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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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FORTUNA,
Oder
das Glück.
Fortunam culpant omnes, probrisque lacessunt;
Cum tamen haec magnum potius mereatur honorem.
Das Glück wird überall mit Schmäh-Koth angeschmieret/
da ihm doch allerseits die grösste Ehr gebüret.
[Spaltenumbruch]

Die Fortuna/ oder das Glück.MIt diesen Versen des Dantes Algerius will ich diese Abhandlung der Fortun anfangen: dann PLATTE S.dieser pflegen wir Menschen alles/ was wider unser Vermuhten uns begegnet/ zuzuschreiben/ und das übel aufzunehmen/ welches uns doch ein Anlaß zur Freude seyn sollte; also daß es scheinet/ als ob wir davorhielten/ es hange die Erlangung eines guten Hauswesens und aller Güter/ wie auch aller deren Verlust und Abwechslung allein an ihr. Derohalben Franciscus Petrarcha an einem Orte die Fortun also von sich selbst redend einführet:

Magna, potens rerum, conor For-
tuna
; videsne

Laetos, ac tristes solam me reddere
posse?

Idque statim celeri sum eadern ve-
locior aura,

Quodque vides,nostris jussis id vol-
vitur omne.

Ich Glück bin reich an Macht und Gut/
sieh mich recht an/

und glaub/ daß nur Ich Leid und Freu-
de schaffen kan.

Und dieses schnell: weil ich geschwind wie
Windes-Wehen;

Dann alles was du siehst/ ist auf mein
Wort geschehen.

Warum die Fortun getadelt werde. Dannenhero sie selbst ein Ursprung und Urheberin aller Lästerungen ist/ wormit wir sie täglich überhäuffen/ dieweil gemeiniglich diejenige ihre Güter besitzen/ welche derselben am Allerunwürdigsten zu seyn scheinen/ die Würdigste hingegen derselben beraubt sind/ und nichts haben. Welches ob es recht/ oder unrecht sey/ ich denen zu betrachten überlasse/[Spaltenumbruch] die nach ihrem beywohnenden hohen Verstande allein erkennen können/ wie vielerley Sorgen/ Beschwerungen/ und Gefährlichkeiten diese vergängliche Dinge/ so wir Güter nennen/ unterworffen sind. Dieses aber pflegen wir wenig zu erwägen/ sondern uns nur allein zu befleissigen/ wie wir uns mit denselben anfüllen mögen; und wann dann die Sach nicht nach unserm Wunsch abgehet/ fangen wir an uns über die Fortun zu beklagen/ da doch/ vieler Meinung nach/ gar keine dergleichen Fortun oder das Glück ist nichts. Göttin zu finden. Darum Juvenalis in der X Satyra also von ihr dichtet:

Nullum numen abest, si sit pruden-
tia: sed te

Nos facimus,Fortuna,Deam, coelo-
que locamus.

Wo wahre Klugheit ist/ da kan kein
Glücksfall seyn:

Doch setzen wir dich Glück zum Gott im
Himmel ein.

Lactantius Firmianus sagt/ das Glück sey anders nichts/ als ein bloser Name/ welcher der Menschen Thorheit bezeichne; deme auch Cicero beystimmet/ wann er in den Academischen Fragen also schreibet: Die Fortun hat uns viel gemacht/ dessen wir uns nicht versehen/ wegen Dunckelheit und Unwissenheit derer Urheblichkeiten oder Anfangs-Ursachen. Aber es sind die Alten mit der Fortun nicht weniger betrogen und verleitet worden/ als mit ihren andern Göttern: Dieser nun haben sie die Verwaltung der so wohl guten als bösen äusserlichen Dingen zugeschrieben/ und sie denselben Die Fortun ist zweyerley als eine Göttin vorgesetzt. Dannenhero haben sie zwo Fortunen gedichtet/ nemlich eine gute/ und eine böse/ und dieser alles Unglück/ jener aber alles Glück zugeeignet; die gute hatte ein schön weiß Antlitz/ die böse aber sahe im Gesicht häßlich und gantz schwatz aus. Zu Praeneste/ woselbst sie einen sehr berühmten Tempel hatte/ wurde sie unter der

FORTUNA,
Oder
das Glück.
Fortunam culpant omnes, probrisque lacessunt;
Cum tamen haec magnum potius mereatur honorem.
Das Glück wird überall mit Schmäh-Koth angeschmieret/
da ihm doch allerseits die grösste Ehr gebüret.
[Spaltenumbruch]

Die Fortuna/ oder das Glück.MIt diesen Versen des Dantes Algerius will ich diese Abhandlung der Fortun anfangen: dann PLATTE S.dieser pflegen wir Menschen alles/ was wider unser Vermuhten uns begegnet/ zuzuschreiben/ und das übel aufzunehmen/ welches uns doch ein Anlaß zur Freude seyn sollte; also daß es scheinet/ als ob wir davorhielten/ es hange die Erlangung eines guten Hauswesens und aller Güter/ wie auch aller deren Verlust und Abwechslung allein an ihr. Derohalben Franciscus Petrarcha an einem Orte die Fortun also von sich selbst redend einführet:

Magna, potens rerum, conor For-
tuna
; videsne

Laetos, ac tristes solam me reddere
posse?

Idque statim celeri sum eadern ve-
locior aura,

Quodque vides,nostris jussis id vol-
vitur omne.

Ich Glück bin reich an Macht und Gut/
sieh mich recht an/

und glaub/ daß nur Ich Leid und Freu-
de schaffen kan.

Und dieses schnell: weil ich geschwind wie
Windes-Wehen;

Dann alles was du siehst/ ist auf mein
Wort geschehen.

Warum die Fortun getadelt werde. Dannenhero sie selbst ein Ursprung und Urheberin aller Lästerungen ist/ wormit wir sie täglich überhäuffen/ dieweil gemeiniglich diejenige ihre Güter besitzen/ welche derselben am Allerunwürdigsten zu seyn scheinen/ die Würdigste hingegen derselben beraubt sind/ und nichts haben. Welches ob es recht/ oder unrecht sey/ ich denen zu betrachten überlasse/[Spaltenumbruch] die nach ihrem beywohnenden hohen Verstande allein erkennen können/ wie vielerley Sorgen/ Beschwerungen/ und Gefährlichkeiten diese vergängliche Dinge/ so wir Güter nennen/ unterworffen sind. Dieses aber pflegen wir wenig zu erwägen/ sondern uns nur allein zu befleissigen/ wie wir uns mit denselben anfüllen mögen; und wann dann die Sach nicht nach unserm Wunsch abgehet/ fangen wir an uns über die Fortun zu beklagen/ da doch/ vieler Meinung nach/ gar keine dergleichen Fortun oder das Glück ist nichts. Göttin zu finden. Darum Juvenalis in der X Satyra also von ihr dichtet:

Nullum numen abest, si sit pruden-
tia: sed te

Nos facimus,Fortuna,Deam, coelo-
que locamus.

Wo wahre Klugheit ist/ da kan kein
Glücksfall seyn:

Doch setzen wir dich Glück zum Gott im
Himmel ein.

Lactantius Firmianus sagt/ das Glück sey anders nichts/ als ein bloser Name/ welcher der Menschen Thorheit bezeichne; deme auch Cicero beystimmet/ wann er in den Academischen Fragen also schreibet: Die Fortun hat uns viel gemacht/ dessen wir uns nicht versehen/ wegen Dunckelheit und Unwissenheit derer Urheblichkeiten oder Anfangs-Ursachen. Aber es sind die Alten mit der Fortun nicht weniger betrogen und verleitet worden/ als mit ihren andern Göttern: Dieser nun haben sie die Verwaltung der so wohl guten als bösen äusserlichen Dingen zugeschrieben/ und sie denselben Die Fortun ist zweyerley als eine Göttin vorgesetzt. Dannenhero haben sie zwo Fortunen gedichtet/ nemlich eine gute/ und eine böse/ und dieser alles Unglück/ jener aber alles Glück zugeeignet; die gute hatte ein schön weiß Antlitz/ die böse aber sahe im Gesicht häßlich und gantz schwatz aus. Zu Praeneste/ woselbst sie einen sehr berühmten Tempel hatte/ wurde sie unter der

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/245>, abgerufen am 18.11.2024.