wiederum unterscheidet die Heroen nicht von den Menschen des ehernen Geschlechts, die ebenfalls durch ihre eigenen Hände bezwungen in den Hades eingehen mussten. Was das heroische Zeitalter vor den anderen auszeichnet, ist die Art, wie einige der Heroen, ohne zu sterben, aus dem Leben scheiden. Dies ist es, was den Dichter interessirt, und dies auch wird ihn hauptsächlich bewogen haben, den Bericht von diesem vierten Geschlecht hier einzulegen. Deutlich genug verbindet er mit dem Hauptzweck einer Darstellung des zunehmenden moralischen Verfalls der Menschheit die Nebenabsicht, zu berichten, was den Angehörigen der einander folgenden Geschlechter nach dem Tode geschehen sei; bei der Einlegung des heroischen Geschlechts ist diese Nebenabsicht zur Hauptabsicht, ihre Ausführung zum rechtfertigenden Grunde der sonst vielmehr störenden Einfügung geworden. Und eben um dieser Absicht willen ist für unsere gegenwärtige Betrachtung die Erzählung des Hesiod wichtig.
2.
Die Menschen des goldenen Geschlechts sind, nachdem sie wie vom Schlafe bezwungen gestorben und in die Erde ge- legt sind, nach dem Willen des Zeus zu Dämonen geworden, und zwar zu Dämonen auf der Erde, zu Wächtern der Menschen, die in Wolken gehüllt über die Erde wandeln, Recht und Un- recht beobachtend 1), Reichthum spendend wie Könige. Diese Menschen der ältesten Zeit sind also zu wirksamen, nicht in's unerreichbare Jenseits abgeschiedenen, sondern auf der Erde, in der Nähe der Menschen waltenden Wesen geworden. Hesiod nennt sie in diesem erhöheten Zustande "Dämonen", er be- zeichnet sie also mit dem Namen, der sonst bei ihm so gut
1) Es scheint mir nicht unbedingt nothwendig, die Verse 124 f. (oi Ra phulassousin te dikas kai skhetlia erga, eera essamenoi pante phoitontes ep aian) zu streichen. Sie werden wiederholt v. 254 f., aber das ist eine passende Wiederholung. Proclus commentirt sie nicht; daraus folgt noch nicht, dass er sie nicht las; und Plutarch def. orac. 38 p. 431 B scheint auf v. 125 in seinem gegenwärtigen Zusammenhang anzuspielen.
wiederum unterscheidet die Heroen nicht von den Menschen des ehernen Geschlechts, die ebenfalls durch ihre eigenen Hände bezwungen in den Hades eingehen mussten. Was das heroische Zeitalter vor den anderen auszeichnet, ist die Art, wie einige der Heroen, ohne zu sterben, aus dem Leben scheiden. Dies ist es, was den Dichter interessirt, und dies auch wird ihn hauptsächlich bewogen haben, den Bericht von diesem vierten Geschlecht hier einzulegen. Deutlich genug verbindet er mit dem Hauptzweck einer Darstellung des zunehmenden moralischen Verfalls der Menschheit die Nebenabsicht, zu berichten, was den Angehörigen der einander folgenden Geschlechter nach dem Tode geschehen sei; bei der Einlegung des heroischen Geschlechts ist diese Nebenabsicht zur Hauptabsicht, ihre Ausführung zum rechtfertigenden Grunde der sonst vielmehr störenden Einfügung geworden. Und eben um dieser Absicht willen ist für unsere gegenwärtige Betrachtung die Erzählung des Hesiod wichtig.
2.
Die Menschen des goldenen Geschlechts sind, nachdem sie wie vom Schlafe bezwungen gestorben und in die Erde ge- legt sind, nach dem Willen des Zeus zu Dämonen geworden, und zwar zu Dämonen auf der Erde, zu Wächtern der Menschen, die in Wolken gehüllt über die Erde wandeln, Recht und Un- recht beobachtend 1), Reichthum spendend wie Könige. Diese Menschen der ältesten Zeit sind also zu wirksamen, nicht in’s unerreichbare Jenseits abgeschiedenen, sondern auf der Erde, in der Nähe der Menschen waltenden Wesen geworden. Hesiod nennt sie in diesem erhöheten Zustande „Dämonen“, er be- zeichnet sie also mit dem Namen, der sonst bei ihm so gut
1) Es scheint mir nicht unbedingt nothwendig, die Verse 124 f. (οἵ ῥα φυλάσσουσίν τε δίκας καὶ σχέτλια ἔργα, ἠέρα ἑσσάμενοι πάντη φοιτῶντες ἐπ̕ αἶαν) zu streichen. Sie werden wiederholt v. 254 f., aber das ist eine passende Wiederholung. Proclus commentirt sie nicht; daraus folgt noch nicht, dass er sie nicht las; und Plutarch def. orac. 38 p. 431 B scheint auf v. 125 in seinem gegenwärtigen Zusammenhang anzuspielen.
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wiederum unterscheidet die Heroen nicht von den Menschen
des ehernen Geschlechts, die ebenfalls durch ihre eigenen Hände
bezwungen in den Hades eingehen mussten. Was das heroische
Zeitalter vor den anderen auszeichnet, ist die Art, wie einige
der Heroen, ohne zu sterben, aus dem Leben scheiden. Dies
ist es, was den Dichter interessirt, und dies auch wird ihn
hauptsächlich bewogen haben, den Bericht von diesem vierten
Geschlecht hier einzulegen. Deutlich genug verbindet er mit
dem Hauptzweck einer Darstellung des zunehmenden moralischen
Verfalls der Menschheit die Nebenabsicht, zu berichten, was
den Angehörigen der einander folgenden Geschlechter nach
dem Tode geschehen sei; bei der Einlegung des heroischen
Geschlechts ist diese Nebenabsicht zur Hauptabsicht, ihre
Ausführung zum rechtfertigenden Grunde der sonst vielmehr
störenden Einfügung geworden. Und eben um dieser Absicht
willen ist für unsere gegenwärtige Betrachtung die Erzählung
des Hesiod wichtig.
2.
Die Menschen des goldenen Geschlechts sind, nachdem
sie wie vom Schlafe bezwungen gestorben und in die Erde ge-
legt sind, nach dem Willen des Zeus zu Dämonen geworden,
und zwar zu Dämonen auf der Erde, zu Wächtern der Menschen,
die in Wolken gehüllt über die Erde wandeln, Recht und Un-
recht beobachtend 1), Reichthum spendend wie Könige. Diese
Menschen der ältesten Zeit sind also zu wirksamen, nicht in’s
unerreichbare Jenseits abgeschiedenen, sondern auf der Erde,
in der Nähe der Menschen waltenden Wesen geworden. Hesiod
nennt sie in diesem erhöheten Zustande „Dämonen“, er be-
zeichnet sie also mit dem Namen, der sonst bei ihm so gut
1) Es scheint mir nicht unbedingt nothwendig, die Verse 124 f.
(οἵ ῥα φυλάσσουσίν τε δίκας καὶ σχέτλια ἔργα, ἠέρα ἑσσάμενοι πάντη φοιτῶντες
ἐπ̕ αἶαν) zu streichen. Sie werden wiederholt v. 254 f., aber das ist eine
passende Wiederholung. Proclus commentirt sie nicht; daraus folgt noch
nicht, dass er sie nicht las; und Plutarch def. orac. 38 p. 431 B scheint
auf v. 125 in seinem gegenwärtigen Zusammenhang anzuspielen.
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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/105>, abgerufen am 22.12.2024.
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