Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 80. Infamie. Juristische Bedeutung. (Fortsetzung.)
§. 80.
Juristische Bedeutung der Infamie. (Fortsetzung.)

Ich will nunmehr den Beweis führen, daß in der
That das Wesen der Infamie in dem Verlust aller poli-
tischen Rechte des Römischen Bürgers bestand: und zwar
zuerst für jeden der beiden Bestandtheile dieser Rechte (ho-
nores
und suffragium) einzeln, dann für beide zusammen-
genommen.

1) Verlust der honores. Dieser Ausdruck ist hier in
der ausgedehnten Bedeutung einer jeden höheren politi-
schen Stellung (dignitas) zu nehmen, nicht blos für Ma-
gistraturen. Ferner hat er den zwiefachen Sinn, daß
darin sowohl der Verlust einer gegenwärtigen Auszeich-
nung, als die Unfähigkeit zu jeder künftigen, enthalten ist.

Dieser Theil meiner Behauptung kann am wenigsten
bezweifelt werden. Cicero sagt ausdrücklich, die Infamie
schließe für immer von honor und dignitas aus (§ 79. g).
Eben so wird in einem Senatsschluß anerkannt, daß es
zum Wesen eines Infamis gehöre, von jedem honor aus-
geschlossen zu seyn (§ 78. a). -- Derselbe Rechtssatz hat
sich nachher durch alle Zeiten der Kaiserregierung erhal-
ten (a). Nur hatte er hier, durch die veränderte Verfas-
sung, eine sehr veränderte Stellung angenommen. Er

(a) L. un. C. de infam. (10. 57.), L. 3 C. de re mil. (12.
36.), L. 8 C. de decur. (10. 31.).
§. 80. Infamie. Juriſtiſche Bedeutung. (Fortſetzung.)
§. 80.
Juriſtiſche Bedeutung der Infamie. (Fortſetzung.)

Ich will nunmehr den Beweis führen, daß in der
That das Weſen der Infamie in dem Verluſt aller poli-
tiſchen Rechte des Römiſchen Bürgers beſtand: und zwar
zuerſt für jeden der beiden Beſtandtheile dieſer Rechte (ho-
nores
und suffragium) einzeln, dann für beide zuſammen-
genommen.

1) Verluſt der honores. Dieſer Ausdruck iſt hier in
der ausgedehnten Bedeutung einer jeden hoͤheren politi-
ſchen Stellung (dignitas) zu nehmen, nicht blos für Ma-
giſtraturen. Ferner hat er den zwiefachen Sinn, daß
darin ſowohl der Verluſt einer gegenwärtigen Auszeich-
nung, als die Unfähigkeit zu jeder künftigen, enthalten iſt.

Dieſer Theil meiner Behauptung kann am wenigſten
bezweifelt werden. Cicero ſagt ausdrücklich, die Infamie
ſchließe für immer von honor und dignitas aus (§ 79. g).
Eben ſo wird in einem Senatsſchluß anerkannt, daß es
zum Weſen eines Infamis gehöre, von jedem honor aus-
geſchloſſen zu ſeyn (§ 78. a). — Derſelbe Rechtsſatz hat
ſich nachher durch alle Zeiten der Kaiſerregierung erhal-
ten (a). Nur hatte er hier, durch die veränderte Verfaſ-
ſung, eine ſehr veränderte Stellung angenommen. Er

(a) L. un. C. de infam. (10. 57.), L. 3 C. de re mil. (12.
36.), L. 8 C. de decur. (10. 31.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0215" n="201"/>
          <fw place="top" type="header">§. 80. Infamie. Juri&#x017F;ti&#x017F;che Bedeutung. (Fort&#x017F;etzung.)</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 80.<lb/><hi rendition="#g">Juri&#x017F;ti&#x017F;che Bedeutung der Infamie</hi>. (Fort&#x017F;etzung.)</head><lb/>
            <p>Ich will nunmehr den Beweis führen, daß in der<lb/>
That das We&#x017F;en der Infamie in dem Verlu&#x017F;t aller poli-<lb/>
ti&#x017F;chen Rechte des Römi&#x017F;chen Bürgers be&#x017F;tand: und zwar<lb/>
zuer&#x017F;t für jeden der beiden Be&#x017F;tandtheile die&#x017F;er Rechte (<hi rendition="#aq">ho-<lb/>
nores</hi> und <hi rendition="#aq">suffragium</hi>) einzeln, dann für beide zu&#x017F;ammen-<lb/>
genommen.</p><lb/>
            <p>1) Verlu&#x017F;t der <hi rendition="#aq">honores.</hi> Die&#x017F;er Ausdruck i&#x017F;t hier in<lb/>
der ausgedehnten Bedeutung einer jeden ho&#x0364;heren politi-<lb/>
&#x017F;chen Stellung (<hi rendition="#aq">dignitas</hi>) zu nehmen, nicht blos für Ma-<lb/>
gi&#x017F;traturen. Ferner hat er den zwiefachen Sinn, daß<lb/>
darin &#x017F;owohl der Verlu&#x017F;t einer gegenwärtigen Auszeich-<lb/>
nung, als die Unfähigkeit zu jeder künftigen, enthalten i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;er Theil meiner Behauptung kann am wenig&#x017F;ten<lb/>
bezweifelt werden. Cicero &#x017F;agt ausdrücklich, die Infamie<lb/>
&#x017F;chließe für immer von <hi rendition="#aq">honor</hi> und <hi rendition="#aq">dignitas</hi> aus (§ 79. <hi rendition="#aq">g</hi>).<lb/>
Eben &#x017F;o wird in einem Senats&#x017F;chluß anerkannt, daß es<lb/>
zum We&#x017F;en eines <hi rendition="#aq">Infamis</hi> gehöre, von jedem <hi rendition="#aq">honor</hi> aus-<lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en zu &#x017F;eyn (§ 78. <hi rendition="#aq">a</hi>). &#x2014; Der&#x017F;elbe Rechts&#x017F;atz hat<lb/>
&#x017F;ich nachher durch alle Zeiten der Kai&#x017F;erregierung erhal-<lb/>
ten <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">L. un. C. de infam.</hi></hi> (10. 57.), <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 3 <hi rendition="#i">C. de re mil.</hi></hi> (12.<lb/>
36.), <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 8 <hi rendition="#i">C. de decur.</hi></hi> (10. 31.).</note>. Nur hatte er hier, durch die veränderte Verfa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung, eine &#x017F;ehr veränderte Stellung angenommen. Er<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201/0215] §. 80. Infamie. Juriſtiſche Bedeutung. (Fortſetzung.) §. 80. Juriſtiſche Bedeutung der Infamie. (Fortſetzung.) Ich will nunmehr den Beweis führen, daß in der That das Weſen der Infamie in dem Verluſt aller poli- tiſchen Rechte des Römiſchen Bürgers beſtand: und zwar zuerſt für jeden der beiden Beſtandtheile dieſer Rechte (ho- nores und suffragium) einzeln, dann für beide zuſammen- genommen. 1) Verluſt der honores. Dieſer Ausdruck iſt hier in der ausgedehnten Bedeutung einer jeden hoͤheren politi- ſchen Stellung (dignitas) zu nehmen, nicht blos für Ma- giſtraturen. Ferner hat er den zwiefachen Sinn, daß darin ſowohl der Verluſt einer gegenwärtigen Auszeich- nung, als die Unfähigkeit zu jeder künftigen, enthalten iſt. Dieſer Theil meiner Behauptung kann am wenigſten bezweifelt werden. Cicero ſagt ausdrücklich, die Infamie ſchließe für immer von honor und dignitas aus (§ 79. g). Eben ſo wird in einem Senatsſchluß anerkannt, daß es zum Weſen eines Infamis gehöre, von jedem honor aus- geſchloſſen zu ſeyn (§ 78. a). — Derſelbe Rechtsſatz hat ſich nachher durch alle Zeiten der Kaiſerregierung erhal- ten (a). Nur hatte er hier, durch die veränderte Verfaſ- ſung, eine ſehr veränderte Stellung angenommen. Er (a) L. un. C. de infam. (10. 57.), L. 3 C. de re mil. (12. 36.), L. 8 C. de decur. (10. 31.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/215
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/215>, abgerufen am 03.12.2024.