dem Andern zur Bereicherung diente, vorher schon wirk- lich einmal zum Vermögen Dessen gehört habe, welcher darauf eine Condiction gründen will (e).
IX.
Ein fernerer Fall, worin die Anwendung einer con- dictio keinem Zweifel unterliegt, ist die alte literarum ob- ligatio oder die expensilatio. Justinian weißt darauf deutlich hin, indem er der an die Stelle derselben, freylich nicht sehr passend, eingeschobenen neuen literarum obliga- tio gleichfalls die Wirkung einer condictio zuschreibt, wo- durch er offenbar eine gleiche Wirkung beider Rechtsinsti- tute behaupten, und so den Rang rechtfertigen will, den er dem neu erfundenen Institut zuschreibt (a). -- Eben so wird die expensilatio von Cicero mit dem Gelddarlehen und der Stipulation in solcher Weise auf gleiche Linie ge- stellt, daß er diesen drey Rechtsgeschäften die ausschließende Kraft zuschreibt, eine certi petitio hervor zubringen, wel- ches gerade dieselbe Klage ist, die in unsren Rechtsquellen certi condictio genannt wird (b). -- In einer anderen Stelle erzählt Cicero die Geschichte eines Kaufcontracts, worin der Verkäufer den Käufer betrogen hatte. Dem Käufer war hier nicht zu helfen, sagt Cicero, weil damals
(e)L. 55 de cond. ind. (12. 6.), worin dieser Gegensatz beson- ders scharf hervorgehoben ist; am bestimmtesten in den letzten Wor- ten der Stelle.
(a)pr. J. de lit. oblig. (3. 21.). ".. Sic fit, ut hodie .. scri- ptura obligetur, et ex ea na- scitur condictio ..."
(b) Beylage XIII. Num. XI. a.
Die Condietionen. IX.
dem Andern zur Bereicherung diente, vorher ſchon wirk- lich einmal zum Vermögen Deſſen gehört habe, welcher darauf eine Condiction gründen will (e).
IX.
Ein fernerer Fall, worin die Anwendung einer con- dictio keinem Zweifel unterliegt, iſt die alte literarum ob- ligatio oder die expensilatio. Juſtinian weißt darauf deutlich hin, indem er der an die Stelle derſelben, freylich nicht ſehr paſſend, eingeſchobenen neuen literarum obliga- tio gleichfalls die Wirkung einer condictio zuſchreibt, wo- durch er offenbar eine gleiche Wirkung beider Rechtsinſti- tute behaupten, und ſo den Rang rechtfertigen will, den er dem neu erfundenen Inſtitut zuſchreibt (a). — Eben ſo wird die expensilatio von Cicero mit dem Gelddarlehen und der Stipulation in ſolcher Weiſe auf gleiche Linie ge- ſtellt, daß er dieſen drey Rechtsgeſchäften die ausſchließende Kraft zuſchreibt, eine certi petitio hervor zubringen, wel- ches gerade dieſelbe Klage iſt, die in unſren Rechtsquellen certi condictio genannt wird (b). — In einer anderen Stelle erzählt Cicero die Geſchichte eines Kaufcontracts, worin der Verkäufer den Käufer betrogen hatte. Dem Käufer war hier nicht zu helfen, ſagt Cicero, weil damals
(e)L. 55 de cond. ind. (12. 6.), worin dieſer Gegenſatz beſon- ders ſcharf hervorgehoben iſt; am beſtimmteſten in den letzten Wor- ten der Stelle.
(a)pr. J. de lit. oblig. (3. 21.). „.. Sic fit, ut hodie .. scri- ptura obligetur, et ex ea na- scitur condictio …”
(b) Beylage XIII. Num. XI. a.
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Die Condietionen. IX.
dem Andern zur Bereicherung diente, vorher ſchon wirk-
lich einmal zum Vermögen Deſſen gehört habe, welcher
darauf eine Condiction gründen will (e).
IX.
Ein fernerer Fall, worin die Anwendung einer con-
dictio keinem Zweifel unterliegt, iſt die alte literarum ob-
ligatio oder die expensilatio. Juſtinian weißt darauf
deutlich hin, indem er der an die Stelle derſelben, freylich
nicht ſehr paſſend, eingeſchobenen neuen literarum obliga-
tio gleichfalls die Wirkung einer condictio zuſchreibt, wo-
durch er offenbar eine gleiche Wirkung beider Rechtsinſti-
tute behaupten, und ſo den Rang rechtfertigen will, den
er dem neu erfundenen Inſtitut zuſchreibt (a). — Eben ſo
wird die expensilatio von Cicero mit dem Gelddarlehen
und der Stipulation in ſolcher Weiſe auf gleiche Linie ge-
ſtellt, daß er dieſen drey Rechtsgeſchäften die ausſchließende
Kraft zuſchreibt, eine certi petitio hervor zubringen, wel-
ches gerade dieſelbe Klage iſt, die in unſren Rechtsquellen
certi condictio genannt wird (b). — In einer anderen
Stelle erzählt Cicero die Geſchichte eines Kaufcontracts,
worin der Verkäufer den Käufer betrogen hatte. Dem
Käufer war hier nicht zu helfen, ſagt Cicero, weil damals
(e) L. 55 de cond. ind. (12.
6.), worin dieſer Gegenſatz beſon-
ders ſcharf hervorgehoben iſt; am
beſtimmteſten in den letzten Wor-
ten der Stelle.
(a) pr. J. de lit. oblig. (3. 21.).
„.. Sic fit, ut hodie .. scri-
ptura obligetur, et ex ea na-
scitur condictio …”
(b) Beylage XIII. Num. XI. a.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/541>, abgerufen am 21.11.2024.
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