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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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Von den Ritter-Orden.
Tugenden angereitzt, oder ihre Tugenden mit die-
sen Ordens-Zeichen belehnet werden.

§. 2. Die Statuta sind bey den meisten Orden
überaus löblich, es wird nichts als von lauter Tu-
genden und Verdiensten darinnen geschwatzt, die
Praxis kommt aber nicht allezeit mit der Intention
der Stiffter überein. Wen grosse Herren in
Ansehung der Gnade und Zuneigung, die sie gegen
ihn tragen, vor würdig erklähren, der bekömmt den
Ritter-Orden, seine Tugenden mögen auch be-
stehen, worinnen sie wollen. Der Autor des II.
Theiles der Europäischen Famae sagt p. 137: Wir
leben in einer solchen Zeit, da sich alle hohe und
niedere Stände vermehren. Also darff man sich
nicht wundern, wenn sich eben bergleichen Frucht-
barkeit bey den Ritter-Orden spühren läst, es kan
ein Fürst niemahls diejenigen, deren Verdienste er
belehnen will, mit geringern Unkosten begnadi-
gen, als wenn er sie mit einem Ordens-Zeichen er-
freut.

§. 3. Die Ritter-Orden sind gar sehr von ein-
ander unterschieden, einige Ritter genüssen über
die Ehre und die Praerogativ, mit welcher sie von
andern distinguirt werden, auch noch ihre reichli-
che und gute Unterhaltung, andere aber müssen
sich mit der blossen Ehre abspeisen lassen. Bey
manchen ist eine gewisse eingeschränckte Anzahl der
Ritter, bey andern aber nicht. Bey vielen wird
der Unterscheid in Religionen in Betrachtung ge-
zogen, bey andern aber werden alle Religions-

Ver-
Y y 3

Von den Ritter-Orden.
Tugenden angereitzt, oder ihre Tugenden mit die-
ſen Ordens-Zeichen belehnet werden.

§. 2. Die Statuta ſind bey den meiſten Orden
uͤberaus loͤblich, es wird nichts als von lauter Tu-
genden und Verdienſten darinnen geſchwatzt, die
Praxis kommt aber nicht allezeit mit der Intention
der Stiffter uͤberein. Wen groſſe Herren in
Anſehung der Gnade und Zuneigung, die ſie gegen
ihn tragen, vor wuͤrdig erklaͤhren, der bekoͤmmt den
Ritter-Orden, ſeine Tugenden moͤgen auch be-
ſtehen, worinnen ſie wollen. Der Autor des II.
Theiles der Europaͤiſchen Famæ ſagt p. 137: Wir
leben in einer ſolchen Zeit, da ſich alle hohe und
niedere Staͤnde vermehren. Alſo darff man ſich
nicht wundern, wenn ſich eben bergleichen Frucht-
barkeit bey den Ritter-Orden ſpuͤhren laͤſt, es kan
ein Fuͤrſt niemahls diejenigen, deren Verdienſte er
belehnen will, mit geringern Unkoſten begnadi-
gen, als wenn er ſie mit einem Ordens-Zeichen er-
freut.

§. 3. Die Ritter-Orden ſind gar ſehr von ein-
ander unterſchieden, einige Ritter genuͤſſen uͤber
die Ehre und die Prærogativ, mit welcher ſie von
andern diſtinguirt werden, auch noch ihre reichli-
che und gute Unterhaltung, andere aber muͤſſen
ſich mit der bloſſen Ehre abſpeiſen laſſen. Bey
manchen iſt eine gewiſſe eingeſchraͤnckte Anzahl der
Ritter, bey andern aber nicht. Bey vielen wird
der Unterſcheid in Religionen in Betrachtung ge-
zogen, bey andern aber werden alle Religions-

Ver-
Y y 3
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[709/0733] Von den Ritter-Orden. Tugenden angereitzt, oder ihre Tugenden mit die- ſen Ordens-Zeichen belehnet werden. §. 2. Die Statuta ſind bey den meiſten Orden uͤberaus loͤblich, es wird nichts als von lauter Tu- genden und Verdienſten darinnen geſchwatzt, die Praxis kommt aber nicht allezeit mit der Intention der Stiffter uͤberein. Wen groſſe Herren in Anſehung der Gnade und Zuneigung, die ſie gegen ihn tragen, vor wuͤrdig erklaͤhren, der bekoͤmmt den Ritter-Orden, ſeine Tugenden moͤgen auch be- ſtehen, worinnen ſie wollen. Der Autor des II. Theiles der Europaͤiſchen Famæ ſagt p. 137: Wir leben in einer ſolchen Zeit, da ſich alle hohe und niedere Staͤnde vermehren. Alſo darff man ſich nicht wundern, wenn ſich eben bergleichen Frucht- barkeit bey den Ritter-Orden ſpuͤhren laͤſt, es kan ein Fuͤrſt niemahls diejenigen, deren Verdienſte er belehnen will, mit geringern Unkoſten begnadi- gen, als wenn er ſie mit einem Ordens-Zeichen er- freut. §. 3. Die Ritter-Orden ſind gar ſehr von ein- ander unterſchieden, einige Ritter genuͤſſen uͤber die Ehre und die Prærogativ, mit welcher ſie von andern diſtinguirt werden, auch noch ihre reichli- che und gute Unterhaltung, andere aber muͤſſen ſich mit der bloſſen Ehre abſpeiſen laſſen. Bey manchen iſt eine gewiſſe eingeſchraͤnckte Anzahl der Ritter, bey andern aber nicht. Bey vielen wird der Unterſcheid in Religionen in Betrachtung ge- zogen, bey andern aber werden alle Religions- Ver- Y y 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 709. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/733>, abgerufen am 22.11.2024.