Die Endzwecke, warum die Ritter-Orden etablirt worden, und die Gelegenheiten, so dieselben veranlaßt, sind viel und man- cherley. Bißweilen ist die Begierde, die Ehre GOttes hiedurch zu befördern, der wahre Be- wegungs-Grund gewesen; Bißweilen hat auch ein bloßer Aberglaube nicht wenig Antheil dran ge- nommen. Viele von den Römisch-Catholischen, die als Stiffter mancher Ritter-Orden anzusehen, haben entweder ihre Liebe und Ehrerbietung ge- gen eine von den drey Personen der einigen GOtt- heit, oder gegen die Mutter GOttes, oder gegen einen besondern Heiligen, den sie sich zum Schutz- Patron ausgelesen, hiedurch an den Tag legen wollen. Wenn mancher an dem Tage eines ge- wissen Heiligen eine glückliche Begebenheit oder fast nur einen Traum von ihm gehabt, so hat er schon denselben zu Ehren einen Orden aufgerich- tet. Zu Zeiten haben wohl gar lächerliche und wunder seltzame Historien manchen Ritter-Orden den Ursprung ertheilt. Meistentheils aber sollen die Ritter, durch die Orden, mit welchen sie große Herren begnadigen, zur Tapfferkeit und andern
Tugen-
III. Theil. IX. Capitul.
Das IX. Capitul. Von den Ritter-Orden.
§. 1.
Die Endzwecke, warum die Ritter-Orden etablirt worden, und die Gelegenheiten, ſo dieſelben veranlaßt, ſind viel und man- cherley. Bißweilen iſt die Begierde, die Ehre GOttes hiedurch zu befoͤrdern, der wahre Be- wegungs-Grund geweſen; Bißweilen hat auch ein bloßer Aberglaube nicht wenig Antheil dran ge- nommen. Viele von den Roͤmiſch-Catholiſchen, die als Stiffter mancher Ritter-Orden anzuſehen, haben entweder ihre Liebe und Ehrerbietung ge- gen eine von den drey Perſonen der einigen GOtt- heit, oder gegen die Mutter GOttes, oder gegen einen beſondern Heiligen, den ſie ſich zum Schutz- Patron ausgeleſen, hiedurch an den Tag legen wollen. Wenn mancher an dem Tage eines ge- wiſſen Heiligen eine gluͤckliche Begebenheit oder faſt nur einen Traum von ihm gehabt, ſo hat er ſchon denſelben zu Ehren einen Orden aufgerich- tet. Zu Zeiten haben wohl gar laͤcherliche und wunder ſeltzame Hiſtorien manchen Ritter-Orden den Urſprung ertheilt. Meiſtentheils aber ſollen die Ritter, durch die Orden, mit welchen ſie große Herren begnadigen, zur Tapfferkeit und andern
Tugen-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0732"n="708"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III.</hi> Theil. <hirendition="#aq">IX.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Das <hirendition="#aq"><hirendition="#g">IX.</hi></hi> Capitul.<lb/>
Von den Ritter-Orden.</hi></head><lb/><p><hirendition="#c">§. 1.</hi></p><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>ie Endzwecke, warum die Ritter-Orden<lb/><hirendition="#aq">etabli</hi>rt worden, und die Gelegenheiten,<lb/>ſo dieſelben veranlaßt, ſind viel und man-<lb/>
cherley. Bißweilen iſt die Begierde, die<lb/>
Ehre GOttes hiedurch zu befoͤrdern, der wahre Be-<lb/>
wegungs-Grund geweſen; Bißweilen hat auch ein<lb/>
bloßer Aberglaube nicht wenig Antheil dran ge-<lb/>
nommen. Viele von den Roͤmiſch-Catholiſchen,<lb/>
die als Stiffter mancher Ritter-Orden anzuſehen,<lb/>
haben entweder ihre Liebe und Ehrerbietung ge-<lb/>
gen eine von den drey Perſonen der einigen GOtt-<lb/>
heit, oder gegen die Mutter GOttes, oder gegen<lb/>
einen beſondern Heiligen, den ſie ſich zum Schutz-<lb/><hirendition="#aq">Patron</hi> ausgeleſen, hiedurch an den Tag legen<lb/>
wollen. Wenn mancher an dem Tage eines ge-<lb/>
wiſſen Heiligen eine gluͤckliche Begebenheit oder<lb/>
faſt nur einen Traum von ihm gehabt, ſo hat er<lb/>ſchon denſelben zu Ehren einen Orden aufgerich-<lb/>
tet. Zu Zeiten haben wohl gar laͤcherliche und<lb/>
wunder ſeltzame Hiſtorien manchen Ritter-Orden<lb/>
den Urſprung ertheilt. Meiſtentheils aber ſollen<lb/>
die Ritter, durch die Orden, mit welchen ſie große<lb/>
Herren begnadigen, zur Tapfferkeit und andern<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Tugen-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[708/0732]
III. Theil. IX. Capitul.
Das IX. Capitul.
Von den Ritter-Orden.
§. 1.
Die Endzwecke, warum die Ritter-Orden
etablirt worden, und die Gelegenheiten,
ſo dieſelben veranlaßt, ſind viel und man-
cherley. Bißweilen iſt die Begierde, die
Ehre GOttes hiedurch zu befoͤrdern, der wahre Be-
wegungs-Grund geweſen; Bißweilen hat auch ein
bloßer Aberglaube nicht wenig Antheil dran ge-
nommen. Viele von den Roͤmiſch-Catholiſchen,
die als Stiffter mancher Ritter-Orden anzuſehen,
haben entweder ihre Liebe und Ehrerbietung ge-
gen eine von den drey Perſonen der einigen GOtt-
heit, oder gegen die Mutter GOttes, oder gegen
einen beſondern Heiligen, den ſie ſich zum Schutz-
Patron ausgeleſen, hiedurch an den Tag legen
wollen. Wenn mancher an dem Tage eines ge-
wiſſen Heiligen eine gluͤckliche Begebenheit oder
faſt nur einen Traum von ihm gehabt, ſo hat er
ſchon denſelben zu Ehren einen Orden aufgerich-
tet. Zu Zeiten haben wohl gar laͤcherliche und
wunder ſeltzame Hiſtorien manchen Ritter-Orden
den Urſprung ertheilt. Meiſtentheils aber ſollen
die Ritter, durch die Orden, mit welchen ſie große
Herren begnadigen, zur Tapfferkeit und andern
Tugen-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 708. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/732>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.