Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.138. Das Kind weiß nicht, warum man etwas ihm verbeut. Warum gehorcht es? weil der Vater Straf' andreut? Es kennt die Straf' auch nicht, doch kennt es schon die Furcht, Weiß nicht warum, doch weiß gar wohl, wenn es gehorcht. 139. Ein Mann zu werden, ist des Kindes Stolz; ein Mann Bedauert wol, daß er kein Kind mehr werden kann. Wollt' er ein Kind seyn, um sich kindisch zu geberden? O nein, als Kind möcht' er zu anderm Manne werden. Ein Vater ist beglückt, daß er ein andrer Mann, Als er geworden ist, im Kinde werden kann. Mit aller Einsicht, die Erfahrung ihm verliehn, Streb' er sich selbst im Kind zum Manne zu erziehn. 138. Das Kind weiß nicht, warum man etwas ihm verbeut. Warum gehorcht es? weil der Vater Straf' andreut? Es kennt die Straf' auch nicht, doch kennt es ſchon die Furcht, Weiß nicht warum, doch weiß gar wohl, wenn es gehorcht. 139. Ein Mann zu werden, iſt des Kindes Stolz; ein Mann Bedauert wol, daß er kein Kind mehr werden kann. Wollt' er ein Kind ſeyn, um ſich kindiſch zu geberden? O nein, als Kind moͤcht' er zu anderm Manne werden. Ein Vater iſt begluͤckt, daß er ein andrer Mann, Als er geworden iſt, im Kinde werden kann. Mit aller Einſicht, die Erfahrung ihm verliehn, Streb' er ſich ſelbſt im Kind zum Manne zu erziehn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0238" n="228"/> <div n="2"> <head>138.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Das Kind weiß nicht, warum man etwas ihm verbeut.</l><lb/> <l>Warum gehorcht es? weil der Vater Straf' andreut?</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Es kennt die Straf' auch nicht, doch kennt es ſchon die Furcht,</l><lb/> <l>Weiß nicht warum, doch weiß gar wohl, wenn es gehorcht.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>139.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ein Mann zu werden, iſt des Kindes Stolz; ein Mann</l><lb/> <l>Bedauert wol, daß er kein Kind mehr werden kann.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wollt' er ein Kind ſeyn, um ſich kindiſch zu geberden?</l><lb/> <l>O nein, als Kind moͤcht' er zu anderm Manne werden.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Ein Vater iſt begluͤckt, daß er ein andrer Mann,</l><lb/> <l>Als er geworden iſt, im Kinde werden kann.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Mit aller Einſicht, die Erfahrung ihm verliehn,</l><lb/> <l>Streb' er ſich ſelbſt im Kind zum Manne zu erziehn.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [228/0238]
138.
Das Kind weiß nicht, warum man etwas ihm verbeut.
Warum gehorcht es? weil der Vater Straf' andreut?
Es kennt die Straf' auch nicht, doch kennt es ſchon die Furcht,
Weiß nicht warum, doch weiß gar wohl, wenn es gehorcht.
139.
Ein Mann zu werden, iſt des Kindes Stolz; ein Mann
Bedauert wol, daß er kein Kind mehr werden kann.
Wollt' er ein Kind ſeyn, um ſich kindiſch zu geberden?
O nein, als Kind moͤcht' er zu anderm Manne werden.
Ein Vater iſt begluͤckt, daß er ein andrer Mann,
Als er geworden iſt, im Kinde werden kann.
Mit aller Einſicht, die Erfahrung ihm verliehn,
Streb' er ſich ſelbſt im Kind zum Manne zu erziehn.
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Zitationshilfe: | Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/238>, abgerufen am 04.07.2024. |