Es dürfen jedoch einige einzelne Fälle nicht mit Still- schweigen übergangen werden, worin theils die Beurthei- lung selbst, theils der Sprachgebrauch, von den hier auf- gestellten Regeln abweicht; die genauere Betrachtung die- ser Fälle ist nicht dazu geeignet, die als regelmäßig dar- gestellte Behandlung des Gegenstandes zweifelhaft zu machen.
Die entschiedendste Abweichung vom regelmäßigen Sprachgebrauch findet sich bey der actio ad exhibendum. Diese geht auf das Interesse, welches der Kläger bey der Exhibition hat, nicht auf den Sachwerth, und dieser Gegensatz wird hier ganz ungewöhnlicherweise so ausge- drückt: die Klage gehe nicht auf quanti res est(a). Die Stelle selbst rührt zwar von Ulpian her, allein sie enthält doch blos ein Allegat aus Neratius, und so ist also Die- ses als ein singulärer Sprachgebrauch des Neratius an- zusehen.
XI.
Einige Vergehen, die im Prozeß gegen die obrigkeitliche Gewalt begangen werden konnten, hatten zur Folge eine Strafklage, welche nicht auf das (oft ganz unbedeutende)
(a)L. 9 § 8 ad exhib. (10. 4.) "Et ideo Neratius ait, utilita- tem actoris venire in aestima- tionem, non quanti res sit: quae utilitas, inquit, interdum minoris erit quam res."
Quanti res est. X. XI.
X.
Es dürfen jedoch einige einzelne Fälle nicht mit Still- ſchweigen übergangen werden, worin theils die Beurthei- lung ſelbſt, theils der Sprachgebrauch, von den hier auf- geſtellten Regeln abweicht; die genauere Betrachtung die- ſer Fälle iſt nicht dazu geeignet, die als regelmäßig dar- geſtellte Behandlung des Gegenſtandes zweifelhaft zu machen.
Die entſchiedendſte Abweichung vom regelmäßigen Sprachgebrauch findet ſich bey der actio ad exhibendum. Dieſe geht auf das Intereſſe, welches der Kläger bey der Exhibition hat, nicht auf den Sachwerth, und dieſer Gegenſatz wird hier ganz ungewöhnlicherweiſe ſo ausge- drückt: die Klage gehe nicht auf quanti res est(a). Die Stelle ſelbſt rührt zwar von Ulpian her, allein ſie enthält doch blos ein Allegat aus Neratius, und ſo iſt alſo Die- ſes als ein ſingulärer Sprachgebrauch des Neratius an- zuſehen.
XI.
Einige Vergehen, die im Prozeß gegen die obrigkeitliche Gewalt begangen werden konnten, hatten zur Folge eine Strafklage, welche nicht auf das (oft ganz unbedeutende)
(a)L. 9 § 8 ad exhib. (10. 4.) „Et ideo Neratius ait, utilita- tem actoris venire in aestima- tionem, non quanti res sit: quae utilitas, inquit, interdum minoris erit quam res.”
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0469"n="455"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">Quanti res est. X. XI.</hi></fw><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">X.</hi></hi></head><lb/><p>Es dürfen jedoch einige einzelne Fälle nicht mit Still-<lb/>ſchweigen übergangen werden, worin theils die Beurthei-<lb/>
lung ſelbſt, theils der Sprachgebrauch, von den hier auf-<lb/>
geſtellten Regeln abweicht; die genauere Betrachtung die-<lb/>ſer Fälle iſt nicht dazu geeignet, die als regelmäßig dar-<lb/>
geſtellte Behandlung des Gegenſtandes zweifelhaft zu<lb/>
machen.</p><lb/><p>Die entſchiedendſte Abweichung vom regelmäßigen<lb/>
Sprachgebrauch findet ſich bey der <hirendition="#aq">actio ad exhibendum.</hi><lb/>
Dieſe geht auf das Intereſſe, welches der Kläger bey<lb/>
der Exhibition hat, nicht auf den Sachwerth, und dieſer<lb/>
Gegenſatz wird hier ganz ungewöhnlicherweiſe ſo ausge-<lb/>
drückt: die Klage gehe <hirendition="#g">nicht</hi> auf <hirendition="#aq">quanti res est</hi><noteplace="foot"n="(a)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 9 § 8 <hirendition="#i">ad exhib.</hi> (10. 4.)<lb/>„Et ideo Neratius ait, <hirendition="#i">utilita-<lb/>
tem actoris</hi> venire in aestima-<lb/>
tionem, <hirendition="#i">non quanti res sit:</hi><lb/>
quae utilitas, inquit, interdum<lb/>
minoris erit quam res.”</hi></note>. Die<lb/>
Stelle ſelbſt rührt zwar von Ulpian her, allein ſie enthält<lb/>
doch blos ein Allegat aus Neratius, und ſo iſt alſo Die-<lb/>ſes als ein ſingulärer Sprachgebrauch des Neratius an-<lb/>
zuſehen.</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">XI.</hi></hi></head><lb/><p>Einige Vergehen, die im Prozeß gegen die obrigkeitliche<lb/>
Gewalt begangen werden konnten, hatten zur Folge eine<lb/>
Strafklage, welche nicht auf das (oft ganz unbedeutende)<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[455/0469]
Quanti res est. X. XI.
X.
Es dürfen jedoch einige einzelne Fälle nicht mit Still-
ſchweigen übergangen werden, worin theils die Beurthei-
lung ſelbſt, theils der Sprachgebrauch, von den hier auf-
geſtellten Regeln abweicht; die genauere Betrachtung die-
ſer Fälle iſt nicht dazu geeignet, die als regelmäßig dar-
geſtellte Behandlung des Gegenſtandes zweifelhaft zu
machen.
Die entſchiedendſte Abweichung vom regelmäßigen
Sprachgebrauch findet ſich bey der actio ad exhibendum.
Dieſe geht auf das Intereſſe, welches der Kläger bey
der Exhibition hat, nicht auf den Sachwerth, und dieſer
Gegenſatz wird hier ganz ungewöhnlicherweiſe ſo ausge-
drückt: die Klage gehe nicht auf quanti res est (a). Die
Stelle ſelbſt rührt zwar von Ulpian her, allein ſie enthält
doch blos ein Allegat aus Neratius, und ſo iſt alſo Die-
ſes als ein ſingulärer Sprachgebrauch des Neratius an-
zuſehen.
XI.
Einige Vergehen, die im Prozeß gegen die obrigkeitliche
Gewalt begangen werden konnten, hatten zur Folge eine
Strafklage, welche nicht auf das (oft ganz unbedeutende)
(a) L. 9 § 8 ad exhib. (10. 4.)
„Et ideo Neratius ait, utilita-
tem actoris venire in aestima-
tionem, non quanti res sit:
quae utilitas, inquit, interdum
minoris erit quam res.”
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/469>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.