung der Räume für die einzelnen sich folgenden Arbeitsprozesse; sie
sind rein nach technisch-geschäftlichen Rücksichten angeordnet, dahin verlegt, wo die
Absatz- oder Produktionsbedingungen am günstigsten sind. Sie folgen teilweise den
Wasserkräften, der Kohle, den Erzschätzen, teilweise den Orten, wo die technische Bildung,
die Arbeitskräfte, die entsprechenden Zweige des Maschinenbaues für sie am günstigsten
sind. Sie konzentrieren sich an wenigen Punkten und versorgen von da ganze Länder
und Erdteile. Von ihnen gilt, was man meist vom Großbetrieb überhaupt sagt:
höchste Ausbildung des maschinellen Prozesses, hauptsächlich auch der Arbeitsmaschinen,
größte Ersparung an menschlicher Arbeit, weitgehendste Anwendung fixen Kapitals. Sie
erweitern sich in den neuen Riesenunternehmungen zu ganzen Stadtteilen. Freilich, wo diese
aus kaufmännischen oder technischen Gründen, aus Monopolabsichten bis über 10000 Ar-
beiter hinausgehen, wo sie in der Hand von Kartellen oder Trusts aus bisher zerstreut
liegenden Etablissements entstehen, da sehen wir, daß diese kombinierten Unternehmungen
meist aus einer Summe örtlich weit auseinander liegender Betriebe bestehen. Krupp
mit seinem Personal von 44000 Personen hat heute außer seiner Gußstahlsabrik in
Essen (25617 Personen) das Grusonwerk in Buckau (3749 Personen), die Germania-
werft in Kiel (5882 Personen); er besitzt 500 Eisensteingruben im Aus- und Inland,
4 Kohlenbergwerke, 4 Hochofenanlagen, 3 Seedampfer, in Essen selbst zur Beförderung
auf seinem Werke eine Eisenbahn mit 40 Lokomotiven, 450 Dampfmaschinen mit
36561 Pferdekräften, 113 Dampfhämmer, 1100 Drehbänke und 400 Bohrmaschinen,
22 Walzstraßen sind auf seinen Werken im Gange.

In Bezug auf die Verbindung der kaufmännischen und technischen Seite der
gewerblichen Großbetriebe war in den letzten zwei Generationen eine entgegengesetzte
Bewegung zu bemerken. Die englischen und französischen Großbetriebe haben vielfach, um
sich von der Sorge für den Absatz zu befreien, diesen besonderen, neben ihnen stehenden
Großhandelsgeschäften zu übergeben gesucht; man hat oft diese Teilung als eine

Schmoller, Grundriß der Volkswirtschaftslehre. I. 28

Der Fortſchritt des Großbetriebes im einzelnen. Manufaktur und Fabrik.
Kapital, das nur zum kleinen Teil feſtgelegt iſt; das Perſonal des Wertheimſchen
Warenhauſes in Berlin iſt in wenigen Jahren bis auf 4670 Angeſtellte geſtiegen. Im
übrigen iſt trotz des raſchen neueſten Wachstums der größeren Verkaufsgeſchäfte im
Handel der Klein- und Mittelbetrieb noch im ganzen vorherrſchend. Es beſtanden
Handels- und Verkehrsgeſchäfte in Deutſchland (ohne Poſt- und Eiſenbahnen):
[Tabelle]
Alſo kleine Geſchäfte mit bis zu 5 Perſonen 1882 0,6 Mill., 1895 0,9 Mill., während
die großen von 26994 auf 50231 ſtiegen.

In den Gewerben haben ſich größere Betriebe von 1770—1850 hauptſächlich in
der Form gebildet, die man ſeit Marx ſich gewöhnt hat, als Manufaktur zu bezeichnen.
Wo man ſtatt 2—4 15—30 Webſtühle in einem Saale aufſtellte, ſparte man Bau-
koſten, Licht, Aufſicht; man fing teilweiſe an, ſie durch mechaniſche Kraft zu bewegen;
man verbeſſerte die Werkzeuge, zerlegte die Arbeit, kontrollierte ſie beſſer, vermied Ver-
untreuungen und andere Schattenſeiten der Hausinduſtrie. Aber man hatte in dieſen
Manufakturen, in dieſen vergrößerten Werkſtätten oder kleinen Fabriken mit ihren
5—50 Arbeitern doch vielfach mehr geſchäftsmäßige als techniſche Einheiten. Ihre
Zahl iſt heute noch eine ſehr große, und in ſehr vielen Zweigen der Produktion, in
welchen die vollendetſte Mechaniſierung und Centraliſierung des Betriebes aus techniſchen,
Abſatz- und anderen Gründen nicht möglich iſt, werden ſie ſich auch künftig erhalten.

Wo die neuere Technik mit ihren mechaniſchen Kräften, mit einem vollendeten
Syſtem von Arbeitsmaſchinen die gewerbliche Produktion ganz ergriffen, wo der Abſatz
im großen geſiegt hat, da entſtehen die eigentlichen Fabriken als große geſchloſſene
Etabliſſements, als einheitliche rieſenhafte Bauanlagen mit möglichſt paſſender Neben-
und Aufeinanderfügung der Räume für die einzelnen ſich folgenden Arbeitsprozeſſe; ſie
ſind rein nach techniſch-geſchäftlichen Rückſichten angeordnet, dahin verlegt, wo die
Abſatz- oder Produktionsbedingungen am günſtigſten ſind. Sie folgen teilweiſe den
Waſſerkräften, der Kohle, den Erzſchätzen, teilweiſe den Orten, wo die techniſche Bildung,
die Arbeitskräfte, die entſprechenden Zweige des Maſchinenbaues für ſie am günſtigſten
ſind. Sie konzentrieren ſich an wenigen Punkten und verſorgen von da ganze Länder
und Erdteile. Von ihnen gilt, was man meiſt vom Großbetrieb überhaupt ſagt:
höchſte Ausbildung des maſchinellen Prozeſſes, hauptſächlich auch der Arbeitsmaſchinen,
größte Erſparung an menſchlicher Arbeit, weitgehendſte Anwendung fixen Kapitals. Sie
erweitern ſich in den neuen Rieſenunternehmungen zu ganzen Stadtteilen. Freilich, wo dieſe
aus kaufmänniſchen oder techniſchen Gründen, aus Monopolabſichten bis über 10000 Ar-
beiter hinausgehen, wo ſie in der Hand von Kartellen oder Truſts aus bisher zerſtreut
liegenden Etabliſſements entſtehen, da ſehen wir, daß dieſe kombinierten Unternehmungen
meiſt aus einer Summe örtlich weit auseinander liegender Betriebe beſtehen. Krupp
mit ſeinem Perſonal von 44000 Perſonen hat heute außer ſeiner Gußſtahlſabrik in
Eſſen (25617 Perſonen) das Gruſonwerk in Buckau (3749 Perſonen), die Germania-
werft in Kiel (5882 Perſonen); er beſitzt 500 Eiſenſteingruben im Aus- und Inland,
4 Kohlenbergwerke, 4 Hochofenanlagen, 3 Seedampfer, in Eſſen ſelbſt zur Beförderung
auf ſeinem Werke eine Eiſenbahn mit 40 Lokomotiven, 450 Dampfmaſchinen mit
36561 Pferdekräften, 113 Dampfhämmer, 1100 Drehbänke und 400 Bohrmaſchinen,
22 Walzſtraßen ſind auf ſeinen Werken im Gange.

In Bezug auf die Verbindung der kaufmänniſchen und techniſchen Seite der
gewerblichen Großbetriebe war in den letzten zwei Generationen eine entgegengeſetzte
Bewegung zu bemerken. Die engliſchen und franzöſiſchen Großbetriebe haben vielfach, um
ſich von der Sorge für den Abſatz zu befreien, dieſen beſonderen, neben ihnen ſtehenden
Großhandelsgeſchäften zu übergeben geſucht; man hat oft dieſe Teilung als eine

Schmoller, Grundriß der Volkswirtſchaftslehre. I. 28
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[433/0449] Der Fortſchritt des Großbetriebes im einzelnen. Manufaktur und Fabrik. Kapital, das nur zum kleinen Teil feſtgelegt iſt; das Perſonal des Wertheimſchen Warenhauſes in Berlin iſt in wenigen Jahren bis auf 4670 Angeſtellte geſtiegen. Im übrigen iſt trotz des raſchen neueſten Wachstums der größeren Verkaufsgeſchäfte im Handel der Klein- und Mittelbetrieb noch im ganzen vorherrſchend. Es beſtanden Handels- und Verkehrsgeſchäfte in Deutſchland (ohne Poſt- und Eiſenbahnen): Alſo kleine Geſchäfte mit bis zu 5 Perſonen 1882 0,6 Mill., 1895 0,9 Mill., während die großen von 26994 auf 50231 ſtiegen. In den Gewerben haben ſich größere Betriebe von 1770—1850 hauptſächlich in der Form gebildet, die man ſeit Marx ſich gewöhnt hat, als Manufaktur zu bezeichnen. Wo man ſtatt 2—4 15—30 Webſtühle in einem Saale aufſtellte, ſparte man Bau- koſten, Licht, Aufſicht; man fing teilweiſe an, ſie durch mechaniſche Kraft zu bewegen; man verbeſſerte die Werkzeuge, zerlegte die Arbeit, kontrollierte ſie beſſer, vermied Ver- untreuungen und andere Schattenſeiten der Hausinduſtrie. Aber man hatte in dieſen Manufakturen, in dieſen vergrößerten Werkſtätten oder kleinen Fabriken mit ihren 5—50 Arbeitern doch vielfach mehr geſchäftsmäßige als techniſche Einheiten. Ihre Zahl iſt heute noch eine ſehr große, und in ſehr vielen Zweigen der Produktion, in welchen die vollendetſte Mechaniſierung und Centraliſierung des Betriebes aus techniſchen, Abſatz- und anderen Gründen nicht möglich iſt, werden ſie ſich auch künftig erhalten. Wo die neuere Technik mit ihren mechaniſchen Kräften, mit einem vollendeten Syſtem von Arbeitsmaſchinen die gewerbliche Produktion ganz ergriffen, wo der Abſatz im großen geſiegt hat, da entſtehen die eigentlichen Fabriken als große geſchloſſene Etabliſſements, als einheitliche rieſenhafte Bauanlagen mit möglichſt paſſender Neben- und Aufeinanderfügung der Räume für die einzelnen ſich folgenden Arbeitsprozeſſe; ſie ſind rein nach techniſch-geſchäftlichen Rückſichten angeordnet, dahin verlegt, wo die Abſatz- oder Produktionsbedingungen am günſtigſten ſind. Sie folgen teilweiſe den Waſſerkräften, der Kohle, den Erzſchätzen, teilweiſe den Orten, wo die techniſche Bildung, die Arbeitskräfte, die entſprechenden Zweige des Maſchinenbaues für ſie am günſtigſten ſind. Sie konzentrieren ſich an wenigen Punkten und verſorgen von da ganze Länder und Erdteile. Von ihnen gilt, was man meiſt vom Großbetrieb überhaupt ſagt: höchſte Ausbildung des maſchinellen Prozeſſes, hauptſächlich auch der Arbeitsmaſchinen, größte Erſparung an menſchlicher Arbeit, weitgehendſte Anwendung fixen Kapitals. Sie erweitern ſich in den neuen Rieſenunternehmungen zu ganzen Stadtteilen. Freilich, wo dieſe aus kaufmänniſchen oder techniſchen Gründen, aus Monopolabſichten bis über 10000 Ar- beiter hinausgehen, wo ſie in der Hand von Kartellen oder Truſts aus bisher zerſtreut liegenden Etabliſſements entſtehen, da ſehen wir, daß dieſe kombinierten Unternehmungen meiſt aus einer Summe örtlich weit auseinander liegender Betriebe beſtehen. Krupp mit ſeinem Perſonal von 44000 Perſonen hat heute außer ſeiner Gußſtahlſabrik in Eſſen (25617 Perſonen) das Gruſonwerk in Buckau (3749 Perſonen), die Germania- werft in Kiel (5882 Perſonen); er beſitzt 500 Eiſenſteingruben im Aus- und Inland, 4 Kohlenbergwerke, 4 Hochofenanlagen, 3 Seedampfer, in Eſſen ſelbſt zur Beförderung auf ſeinem Werke eine Eiſenbahn mit 40 Lokomotiven, 450 Dampfmaſchinen mit 36561 Pferdekräften, 113 Dampfhämmer, 1100 Drehbänke und 400 Bohrmaſchinen, 22 Walzſtraßen ſind auf ſeinen Werken im Gange. In Bezug auf die Verbindung der kaufmänniſchen und techniſchen Seite der gewerblichen Großbetriebe war in den letzten zwei Generationen eine entgegengeſetzte Bewegung zu bemerken. Die engliſchen und franzöſiſchen Großbetriebe haben vielfach, um ſich von der Sorge für den Abſatz zu befreien, dieſen beſonderen, neben ihnen ſtehenden Großhandelsgeſchäften zu übergeben geſucht; man hat oft dieſe Teilung als eine Schmoller, Grundriß der Volkswirtſchaftslehre. I. 28

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900, S. 433. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_grundriss01_1900/449>, abgerufen am 26.04.2024.