Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Siebenzehende Geistliche Lection und gesehen/ daß sie in ihren Cellen oder gebettet/ oder betrachtet/ oder inandern geistlichen Ubungen begriffen gewesen Diese ist die fürnehmste Ur- sach/ mein Christliche Seel/ warumb einer so vielen/ und zwarn mit sehr grossem Nutzen hat vorschen können; zumahlen die jenige/ so deß Still- schweigens sich embsich befleissen/ selten eine Bestraffung brauchen; die- weilen mit ihnen GOtt/ vermög seiner heiligen und Heyl- bringenden Einsprechungen redet/ wann sie schweigen; und lehret sie/ was sie thuen o- Hom. 103.der lassen sollen. Wann nun/ (damit wir uns der Worten deß H. Antio- chi gebrauchen) die Stillschweigung mit so grosser Schönheit und herrli- chem Nutzen pranget; so ist selbige eine Mutter der jenigen Tugenden/ deren die München sich erwerben/ billig zu nennen. So liebe dann die Mutter/ von der so Gott-gefällige Kinder gebohren werden; und wann dir dein Geist- licher Fortgang zu Hertzen gehet; so freye die Mutter umb der Tochter willen. Der Andere Theil. WAhr ist das gemeine Sprüchwort der Lateiner: Sunt bona mitxta malis, sunt mala mixta bonis. Viel Gute nicht ohn Böse seynd/ Derhalben muß sich einer nit verwundern/ wann auch unter den guten Geist- Leu-
Die Siebenzehende Geiſtliche Lection und geſehen/ daß ſie in ihren Cellen oder gebettet/ oder betrachtet/ oder inandern geiſtlichen Ubungen begriffen geweſen Dieſe iſt die fuͤrnehmſte Ur- ſach/ mein Chriſtliche Seel/ warumb einer ſo vielen/ und zwarn mit ſehr groſſem Nutzen hat vorſchen koͤnnen; zumahlen die jenige/ ſo deß Still- ſchweigens ſich embſich befleiſſen/ ſelten eine Beſtraffung brauchen; die- weilen mit ihnen GOtt/ vermoͤg ſeiner heiligen und Heyl- bringenden Einſprechungen redet/ wann ſie ſchweigen; und lehret ſie/ was ſie thuen o- Hom. 103.der laſſen ſollen. Wann nun/ (damit wir uns der Worten deß H. Antio- chi gebrauchen) die Stillſchweigung mit ſo groſſer Schoͤnheit und herrli- chem Nutzen pranget; ſo iſt ſelbige eine Mutter der jenigen Tugenden/ deren die Muͤnchen ſich erwerben/ billig zu nennen. So liebe dann die Mutter/ von der ſo Gott-gefaͤllige Kinder gebohren werden; und wann dir dein Geiſt- licher Fortgang zu Hertzen gehet; ſo freye die Mutter umb der Tochter willen. Der Andere Theil. WAhr iſt das gemeine Spruͤchwort der Lateiner: Sunt bona mitxta malis, ſunt mala mixta bonis. Viel Gute nicht ohn Boͤſe ſeynd/ Derhalben muß ſich einer nit verwundern/ wann auch unter den guten Geiſt- Leu-
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Die Siebenzehende Geiſtliche Lection
und geſehen/ daß ſie in ihren Cellen oder gebettet/ oder betrachtet/ oder in
andern geiſtlichen Ubungen begriffen geweſen Dieſe iſt die fuͤrnehmſte Ur-
ſach/ mein Chriſtliche Seel/ warumb einer ſo vielen/ und zwarn mit ſehr
groſſem Nutzen hat vorſchen koͤnnen; zumahlen die jenige/ ſo deß Still-
ſchweigens ſich embſich befleiſſen/ ſelten eine Beſtraffung brauchen; die-
weilen mit ihnen GOtt/ vermoͤg ſeiner heiligen und Heyl- bringenden
Einſprechungen redet/ wann ſie ſchweigen; und lehret ſie/ was ſie thuen o-
der laſſen ſollen. Wann nun/ (damit wir uns der Worten deß H. Antio-
chi gebrauchen) die Stillſchweigung mit ſo groſſer Schoͤnheit und herrli-
chem Nutzen pranget; ſo iſt ſelbige eine Mutter der jenigen Tugenden/ deren
die Muͤnchen ſich erwerben/ billig zu nennen. So liebe dann die Mutter/
von der ſo Gott-gefaͤllige Kinder gebohren werden; und wann dir dein Geiſt-
licher Fortgang zu Hertzen gehet; ſo freye die Mutter umb der Tochter
willen.
Hom.
103.
Der Andere Theil.
WAhr iſt das gemeine Spruͤchwort der Lateiner:
Sunt bona mitxta malis, ſunt mala mixta bonis.
Viel Gute nicht ohn Boͤſe ſeynd/
Vnd Boͤſe nicht ohn Gute ſeynd.
Derhalben muß ſich einer nit verwundern/ wann auch unter den guten Geiſt-
lichen einige Boͤſe und Außgelaſſene gefunden werden; die nicht allein fuͤr
ſich keine Tugenden ſamblen; ſondern auch darzu noch andere von dem
Weeg zur Vollkommenheit abzukchren ſich unterſtehen. Ein Freyer aber
dieſer obgeſetzten Mutter muß nicht achten/ wann er ſchon von ſolchen
Geſellen außgelacht/ und fuͤr einen groben und ungeſchickten Men-
ſchen gehalten werde: ſondern er kan ihnen mit derjenigen Antwort begegnen/
welche der H. Gregorius Nazianzenus, dem Celenſio gegeben/ der ih-
nen wegen ſeiner Verſchwiegenheit zu beſtraffen/ und einen unhoͤff-
lichen Mann zu beſchreyen ſich erkuͤhnet. Dieſe ſchrifftliche
Verantwortung deß Gregorii an den Celenſium beſtehet in folgenden
Worten: Es haben die Schwalben einsmahls den Schwanen verweißlich
vorgeworffen/ daß ſie von den Menſchen entfernet/ in den Waͤſſeren und
ſtillen Oertern ſich auffhielten. Wir aber/ ſagten ſie/ halten uns bey den
Leu-
Drexel.
in Molis
Ling. c.
23. §. 1.
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